Der Zoo Frankfurt und der Fachbereich Biowissenschaften der Goethe-Universität forschen seit vielen Jahren interdisziplinär und grundlagenorientiert an Zoo- und Wildtieren. Eine gemeinsame Stiftungsprofessur für »Wild- und Zootierbiologie« hebt diese Kooperation auf ein neues Niveau.
Der Deutschlandfunk, das hessische Fernsehen, diverse Zeitungen – seit Lisa Maria Schulte vor einem Jahr die Professur für Wild- und Zootierbiologie übernahm, ist sie als Expertin in den Medien viel gefragt. »Bei Zootierbiologie horchen die Menschen auf und schauen hin«, erzählt die Amphibienexpertin schmunzelnd. »In einem einzigen Satz wird etwa in einem Tierfilm berichtet, dass Pfeilgiftfrösche ihre Kaulquappen mit Eiern füttern. Doch hinter dieser Aussage steckt jahrelange Grundlagenforschung!« Die eigentliche Leidenschaft der ausgezeichneten Wissenschaftlerin ist es herauszufinden, wie Amphibien durch Gerüche kommunizieren. »Chemische Kommunikation ist die älteste und am weitesten verbreitete Kommunikationsform im Tierreich. Aber bei Amphibien, Vögeln oder Menschenaffen ist unser Wissen noch sehr begrenzt.«
Chemische Kommunikation im Tierreich: Forschung in Zoo und Freiland
Die Goethe-Universität und der Zoo Frankfurt bieten für die Arbeiten von Lisa Schulte exzellente Bedingungen. Durch die Kooperation der beiden Institutionen kann sie Freiland-, Zoo- und Labordaten kombinieren und damit das Wissen über die chemische Kommunikation dieser Tiere voranbringen. Zuvor forschte die Biologin vor allem in Mexiko und Peru. Der peruanische Regenwald ist der natürliche Lebensraum ihrer Lieblingstiere, der Pfeilgiftfrösche.
In Frankfurt setzt sie ihre Arbeit über chemische Signale bei Amphibien fort, dehnt ihre Expertise aber auf Primaten aus. Zootiere als Forschungsobjekte sind neu für Lisa Schulte. Das mache ihre Arbeit spannend: »Untersuchungen bei Zootieren bieten die Möglichkeit, gezielt Fragestellungen zu bearbeiten, die in der Natur sehr viel schwieriger oder gar nicht zu beantworten sind. Dazu machen wir verhaltensbiologische Experimente mit Primaten und beobachten deren Reaktionen.«
Forschungskooperation mit Zukunft
Im Biologikum auf dem Campus Riedberg steht der 36-Jährigen neben modernen Laborräumen auch das dortige Tierhaus zur Verfügung. Die Terrarien für ihre Pfeilgiftfrösche hat sie selbst mit eingerichtet. »Die haben hier Lebensbedingungen wie im Regenwald, sehr artgerecht.« Das ist Lisa Schulte wichtig – für die Forschung und für die Lehre. So beinhaltet das Modul »Zoo- und Wildtierbiologie« im Masterstudiengang Ökologie und Evolution auch ganz praktische Arbeit im Labor – und im Zoo.
»Mir ist es wichtig, den Studierenden auch zu vermitteln, wie wichtig der Zoo für die Arterhaltung und die Forschung ist«, sagt die Biologin. Für den Zoo Frankfurt, einen der ältesten Tiergärten Deutschlands, bedeutet die Kooperation neue Optionen im Bereich Forschung.
Eine möglichst artgerechte Haltung, Pflege des Genpools von seltenen Tieren, aber auch Bestandsschutz für Wildtiere in ihren Herkunftsländern sind hier die Stichworte. Lisa Maria Schulte soll dafür wichtige Erkenntnisse zur Verfügung stellen.
Heike Jüngst
KURZVITA LISA MARIA SCHULTE
Lisa Maria Schulte, Jahrgang 1983, studierte Biologie an der Philipps-Universität Marburg. Bereits während ihrer Diplomarbeit beschäftigte sie sich mit dem Brutverhalten dreier Froscharten im Regenwald von Nordost-Peru, die sie vor Ort mit einem Stipendium des Deutschen Akademischen Austauschdienstes erforschte. Für ihre Doktorarbeit an der Universität Trier erhielt sie ein Promotionsstipendium der Studienstiftung des Deutschen Volkes. Ihr Forschungsgegenstand war die chemische Kommunikation beim Brutpflegeverhalten von Pfeilgiftfröschen. Nach einem Jahr an der East Carolina University in den USA war sie von März 2015 bis April 2018 Postdoktorandin an der Freien Universität Brüssel. Seit Mai 2018 besetzt sie die Kooperationsprofessur für Zoo- und Wildtierbiologie in Frankfurt am Main.
Dieser Artikel ist in der Ausgabe 43 des Alumni-Magazins Einblick erschienen.