Die mexikanische Biomedizinerin Dr. Angélica Zepeda ist zu Gast an der Goethe-Universität und forscht über die neuronale Rehabilitationsfähigkeit des Gehirns.
Die Geschichte des Aufenthalts in Deutschland begann vor 24 Jahren. Dr. Angélica Zepeda war noch BA-Studentin der Biomedizin an der Nationalen Autonomen Universität von Mexiko (UNAM). Die Publikationen von Prof. Thomas Deller über neuronale Plastizität bei Schädigung des zentralen Nervensystems gehörten damals schon zu ihrer Pflichtlektüre. Viele Jahre später, als sie im Jahr 2000 für ihre Promotion am Max-Planck-Institut für Neurobiologie in München forschte, lernte sie den Frankfurter Professor für Anatomie auf einer Tagung kennen.
„Die Begegnung war sehr inspirierend für mich“, erinnert sich Angélica Zepeda. „Er hat sich die Zeit genommen, meine Fragen zu beantworten, das war sehr nett. Wir arbeiten zu ähnlichen Themen, haben aber unterschiedliche Herangehensweisen. So ein Austausch ist sehr wertvoll.“ Ähnlich wie Deller arbeitet Zepeda an der Frage, wie Gehirne, die durch eine Verletzung eine bestimmte Funktion einbüßen, sich durch die Produktion von Neuronen wieder rehabilitieren und die Funktion zurückerlangen können.
Der Experte aus Deutschland blieb ihr im Gedächtnis. Vor zwei Jahren hatte sie die Gelegenheit, den Kontakt zu vertiefen und lud Prof. Deller im Rahmen einer Tagung nach Mexico City ein. Angélica Zepeda ist mittlerweile Principal Investigator am Institut für Biomedizinische Forschung an der UNAM und arbeitet mit ihrer Forschungsgruppe an Fragen rund um die Reorganisation in verletzten Gehirnen. Thomas Deller war sehr angetan von ihrer Arbeit und lud sie ein, als Gastwissenschaftlerin an das Anatomische Institut der Goethe-Universität zu kommen.
Wohnen im Gästehaus
„Meine erste Reaktion war: Nein, das kann ich nicht machen“, lacht sie. „Ich habe eine verantwortliche Position und zwei Töchter im schulpflichtigen Alter. Wie soll ich da ins Ausland gehen?“ Zusammen mit ihren Kindern, elf und 14 Jahre alt, entschied sie sich dann aber, sich auf das Abenteuer Deutschland einzulassen. Sie bewarb sich um ein Humboldt-Stipendium und knackte den Jackpot. Seit August bewohnt sie mit ihrer Familie eine der Wohnungen im Gästehaus der Goethe-Universität in der Beethovenstraße.
„Die größte Herausforderung war, eine Schule zu finden, in der meine Töchter zurechtkommen“, sagt Angélica Zepeda. „Florian von Bothmer vom Goethe Welcome Centre war sehr hilfreich und empfahl uns eine Schule mit Intensivklasse für fremdsprachliche Kinder.“ Das Goethe Welcome Centre (GWC) des International Office kümmert sich – gesponsert durch eine großzügige Spende der Santander-Universitäten – um die Belange ausländischer Forschender, die an der Goethe-Universität zu Gast sind.
„Florian von Bothmer begleitete uns zu den Gesprächen mit dem Schulamt und half uns, uns im Schulsystem zurechtzufinden“, sagt Angélica Zepeda. „Das war eine große Hilfe. Meine Kinder kommen nun an ihrer neuen Schule zurecht und haben sich gut eingelebt.“
Verzicht auf Versuchstiere
Für sie selbst ist der Alltag in der Forschungsgruppe ein erfrischender Perspektivwechsel. Die unterschiedlichen Herangehensweisen der Forschung, die durch den gesetzlichen Rahmen bestimmt werden, sind zudem eine interessante Erfahrung. „In Deutschland ist im Gegensatz zu Mexiko die Forschung auf unserem Gebiet mit Versuchstieren verboten“, sagt sie. Die Wissenschaftler in Deutschland experimentieren daher mit kultivierten Gehirnen, die in einer Schale künstlich am Leben erhalten werden.
Für Zepeda ist diese Arbeitsweise sehr fruchtbar. „Wir haben herausgefunden, dass im beschädigten erwachsenen Gehirn viel mehr Neuronen zur Reparatur eines Schadens hergestellt werden als im unversehrten Gehirn. Um diesen Prozess genau zu beobachten und zu beschreiben, ist die Arbeit an Objekten in der Schale viel besser geeignet, da sich die Prozesse besser replizieren lassen.“
Im Kreise ihrer neuen Kollegen im Team von Prof. Thomas Deller und Dr. Stephan Schwarzacher fühlt sich die mexikanische Wissenschaftlerin gut aufgehoben. „Alle sind sehr freundlich und hilfsbereit und achten darauf, dass die internationalen Gäste gut zurechtkommen und ihre Forschung voranbringen können“, sagt sie. Ihr Wunsch: den Austausch zwischen Mexiko City und Frankfurt auch in Zukunft aufrechtzuerhalten.
Autorin: Melanie Gärtner
Dieser Artikel ist in der Ausgabe 6.18 des UniReport erschienen. PDF-Download »