Viele sprechen schon von dem vorgezogenen Finale: Die beiden bislang vielleicht besten Mannschaften der EM 2024 treffen in der Runde der letzten Acht in Stuttgart aufeinander. „Die historische Bilanz ist allerdings sehr gemischt“, erklärt Mathematikprofessor und Fußballstatistiker Matthias Ludwig. So habe Deutschland bislang bei noch keinem K.o-Spiel einer EM oder WM gegen Spanien gewinnen können, wohl aber in einer Gruppenphase. „Insgesamt gewannen die Iberer achtmal, neunmal trennte man sich unentschieden und immerhin neunmal gewann das deutsche Team.
Bei den Toren ist es nahezu ausgeglichen, Spanien hat mit 32 Toren nur eins mehr erzielt als Deutschland. Der Vorteil Spanien liegt woanders: So hat das Team mit 2020 ELO-Punkten exakt 100 mehr als Deutschland, ebenso ist der spanische Kader knapp 110 Mio Euro mehr wert als der deutsche.“ Was bedeutet das nun aber für die Statistik? Die Chance, dass es zu einer Verlängerung kommt, liegt nach den Berechnungen von Ludwig und seinem Team von fussballmathe.de bei 25%. Die Wahrscheinlichkeit, dass Spanien nach 90 Minuten gewonnen hat, liegt bei knapp 40%. Deutschland trägt mit 35% den Sieg nach der regulären Spielzeit davon. Auf Verlängerung und mögliches Shoot-out, also Elfmeterschießen, hochgerechnet, gewinnt Deutschland zu 48% und Spanien zu 52%. „Es ist also recht ausgeglichen, was zuerst einmal überrascht. Wenn man jetzt noch bedenkt, dass Spanien, wenn es denn gegen den Gastgeber eines Turniers spielen musste, immer verloren hat, so ist das Momentum vielleicht doch auf der Seite Deutschlands.“
Deutschland hofft ganz klar auf den Heimvorteil, aber wie mögen die Spanier auf das Spiel schauen? Martin Diz Vidal, Spanier und Lektor am Institut für Romanische Sprachen und Literaturen der Goethe-Universität, freut sich auf das Viertelfinale und ist zugleich auch etwas betrübt über den frühen Zeitpunkt der großen Fußballschlacht: „Deutschland und Spanien sind bislang die beiden stärksten Mannschaften des Turniers, weswegen es bedauerlich ist, dass sie bereits im Viertelfinale aufeinandertreffen. Ich schätze Spanien als stärker und damit favorisiert ein, aber angesichts des Heimvorteils für Deutschland ist aber eine Prognose nicht leicht und ‚die Mannschaft‘ kann genauso gut als Siegerin den Platz verlassen.“ Auch seine Landsleute werden das Spiel gegen den alten Konkurrenten aus dem Norden mit der wohlbekannten Emotionalität spanischer Fußballfans schauen, ist sich Diz Vidal sicher. In das Getümmel von Public Viewing wird er sich selber nicht begeben, verrät er: „Ich werde dieses Mal das Spiel – wenn es meine Nerven zulassen – alleine vor dem Fernseher schauen“, schmunzelt er.