Goethe, Deine Forscher: Bodo Ahrens, Meteorologe

Foto: Lecher

Wetter ist nicht gleich Klima. Wetterphänomene, dazu gehören Frühlingswochen mit strahlendem Sonnenschein, sengende Hitze im Hochsommer, Herbststürme und schneereiche Winter genauso wie verregnete Ostern, gewittrige Pfingsten und „grüne“ Weihnachten. Klima beschreibt hingegen den für ein geographisches Gebiet charakteristischen Ablauf der Witterung; bei einem Klimawandel – dem menschengemachten ebenso wie einer natürlichen Schwankung – pendeln sich die langjährigen Mittelwerte der Witterung auf einem anderen Niveau ein, und zwischen „Wetter“ und „Klima“ befindet sich der Forschungsgegenstand von Bodo Ahrens, der am Institut für Atmosphäre und Umwelt des Fachbereichs Geowissenschaften die Arbeitsgruppe „Mesoskalige Meteorologie und Klima“ leitet.

Dieser Name deutet an, dass Ahrens nicht nur thematisch in der Mitte steht (zwischen Wetter und Klima), sondern auch in Bezug auf die Ortsauflösung, mit der er ganz verschiedene Gebiete der Erde untersucht. „Wir sind nicht so sehr am globalen Klimageschehen interessiert, aber wir beschäftigen uns auch nicht gerade mit dem Klima auf einem Dorfplatz oder in einem Hinterhof“, stellt Ahrens klar. Ihm und seiner Gruppe geht es um Wetter und Klima, sei es in Thüringen oder in Mittelhessen, in der Rhön oder in den Alpen, sei es aber auch in Westafrika oder dem Himalaya. Manchmal analysieren die Forschenden um Ahrens dabei Messdaten von meteorologischen Stationen oder Radar-Daten, beispielsweise des Deutschen Wetterdienstes. Meistens generieren sie die Daten allerdings selbst, indem sie auf Großrechnern Simulationsprogramme laufen lassen, die auf den Gleichungen ihrer Klimamodelle beruhen.

Daten aus der Vergangenheit

Ahrens interessiert sich naturgemäß für das Wetter und Klima der Zukunft – und dafür greift er auf Wetterdaten auch aus ferner Vergangenheit zurück: „Ein wichtiger Test für unsere Modelle ist die Frage, ob sie schon feststehende Entwicklungen reproduzieren können“, erläutert Ahrens. Er kann dafür zwar keine Wetterdaten benutzen, die vor zig Millionen Jahren an einer Messstation aufgezeichnet wurden. Aber anhand von Größen wie etwa dem Wachstum von Muscheln erkennen Paläoklimatologen, wie sich Klima und Wetter damals entwickelt haben. Wenn Forscherinnen und Forscher wie Ahrens mit ihren Modellen Klimasimulationen erstellen, dann müssen diese die Verläufe der Vergangenheit nachzeichnen. Nur wenn sie diesen Test bestehen, kommen sie auch zum Einsatz, wenn es dann um Wetter und Klima der Zukunft geht.

Um das gegenwärtige und zukünftige Wetter beziehungsweise Klima zu erforschen, beschäftigt sich Ahrens allerdings nicht nur mit vergangenen Phasen der Erdgeschichte oder mit konkreten Regionen, die überall auf dem Globus zu finden sind: „Wir berücksichtigen in unseren Simulationen ganz grundsätzlich die Wechselwirkungen, die zwischen der Atmosphäre und der Land- beziehungsweise Wasseroberfläche bestehen“, sagt Ahrens und zählt auf: „Zum einen wird Energie in Form von Licht- und Wärmestrahlung ausgetauscht.“ Außerdem erfolge durch Reibung ein Impulsaustausch: wenn Luftmassen sich über Landflächen bewegten und von Hindernissen wie Bergen oder Gebäuden gebremst und verwirbelt würden, ebenso aber auch, wenn Luft über eine Wasseroberfläche ströme und sich dort Wellen bildeten. „Außerdem spielt der Austausch von Stoffen eine wichtige Rolle“, ergänzt Ahrens. „Zum Beispiel kann Kohlendioxid einerseits im Boden eingelagert, andererseits in die Atmosphäre freigesetzt werden, so etwa wenn der sibirische Permafrostboden auftaut.“

Solche Prozesse berücksichtigt Ahrens derzeit zum Beispiel, wenn er im Rahmen eines von den Bundesländern Hessen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Niedersachsen geförderten Projektes untersucht, ob es im gewandelten Klima häufiger zu „blockierenden Wetterlagen“ kommt, ob also Deutschland (oder ein anderes Land) – so wie im Sommer 2022 – unter den Einfluss eines Hochdruckgebietes gerät, das sich wochenlang praktisch nicht vom Fleck bewegt. „Im gewandelten Klima kommt es deswegen zu immer häufigeren und heftigeren Hitze- beziehungsweise Dürreperioden“, gibt Ahrens zu bedenken.

Forschen im Verbund

Seine Forschung geht allerdings inzwischen über die Troposphäre hinaus, also über die innersten 8 (an den Polen) bis 18 (am Äquator) Kilometer der Erdatmosphäre, in denen sich das eigentliche Wettergeschehen abspielt. Unter dem finanziellen Dach der „Deutschen Forschungsgemeinschaft“ (DFG), zusammen mit anderen Frankfurter Arbeitsgruppen sowie mit Forschenden unter anderem der Universitäten Mainz und Darmstadt und des „Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt“ (DLR) erforscht er im Rahmen eines Sonderforschungsbereichs, welche Wechselwirkungen zwischen Troposhäre und der darüber-liegenden Stratosphäre bestehen, und wie diese sich aufgrund des Klimawandels verändern.

Außerdem ist Ahrens ist nicht nur an einem deutschen Forschungsverbund beteiligt, und er dokumentiert nicht nur, wie sich der Klimawandel in der Erdatmosphäre bemerkbar macht: Forscherinnen und Forscher aus Frankfurt und Köln sowie aus elf weiteren europäischen Ländern – so etwa aus Spanien, Österreich, Litauen, Großbritannien und der Ukraine – haben sich zu dem interdisziplinären, von der EU finanzierten Projekt „DISTENDER“ zusammengeschlossen: Hier vereinen Klimaforscher, Hydrologinnen, Atmosphärenchemiker, Stadtentwicklerinnen, Soziologen, Ökonominnen, IT-Fachleute und andere ihre Expertisen, um am Beispiel von sechs Modell-Regionen aus ganz Europa nach umsetzbaren Strategien für den Klimaschutz und für die Anpassung an den Klimawandel zu suchen.

Autorin: Stefanie Hense

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