Neu in einem fremden Land. Die Sprache nicht verstehen. Die Schrift nicht lesen können. Das macht unsicher. Das macht hilflos. Wie es sich anfühlt, Geldautomaten nur mit fremder Hilfe bedienen zu können, weiß Alexander Barthel seit seinem Auslandsaufenthalt in Japan.
Obwohl er Japanologie studiert, fühlte er sich anfangs ein wenig verloren: »Ich war ein Jahr in Japan und sehr froh, dass ich Leute an der Hand hatte, die mich unterstützten bei Behördengängen, mir halfen, mich im Alltag zurechtzufinden.«
Als er von dem Programm »Start ins Deutsche« an der Goethe-Universität hörte, war für Barthel sofort klar, dass er bei den Deutschkursen für Flüchtlinge mitmacht. Natürlich ehrenamtlich. »Ich habe großes Verständnis dafür, wie schwer es ist, irgendwo neu anzukommen und nur wenig zu verstehen«, sagt Alexander Barthel.
Welle der Hilfsbereitschaft
So wie er unterrichten seit anderthalb Jahren hunderte von Studierenden Deutsch für geflüchtete Menschen: in Übergangseinrichtungen, in Cafés, in Räumen der Universität. Jede Woche mindestens anderthalb Stunden. Das ist verbindlich. Dazu kommen Vor- und Nachbereitung. Schirmherrin Prof. Dr. Tanja Brühl erzählt:
»Wir werden von Freiwilligen geradezu überrannt. Gleich zum Projektstart Ende 2015 meldeten sich mehr als 1200 Studierende bei uns. Die Hilfsbereitschaft ist überwältigend.« Eine zweitägige Schulung bereitet die Studierenden auf die Aufgabe vor. Mehr als 140 von ihnen sind derzeit an 7 Standorten in Frankfurt regelmäßig aktiv. Sie treffen überwiegend auf männliche Erwachsene und Jugendliche, aber auch Frauen und Kinder.
Unterrichtet werden jeweils 8–10 Teilnehmer. Das ist nicht immer leicht. Deshalb sind die Studierenden als Tandem vor Ort. Wie intensiv sie ihr Engagement gestalten, kommt auf das jeweilige Team an. Alexander Barthel etwa spielt zusätzlich Karten mit Flüchtlingen. Jeden Freitagabend, in der Flüchtlingsunterkunft auf dem Campus Bockenheim. So verbessern Geflüchtete ihr Deutsch.
Menschlichkeit ist ein Gebot
Auch Alena Nedbalova ist es wichtig, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen. Die Sinologie-Studentin kommt ursprünglich aus Tschechien und kennt die Vorurteile gegenüber Flüchtlingen. Größer noch als in Deutschland sind die Vorbehalte in ihrer Heimat: »Gerade weil ich aus Tschechien komme, wollte ich ein Signal setzen.
Jemandem zu helfen, ist für mich kein Problem. Gesellschaft ist so, wie wir sie gestalten.« Mit ihrem Engagement möchte Alena Nedbalova zeigen: Flüchtlinge sind Menschen, keine Terroristen. Menschlichkeit ist ein Gebot. Regelmäßig tauschen sich die ehrenamtlichen Deutschlehrenden in Supervisionsgruppen über ihre Erfahrungen aus.
Das Projekt »Start ins Deutsche« wird seit Beginn von dem Frankfurter Psychoanalytischen Institut e. V. begleitet. Wenn geflüchtete Menschen hier ankommen, sind viele von ihnen traumatisiert. Das kann auch für Helfer belastend sein. Das alles kostet Geld, auch wenn die Studierenden ehramtlich arbeiten. Die Programmkoordination sowie die Lehrmaterialien werden rein über Spenden und Kooperationen finanziert. Die Hilfsbereitschaft gegenüber Flüchtlingen hält an.
[Autorin: Heike Jüngst]
Dieser Artikel ist in der Ausgabe 36 des Alumni-Magazins Einblick erschienen.