Medizin / Wenn Blut dem Herzen schadet

Wissenschaftler des Universitätsklinikums Frankfurt haben erstmalig nachgewiesen, dass ein Zusammenhang zwischen genetisch veränderten Blutstammzellen und dem Auftreten einer Herzschwäche nach Infarkten besteht. Auf Grundlage dieser Erkenntnis könnten neue Möglichkeiten der Vorbeugung entstehen.

In Deutschland leiden annähernd zwei Millionen Patienten an einer chronischen Herzschwäche, der sogenannten Herzinsuffizienz. Darunter versteht man die verminderte Fähigkeit des Herzens, das benötigte Blutvolumen durch den Körper zu pumpen. Eine chronische Herzschwäche tritt vor allem nach Herzinfarkt oder anhaltender Bluthochdruckkrankheit auf und ist derzeit die häufigste Diagnose für eine stationäre Krankenhausbehandlung. Durch die enge Zusammenarbeit von Experten der Herz-Kreislauf-Forschung und der Blutstammzellforschung wurde nun am Universitätsklinikum Frankfurt eine bisher unerwartete Beziehung zwischen Veränderungen der Blutzellbildung und dem Auftreten und der Prognose einer Herzinsuffizienz nach einem Infarkt entdeckt. Die Ergebnisse der Studie wurden kürzlich im renommierten Fachjournal JAMA Cardiology veröffentlicht.

Genetisch veränderte Blutstammzellen

Prof. Michael Rieger. Foto: UKF

Einzelne Blutstammzellen produzieren durch genetische Veränderungen mehr Blutzellen als nicht-veränderte Stammzellen. „Dass täglich neue Zellen im Blut gebildet werden, gelingt durch einen gleichmäßigen Beitrag von tausenden Blutstammzellen im Knochenmark. Erst kürzlich konnte durch modernste Analysemethoden gezeigt werden, dass im zunehmenden Alter einzelne Stammzellen durch Genveränderungen die Blutbildung dominieren können“, erklärt Prof. Michael Rieger, Leiter der Stammzellenbiologie an der Medizinischen Klinik II am Universitätsklinikum Frankfurt. In so einem Fall spricht man von klonaler Blutbildung und jeder Zehnte über 70 Jahre ist davon betroffen.

„Bei der klonalen Blutbildung handelt es sich nicht um eine krankhafte Veränderung des Blutsystems, wie zum Beispiel bei Blutkrebs. Aber häufige altersabhängige Erkrankungen – wie etwa die Arterienverkalkung – werden offenbar durch klonale Blutbildung negativ beeinflusst“, so Prof. Rieger weiter.

Aktuell ist die klonale Blutbildung ein vielbeachtetes Thema der medizinischen Forschung. Wissenschaftler und Ärzte am Universitätsklinikum Frankfurt konnten jetzt zum ersten Mal nachweisen, dass auch die chronische Herzinsuffizienz nach Infarkt durch klonale Blutbildung maßgeblich beeinflusst wird. „Wir haben 200 Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz an unserem Klinikum untersucht und festgestellt, dass bei ihnen klonale Blutbildung deutlich häufiger auftrat als bei gesunden Menschen gleichen Alters“, sagt Prof. Andreas Zeiher, Direktor der Kardiologie des Universitätsklinikums Frankfurt und Mitinitiator der Studie.

Die Patienten unterschieden sich nicht bei den klassischen Risikofaktoren für eine Herzinsuffizienz. Hatten die Patienten jedoch genetische Veränderungen in den typischen für die klonale Blutbildung verantwortlichen Genen DNMT3A oder TET2 in ihren Blutzellen, so zeigten sie einen deutlich schlechteren Krankheitsverlauf, mussten öfter stationär behandelt werden und starben früher als Patienten ohne diese Mutationen.

Mechanismen entschlüsseln, um vorbeugen zu können

Prof. Stefanie Dimmerler, Foto: UKF

Die genetischen Veränderungen, die zur sogenannten klonalen Blutbildung führen, können bereits aus einer normalen Blutprobe nachgewiesen werden. Diese Information könnte in Zukunft wesentlich zu einer verbesserten Präzisionsmedizin bei Patienten mit Herzinsuffizienz beitragen. „Nun gilt es mit Hochdruck herauszufinden, was diese genetischen Veränderungen in den Blutzellen am Herzen bewirken und was die Ursachen für den schlechteren Krankheitsverlauf sind. Das wird Wege aufzeigen, Patienten mit diesen genetischen Veränderungen gezielt individuell zu behandeln, um den negativen Konsequenzen frühzeitig vorzubeugen. Das neue Exzellenzcluster ‚Cardiopulmonary Institute‘ wird ideale Voraussetzungen schaffen, diese Zusammenhänge durch gemeinsame Forschungsanstrengungen zu entschlüsseln“, sagt Prof. Stefanie Dimmeler, Koautorin der Studie und Sprecherin des Excellenzclusters.

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Publikation:
Dorsheimer, L.*, Assmus, B. *, Rasper, T., Ortmann, C.A., Ecke, A., Abou-El-Ardat, K., Schmid, T., Brüne, B., Wagner, S., Serve, H., Hoffmann, J., Seeger, F., Dimmeler, S.#, Zeiher, A.M.#, Rieger, M.A.# Association of Mutations Contributing to Clonal Hematopoiesis With Prognosis in Chronic Ischemic Heart Failure.
JAMA Cardiol. Published online Dec 19, 2018. doi:10.1001/jamacardio.2018.396
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Quelle: Pressemitteilung des Universitätsklinikums

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