Über 150 pädagogische Fachkräfte aus Hessen haben sich von wissenschaftlichen Experten der Goethe-Universität für Deutsch als Zweitsprache fortbilden lassen.
Im Grunde genommen weiß es jeder: Das Beherrschen der deutschen Sprache gilt als Schlüssel zu einer gelungenen Integration in die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt. Auch wie wichtig es ist, Kinder mit einer nichtdeutschen Muttersprache so früh wie möglich beim Spracherwerb zu unterstützen, ist allgemein bekannt. Und dennoch fühlen sich viele pädagogische Fachkräfte bei der alltäglichen Arbeit mit dem Thema alleine gelassen.
Seit Herbst 2016 bietet die Goethe-Universität zusammen mit dem interdisziplinären Frankfurter Forschungszentrum IDeA (Individual Development and Adaptive Education of Children at Risk) das Projekt „Sprachförderprofis“ an. Das Fortbildungsprogramm, das maßgeblich vom Stadtschulamt, dem Hessische Kultusministerium und der Stiftung Polytechnische Gesellschaft finanziert wird, unterstützt das pädagogische Personal in Kitas und Grundschulen dabei, Kinder, die Deutsch als Zweitsprache lernen, sprachwissenschaftlich fundiert zu fördern.
Prof. Petra Schulz ist Professorin am Institut für Psycholinguistik und Didaktik der deutschen Sprache und hat die „Sprachförderprofis“ ins Leben gerufen. „Wir als Sprachwissenschaftler forschen darüber, wie Sprache als komplexes System funktioniert und wie sie erworben wird“, sagt sie. „Mein Anliegen ist, unser Wissen so rasch und adäquat wie möglich den Akteuren in der Praxis zur Verfügung zu stellen.
Natürlich sind wir als Muttersprachler alle Profis in unserer Sprache, aber um diese sinnvoll und effektiv vermitteln zu können, braucht es fundiertes Wissen und erprobte Methoden. Wir als Spracherwerbsforscher und Sprachdidaktiker können dieses Wissen liefern.“ Das Projekt „Sprachförderprofis“ ist als fünftägige Fortbildung konzipiert, die bislang in Frankfurt, Langen, Weilburg, Dillenburg, Lahnau und Fulda angeboten wird.
In den Kursen werden sowohl Erzieherinnen und Erzieher aus Kindertagesstätten als auch Lehrkräfte an Grundschulen ausgebildet, um eine möglichst große Kontinuität in der Sprachförderung vor und nach dem Schuleintritt zu gewährleisten. Die Pädagogen bekommen neben den Grundlagen über Spracherwerb, Sprachförderung und Sprachdiagnostik auch praxisnahe Methoden an die Hand, mit denen sie den Sprachstand eines Kindes erkennen und es gezielt fördern können.
„Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer lernen, wie sie ihre Sprache so einsetzen können, dass es zu dem Sprachstand des Kindes passt und ihm weiterhilft“, sagt Rabea Lemmer, die gemeinsam mit Alina Lausecker als wissenschaftliche Mitarbeiterin das Projekt betreut. Die Kursteilnehmer lernen darauf zu achten, an welche Stelle des Satzes das Kind das Verb setzt oder wie es bereits mit Akkusativ und Dativ umgehen kann.
Daneben üben die Teilnehmer Methoden ein, um beispielweise mit Fragespielen dem Kind immer wieder grammatikalisch richtige Beispiele anzubieten. Das sprachliche Wissen, das die Pädagoginnen und Pädagogen so erwerben, ist zwar am Bedarf von Kindern mit Deutsch als Zweitsprache ausgerichtet, kommt letztendlich aber allen Kindern in der Einrichtung zugute.
„Theorie, Praxis und Reflexion sind in den Kursen eng verzahnt und können damit direkt in die Praxis übertragen werden“ sagt Alina Lausecker. „Unsere Kursteilnehmer empfinden es oft als sehr erleichternd, ein Diagnoseinstrumentarium an die Hand zu bekommen, um ein Kind in seinem Spracherwerb besser einschätzen und effektiver fördern zu können.
Einige sind danach so motiviert, dass sie den Kurs direkt ihren Kolleginnen und Kollegen weiterempfehlen.“ Die Nachfrage nach dem fünftägigen Fortbildungsprogramm ist groß: Seit Projektbeginn haben bereits mehr als 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus ganz Hessen den Kurs abgeschlossen und das Zertifikat als Sprachförderprofi erhalten. Derzeit laufen drei Gruppen parallel, zwei weitere Kurse in Frankfurt starten noch dieses Jahr.
Für diese gibt es noch wenige Restplätze. Das Angebot ist bis Ende des Jahres ausgebucht. Die Fortbildung ist für die Kursteilnehmer kostenlos. Das Projekt läuft derzeit bis Dezember 2019. „Unser Wunsch wäre, dass das Angebot ab dann verstetigt wird und als dauerhafte Anlaufstelle für die Betreuungseinrichtungen in Hessen erhalten bleibt“, sagt Prof. Petra Schulz. „Eine Sprache zu lernen braucht Zeit, Geduld und professionelle Begleitung. Wir haben das Knowhow und die Erfahrung, die in der Praxis gebraucht wird.“
Melanie Gärtner
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Weitere Informationen: www.sprachfoerderprofis.de
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Dieser Artikel ist in der Ausgabe 4.18 des UniReport erschienen. PDF-Download »