»Muji« und »Uniqlo«: Japanologische Studie zur Markeninszenierung in Japan

Christiane Rühle Markeninszenierung in Japan. Zur narrativen Konstruktion der Lifestyle-Marken »Muji« und »Uniqlo« Bielefeld: transcript 2020

Japan gilt spätestens seit dem Slogan „Cool Japan“ weltweit als „Lifestylenation“. Die Imagekampagne aus den frühen 2000er Jahren hatte es sich zum Ziel gesetzt, die japanische Populärkultur und mit ihr die Kreativindustrie des Landes zu stärken. Repräsentative Produkte wie Manga, Anime, diverses Merchandise aus dem Habitat der sogenannten otaku (nerds), aber auch Musikgruppen im Visual- Kei-Stil, Idols und Erzeugnisse japanischer Avantgarde-Technik wie Roboterhunde und andere technische Gadgets trafen zunehmend auf Interesse im Ausland.

Produkte des Labels „Made in Japan“ und japanische Marken sind heute nicht zuletzt deshalb sehr beliebt, weil mit ihnen meist ein ausgeklügeltes global auf Akzeptanz treffendes Image verbunden ist. Im Gegensatz zu ihrer soziokulturellen und ökonomischen Bedeutung sind die japanischen Warenwelten und die sie vermittelnden „Markeninszenierungen“ jedoch wenig erforscht.

Nun liegt dazu eine Untersuchung von Christiane Rühle vor, die an der Goethe-Universität Japanologie und Politikwissenschaften studiert hat. Die Studie trägt den Titel „Markeninszenierung in Japan. Zur narrativen Konstruktion der Lifestyle-Marken ‚Muji‘ und ‚Uniqlo‘“; sie analysiert aus interdisziplinärer Perspektive die Imagebildung der beiden international erfolgreichen Firmen und betrachtet dabei relevante Akteure, Strukturen und Praktiken. Rühles Sichtung des Zusammenhangs Werbung, Imagebildung, Kommunikation von Marken und Produktion von Käuferidentitäten dürfte Maßstäbe für künftige Forschungen auf diesem Gebiet setzen.

Christiane Rühle begann ihr Studium der Japanologie Ende 2003. Sie belegte Seminare zum Thema japanische Konsumkultur und Konsumgeschichte bei Dr. Cosima Wagner, die ihrerseits 2007 die AG Cool Japan ins Leben gerufen hatte. Eine wichtige Erfahrung für die Studentin der Japanologie war damals die erste große Japan-Exkursion der Goethe-Universität im September 2010 unter der Leitung von Dr. Wagner. Im selben Jahr schloss Christiane Rühle mit einer in Fachkreisen beachteten Arbeit zur japanischen Maskottchen-Kultur das Magisterstudium ab.

Danach arbeitete sie zunächst als Projektmitarbeiterin im Tagungsbüro der Konferenz „Cultural Power Japan“, um dann bis 2013 als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin der Japanologie am Institut tätig zu sein. Ein Forschungsstipendium am DIJ Tokyo ermöglichte ihr einen längeren Aufenthalt im Land. Die Organisation der „Freunde und Förderer der Goethe-Universität“ gewährte der Verfasserin eine finanzielle Förderung für eine weitere Forschungsreise im Jahr 2014.

Während sie ihr Promotionsprojekt weiterverfolgte und Kontakt zum Institut und ihrer Betreuerin Lisette Gebhardt hielt, entschied sich Rühle für eine Karriere in der Wirtschaft. Im Jahr 2018 konnte sie die Arbeit einreichen und die Promotion abschließen. Basis des im Mai 2020 erschienenen Bandes bilden dementsprechend die jahrelange Recherche, das vielfältige Material und seine anschauliche Aufbereitung. Überzeugend ist auch die multidisziplinäre Forschungskonstellation aus japanologisch-kulturwissenschaftlichen, soziologischen, ökonomischen und konsumtheoretischen Ansätzen.

Nicht zuletzt zeigt sich der Beitrag auf der Höhe der Zeit, wenn die Verfasserin bis dato im Westen weitgehend unbekannte, aber äußerst aufschlussreiche PR-Kampagnen der Firma Mujirushi kommentiert, die das Muji-Konzept nach 3.11, d. h. nach der Dreifachkatastrophe von Fukushima, wiedergeben. Sie belegen, wie eine brisante zeitgeschichtliche Zäsur in der Werbekommunikation als positive Bewusstseinswende dargestellt werden kann. Ein Zitat aus der Pressemitteilung zur Kampagne lautet: „Jederzeit für den Ernstfall gerüstet sein:

Mit dem Tohoku-Erdbeben hat sich unsere Einstellung dem Alltag gegenüber erheblich geändert. Wir sparen Energie, wir sparen Wasser, wir schätzen die Natur, aber wir schätzen auch die Weisheit unserer Vorfahren wesentlich stärker.“ Die Studie richtet sich an Japanwissenschaftler, an Forschende aus den Gebieten Konsumkultur, Konsumgeschichte und Zeitgeschichte, an Kommunikationswissenschaftler sowie an Trend-, Markt- und Marketingforscher – ebenso natürlich an alle anderen, die Interesse an der Perfektionierung von PR-Maßnahmen haben.

Dieser Artikel ist in der Ausgabe 3.20 des UniReport erschienen.

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