Studie: Corona lässt Arbeitszeit schrumpfen

Die Frankfurter Wirtschaftswissenschaftlerin Nicola Fuchs-Schündeln ist Mitautorin einer Studie zu den langfristigen Folgen mangelnder Kinderbetreuung durch die Corona-Krise. Foto: Kay Nietfeld

Der Wegfall der Kinderbetreuung während der Corona-Krise hat signifikante Effekte auf das Arbeitsangebot. Dies macht eine Studie deutlich, an der auch Prof. Dr. Fuchs-Schündeln, Wirtschaftswissenschaftlerin an der Goethe-Universität, beteiligt war.

Seit Wochen sind Schulen und Kindergärten geschlossen, die Wirtschaft wird jedoch allmählich wieder hochgefahren. Dieses Hochfahren geht einher mit mehr Präsenzzeiten am Arbeitsplatz – für berufstätige Eltern eine kaum zu erfüllende Anforderung. Nicola Fuchs-Schündeln, Professorin für Makroökonomie und Entwicklung an der Goethe-Universität, hat gemeinsam mit ihrem Bonner Kollegen Prof. Dr. Moritz Kuhn und der Mannheimer Kollegin Prof. Michèle Tertilt die Folgen mangelnder Betreuungsangebote für Kinder und deren Auswirkungen auf die verfügbare Arbeitszeit berufstätiger Eltern untersucht. Das Ergebnis: Der Anteil der Eltern, die von geschlossenen Schulen und Kindergärten betroffen ist, ist doppelt so hoch wie die Gesamtzahl der Arbeitslosen in Deutschland. 

Denn auch wenn Schulen und Betreuungseinrichtungen ebenfalls vorsichtig wieder öffnen: Von Normalität kann noch lange nicht die Rede sein. Regelunterricht findet in den meisten Bundesländern nach derzeitigen Planungen bis zu den Sommerferien erst einmal nicht statt. „Jeder vierte Erwerbstätige in Deutschland hat Kinder unter 14 Jahren im Haushalt, deren Betreuungsmöglichkeiten nun wegfallen“, sagt Fuchs-Schündeln. Die Menge der Betroffenen entspreche den rund zehn Millionen Beschäftigten des Verarbeitenden Gewerbes und der Bauindustrie in Deutschland. Das Forscherteam nutzt für seine Schätzungen die Daten der Arbeitskräfteerhebung der EU (AKE)aus dem Jahr 2018. 

Selbst wenn man berücksichtige, dass beispielsweise ältere Geschwister oder ein nicht arbeitender Elternteil die Betreuung der Kinder übernimmt, sind immer noch 21 Prozent der Erwerbstätigen von geschlossenen Schulen und Kindertagesstätten betroffen. Häufig wird das Betreuungsproblem dann dadurch gelöst, dass ein Elternteil zu Hause bleibt. In diesem Fall – so schätzen die Forscher – würden den Arbeitgebern elf Prozent der Erwerbstätigen fehlen. Damit ist der Anteil der von der Betreuungsnot betroffenen Eltern fast doppelt so hoch wie die derzeitige Arbeitslosenquote in Deutschland (5,8 Prozent im April 2020). 

Wenn die Kinder klein sind, ist es zumeist die Mutter, die ihre Arbeitszeit reduziert. Die untersuchten Daten zeigen, dass in 82 Prozent der untersuchten Haushalte die Frau weniger arbeitet als der Mann. Berücksichtigt man die reduzierte Arbeitszeit eines Elternteils, so der Befund der Forscher, wären 8,4 Prozent der geleisteten Arbeitsstunden von einem Arbeitsausfall auf Grund fehlender Kinderbetreuung betroffen– das entspräche dem achtfachen kurzarbeiterbedingten Stundenausfall während der Finanzkrise 2009. Die gesamtwirtschaftliche Bedeutung arbeitender Eltern zeigt sich hier deutlich.  

Hierin zeigten sich den Autoren zufolge die gegenwärtigen Kosten fehlender Kinderbetreuung. Darüber hinaus könne langfristig jedoch auch die Gleichberechtigung von Frauen am Arbeitsmarkt einen Rückschlag erleiden. Karriereunterbrechungen im ersten Drittel des Erwerbslebens führten zu einer langfristigen Verschlechterung des Einkommens. „Wir haben in unserer Forschung zu Karriereverläufen gesehen, dass unterschiedliche Karriereverläufe von Männern und Frauen zu 50 Prozent die geschlechtsspezifischen Lohnunterschiede erklären“, so der Bonner Wirtschaftswissenschaftler Moritz Kuhn. 

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