Zweites Bild des Schwarzen Lochs M87*: Alle theoretischen Voraussagen bestätigt

Luciano Rezzolla und sein Team an der Goethe University Frankfurt trugen theoretische Berechnungen zur Interpretation der Radioastronomie-Daten bei

Die Event Horizon Telescope (EHT)-Kollaboration, an der auch theoretische Physiker*innen der Goethe-Universität beteiligt sind, hat neue Bilder vom Schwarzen Loch M87* im Zentrum der Galaxie Messier 87 veröffentlicht. Sie beruhen auf Daten von Beobachtungen im April 2018.  Die neuen Bilder zeigen wie auf dem ersten Bild von M87* von 2017 einen Ring, der den „Schatten des Schwarzen Lochs“ umgibt. Damit wurden die Vorhersagen aus der allgemeinen Relativitätstheorie bestätigt. Das Helligkeitsmaximum dieses Rings hat sich verschoben, im Vergleich zum Bild von 2017 um etwa 30º. Auch dies war theoretisch vorhergesagt worden, da der Ring aus Material besteht, das um das Schwarze Loch herumwirbelt.

Das erste und das zweite Bild des Schwarzen Lochs M87*: Der Durchmesser Schattens, den der Ring umschließt, ist identisch. Die Helligkeitsverteilung der Strahlung, die von der um das Schwarze Loch wirbelnden Materie ausgeht, hat sich erwartungsgemäß verschoben. Fotos: EHT-Kollaboration

Luciano Rezzolla, EHT-Vorstandsmitglied und Professor an der Goethe-Universität Frankfurt, erklärt: „Alle Vorhersagen zum Aussehen des Schwarzen Lochs M87*, die wir auf Grundlage von Albert Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie gemacht haben, werden durch das zweite Bild von M87* bestätigt. Auch das Helligkeitsmaximum des Rings ist an der ‚richtigen‘ Stelle, weil wir in einem bestimmten Winkel auf die Strahlung des wirbelnden Materials blicken, das in der Akkretionsscheibe um das Schwarze Loch kreist.“ Für die Öffentlichkeit würde dieses zweite Bild von M87* vielleicht nicht besonders spektakulär erscheinen, so der theoretische Physiker, dessen Team an der Goethe-Universität wesentliche Beiträge zur theoretischen Modellierung der durch die Teleskope aufgenommenen Daten geleistet hat. „Für die Wissenschaft allerdings ist dies ein äußerst wichtiges Ergebnis“, meint Rezzolla. „Denn während eine große Entdeckung in der Wissenschaft Begeisterung hervorruft, liefert die Bestätigung von Forschungsergebnissen das Vertrauen in die Wissenschaft. Das neue Bild beweist also, dass die Analyse, die dem ersten Bild eines Schwarzen Lochs zugrunde lag, tatsächlich korrekt und genau war.“

2017 nahm das EHT das erste Bild eines Schwarzen Lochs – M87* – auf. Dieses Objekt, M87*, bildet das Zentrum der 55 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernten, elliptischen Riesengalaxie Messier 87. Das erste Bild von M87*, das 2019 veröffentlicht wurde, zeigt einen hellen kreisförmigen Ring, der im unteren Teil des Rings heller ist. Die Struktur von M87* in polarisiertem Licht in einer weiteren Analyse der Daten gab einen Einblick in die Geometrie des Magnetfelds und die Beschaffenheit des Plasmas um das Schwarze Loch.

Die Analyse der Daten von 2018 umfasst acht unabhängige Abbildungs- und Modellierungsverfahren, darunter Methoden, die bereits bei der Analyse von M87* im Jahr 2017 verwendet wurden, sowie neue Verfahren, die aus den Erfahrungen der Zusammenarbeit bei der Analyse des Schwarzen Lochs im Zentrum unserer Milchstraße, Sgr A*, entwickelt wurden.

Neben 2017 und 2018 hat die EHT-Kollaboration auch in den Jahren 2021 und 2022 erfolgreiche Beobachtungen durchgeführt und wird voraussichtlich in der ersten Hälfte des Jahres 2024 eine weitere Messkampagne starten. Dabei entwickelt sich das EHT-Netz jedes Jahr weiter, durch neue Teleskope, bessere Hardware oder zusätzliche Beobachtungsfrequenzen.

Über die Event-Horizon-Telescope-Kollaboration

An der EHT-Kollaboration sind mehr als 300 Forscher aus Afrika, Asien, Europa sowie Nord- und Südamerika beteiligt. Sie erstellt Bilder Schwarzer Löcher mittels eines virtuellen Teleskops von der Größe der Erde. Unterstützt durch große internationale Investitionen verknüpft das EHT bestehende Teleskope mit neuartigen Systemen und schafft so ein neues Instrument mit dem höchsten bisher erreichten Winkelauflösungsvermögen.

Bei den beteiligten Teleskopen handelt es sich um ALMA, APEX, das IRAM 30-Meter-Teleskop, das IRAM NOEMA Observatorium, das James Clerk Maxwell Teleskop (JCMT), das Large Millimeter Telescope (LMT), das Submillimeter Array (SMA), das Submillimeter Teleskop (SMT), das South Pole Telescope (SPT), das Kitt Peak Teleskop und das Greenland Telescope (GLT).  Die Daten wurden am Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR) und am MIT Haystack Observatory korreliert.  Die Nachbearbeitung erfolgte im Rahmen der Kollaboration durch ein internationales Team an verschiedenen Institutionen.

Das EHT-Konsortium besteht aus 13 Instituten: dem Academia Sinica Institute of Astronomy and Astrophysics, der University of Arizona, der University of Chicago, dem East Asian Observatory, der Goethe-Universität Frankfurt, dem Institut de Radioastronomie Millimétrique, dem Large Millimeter Telescope, dem Max-Planck-Institut für Radioastronomie, dem MIT Haystack Observatory, dem National Astronomical Observatory of Japan, dem Perimeter Institute for Theoretical Physics, der Radboud University und dem Smithsonian Astrophysical Observatory.

Publikation: Event Horizon Telescope Collaboration: The persistent shadow of the supermassive black hole of M 87. I. Observations, calibration, imaging, and analysis. Astronomy & Astrophysics, 18th January 2024, https://doi.org/10.1051/0004-6361/202347932

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