Jugendliche wollen nicht nur „Imam-Antworten“

Foto: Uwe Dettmar
Foto: Uwe Dettmar

Islamischer Religionsunterricht habe für viele muslimische Familien in Deutschland die Funktion einer „religiösen Alphabetisierung“, urteilt der muslimische Erziehungswissenschaftler Harry Harun Behr von der Goethe-Universität in der nächsten Ausgabe von Forschung Frankfurt zum Thema „Gott und die Welt“. Auch muslimische Familien lebten auf Distanz zu ihrer Religion: „Maximal 15 Prozent der muslimischen Schüler haben eine Moschee schon mal von innen gesehen“, schätzt Behr.

Behr weiß, welche Hoffnung muslimische Eltern mit dem neuen Angebot des islamischen Religionsunterrichts an hessischen Schulen verbinden: „Sie erwarten von uns keine Glaubenserziehung, sondern die Vermittlung von Eigenschaften, die ihren Kindern mehr Bildungserfolg ermöglichen: Durchhaltevermögen, Moral, ein spirituell motiviertes Selbstbild.“

Ziel sei aber natürlich auch eine kritische Auseinandersetzung mit den Inhalten der religiösen Schriften, anders als dies in Familie und Moschee möglich sei. „Vor allem für die Mädchen ist das sehr wichtig. Muslimische Jugendliche wollen bewusst auf ihre Fragen keine ‚Imam-Antwort‘“. Denn viele Moschee-Imame hätten keinerlei Bezug zu ihren jugendlichen Lebenswelten. Auch interreligiöse Bezüge seien Bestandteil des Unterrichts, Bezüge, die in der Moschee eher nicht vorkommen.

Die Interview-Partner von Autorin Dr. Anke Sauter sind dem islamischen Religionsunterricht gegenüber aufgeschlossen und unterstreichen den Wert des Religionsunterrichts, damit sich Kinder und Jugendliche auch in Fragen der Weltorientierung positionieren und begründet entscheiden können. Sie beschreibt in ihrem Beitrag, wie Religionsunterricht in Deutschland gesetzlich verankert ist und welche Wege beschritten werden, um auch einen islamischen Unterricht an deutschen Schulen einzurichten. Dabei kommen auch kritische Stimmen vor.

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Die Fakten

  • 2011 beantragten die beiden größten islamischen Verbände DİTİB Hessen und Ahmadiyya Muslim Jamaat die Einrichtung eines bekenntnisorientierten muslimischen Unterrichts. Nach eingehender Begutachtung und staatsrechtlicher Prüfung wurde den Anträgen stattgegeben.
  • Die Universitäten in Frankfurt und Gießen sollten die akademische Aus- bzw. Weiterbildung der Lehrkräfte übernehmen – Gießen ist zuständig für die Grundschullehrer, Frankfurt für die Sekundarstufen-Lehrer.
  • Im Februar 2013 begann das erste, berufsbegleitende Weiterbildungsstudium an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Kurze Zeit später startete an 27 hessischen Grundschulen in den ersten Klassen der islamische Religionsunterricht.
  • 66 Lehrer wurden bislang berufsbegleitend ausgebildet, 56 sind im hessischen Schuldienst aktiv und unterrichten 2064 Schüler an derzeit 46 Grundschulen.
  • Im Schuljahr 2017/2018 wird es auch erstmals Unterricht in der Sekundarstufe I geben, die ersten 17 Lehrerinnen und Lehrer hierfür nehmen seit Mitte April an dem zweijährigen Weiterbildungsstudiengang für die Sekundarstufe I an der Goethe-Universität teil.
  • Etwa 60 Studierende können sich im kommenden Wintersemester für das grundständige Studium einschreiben.

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Mehr dazu in der nächsten Ausgabe von Forschung Frankfurt am 6. Juli.

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