Neuer Masterstudiengang Religiöse Kommunikation am Fachbereich Katholische Theologie.
Religiöse Kommunikation – die Kommunikation über religiöse Themen – hat viele Gesichter: Der Herr Pfarrer hat einen Beitrag für das wöchentliche Gemeindeblatt verfasst, Internet-Nutzer äußern sich in theologischen Blogs oder spitzen ihre getwitterte Botschaft auf 280 Zeichen zu. Manchmal sucht und findet religiöse Kommunikation ein neues Gesicht, eine neue Ausdrucksform, wenn für religiöse Akteure ein neues Thema wichtig wird. So etwa, wenn die Mitglieder einer Kirchengemeinde feststellen müssen, dass es in ihrem Stadtviertel Hass gegen Muslime oder gegen das Flüchtlingsheim im Nachbarort gibt und wenn die Gemeindereferentin aus diesem Grund beschließt, für die ökumenische Solidaritäts-Lichterkette ein Lied zu dichten.
Genauso kann politische Kommunikation religiös gefärbt sein, wenn sich „patriotische Europäer“ gegen die Islamisierung des „christlichen Abendlandes“ wenden oder wenn muslimische Hassprediger zum Dschihad aufrufen. „Außerdem ist religiöse Kommunikation oftmals mit nichtreligiöser verwoben. Religiöse Sprachformen werden etwa auch von nichtreligiösen Akteuren aufgegriffen, zugespitzt oder persifliert. Da ist es interessant, mal zu schauen, wie diese sich zu religiösen Themen äußern“, sagt Christof Mandry, Studiendekan des Fachbereichs Katholische Theologie, „denken Sie etwa an die Mohammed- Karikaturen oder die Papst-Persiflage auf dem Titanic-Cover. Weil aber Bilder im Islam tabu sind, geht die Wirkung über die bloße Karikatur hinaus. Wir müssen uns mit religiöser Kommunikation heute interkulturell beschäftigen.“
Der Fachbereich Katholische Theologie will, dass sich seine Studierenden wissenschaftlich mit dieser Vielfalt auseinandersetzen können: Zusätzlich zu „Religionswissenschaft“ und „Religionsphilosophie“ hat er daher zum Wintersemester 18/19 den Masterstudiengang „Religiöse Kommunikation“ eingerichtet. Um genau zu sein: den Masterstudiengang „Religiöse Kommunikation: Interkulturelle und mediale Perspektiven“ – dieser Zusatz beschreibt knapp, aber umfassend, worum es hier geht.
Einzigartig im deutschen Sprachraum
„Zugleich deutet die Bezeichnung an, was den Studiengang im deutschen Sprachraum einzigartig macht“, kommentiert Maximilian Röll, der als Koordinator dafür zuständig ist, dass der neu eingeführte Studiengang möglichst reibungslos in den universitären Alltag startet. „In Berlin gibt es zum Beispiel einen Masterstudiengang, der sich mit der Koexistenz von Judentum und Christentum beschäftigt, das heißt mit dem Thema Interreligiosität beziehungsweise Interkulturalität“, zählt Röll auf. Ein entsprechender Studiengang an der Ruhr-Universität Bochum habe einen medialen Schwerpunkt, und an der Universität Salzburg gebe es einen Master, der zwar sowohl mediale als auch interkulturelle Aspekte behandle, der die beiden Facetten aber im Wesentlichen isoliert betrachte.
„An der Goethe-Universität haben wir uns hingegen ganz bewusst dafür entschieden, dass die Studierenden sich in der Anfangsphase des Masterstudiums mit beidem beschäftigen müssen“, sagt Röll. „Das ist ja zum einen die Voraussetzung dafür, dass sie später im Studium wissen, wofür und wogegen sie sich entscheiden, wenn sie ‚Medialität‘ oder ‚Interkulturalität‘ zu ihrem Studienschwerpunkt machen.“ Zum anderen könnten die Studierenden später die so erworbenen Kenntnisse nutzen, wenn sie in ihrer Masterarbeit eine aktuelle Forschungsfrage erörterten, die sich im Zusammenhang mit dem Schwerpunktthema stelle – auf diese Weise befruchteten die beiden Themenstränge sich gegenseitig.
Fokus »Gegenwartsgesellschaft«
„Schließlich ist unser Studiengang ganz klar auf die Gegenwartsgesellschaft und auf die aktuelle Forschung ausgerichtet“, ergänzt Studiendekan Mandry. „Daraus folgt, dass die Studierenden ihre Masterarbeit bei allen Hochschullehrenden schreiben können. Wenn sie sich an der Professur für Kirchengeschichte der Interkulturalität widmen wollen, könnten sie zum Beispiel der Frage nachgehen ‚Dienen die Religionsgespräche des Mittelalters als Modell für heutige interkulturelle und interreligiöse Gespräche?‘ Damit hätten sie Kirchengeschichte und Interkulturalität sehr elegant verbunden.“ Wer sich hingegen auf Medialität konzentrieren wolle, könne beispielweise untersuchen, welche Blogs es im Internet gebe, die sich ausdrücklich religiösen Fragestellungen widmeten, von wem diese getragen würden und welche Kommunikationsstrukturen dort existierten. Wenn er oder sie die Fragestellung noch um den Aspekt erweitere, wie sich solche Blogs im Schulunterricht einsetzen ließen, lasse sich die Masterarbeit bei der Professur für Mediendidaktik ansiedeln.
Dass der Masterstudiengang „Religiöse Kommunikation: Interkulturelle und mediale Perspektiven“ aktuelle Forschung und die Gegenwartsgesellschaft im Blick hat, wirkt sich außerdem auf die Zugangsvoraussetzungen aus: Gefordert werden nicht etwa Latein- oder Griechisch-, sondern Englischkenntnisse auf gehobenem Mittelstufen-Niveau sowie mittlere Kenntnisse in einer weiteren modernen Fremdsprache. „Weil unsere Lehrveranstaltungen auf Deutsch gehalten werden, müssen unsere Studienbewerberinnen und -bewerber natürlich auch entsprechende Deutschkenntnisse mitbringen“, fügt Röll hinzu. Für die ersten beiden Studierenden sowie für die eine Bewerberin, die das Studium letztlich aus privaten Gründen doch nicht angetreten habe, sei diese Voraussetzung natürlich kein Hindernis gewesen, fährt er fort: „Aber für die Zukunft hoffen wir auch auf Interessenten aus dem Ausland.“
Abizeugnis statt Taufurkunde
Mandry stellt klar, dass „Religiöse Kommunikation“ allen Interessenten offensteht, unabhängig von Konfession oder Religion: „Die Goethe-Universität ist ja eine staatliche Hochschule, da verlangen wir ein Abiturzeugnis, aber keine Taufurkunde.“ Natürlich sei für diesen Masterstudiengang ein geeignetes grundständiges Studium nötig: „Wenn sich jemand mit einem Bachelor in Physik oder Wirtschaftswissenschaften bewirbt, dann bringt diese Person die nötigen Voraussetzungen nicht mit. Hat sie aber beispielsweise an der Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg jüdische Theologie studiert, dann ist das überhaupt kein Problem.“
Damit alle Studierenden möglichst bald gemeinsam unterrichtet werden können, werden sie zunächst aufgeteilt: Diejenigen, die schon ihr Bachelorstudium am Fachbereich Katholische Theologie absolviert haben, bilden sich – auch an anderen Fachbereichen – in passenden Lehrveranstaltungen weiter. „Die anderen absolvieren währenddessen ein Modul, in dem wir sie für das weitere Studium fitmachen“, erläutert Röll, „bevor dann alle Studierenden bis einschließlich Modul 5 ihre theologischen Kenntnisse vertiefen, sich für Modul 6 für einen der beiden Schwerpunkte Medien oder Interkulturalität entscheiden und schließlich ihre Masterarbeit schreiben.“ Studiendekan Mandry fügt hinzu: „Natürlich ist der Masterstudiengang auf die Forschung ausgerichtet, aber nicht jeder und nicht jede möchte nach dem Master promovieren. Deswegen gehört zum Studienplan auch ein Berufspraktikum.“
Denkbar seien für die Studierenden beispielweise Praktika beim Hessischen Rundfunk oder anderen Medienunternehmen, beim „Rat der Religionen“ in Frankfurt, aber auch bei kirchlichen Bildungsträgern wie etwa dem „Haus am Dom“. „Die Studierenden können sich auch ganz eigene Berufspraktika suchen, beispielsweise bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau“, erläutert Mandry. Damit zählt er zugleich auf, wo die Studierenden, die nicht in der Forschung bleiben, nach dem Master eine Stelle finden können.
So zum Beispiel der 24 Jahre alte Benjamin Brettinger, der in einem Doppelstudium zugleich den Masterstudiengang Politikwissenschaft absolviert und nach seinem Master eine Stelle in der Öffentlichkeitsarbeit/Unternehmenskommunikation finden möchte. Zurzeit genießt er aber erst einmal das Studium „Religiöse Kommunikation“ und besonders die gute und intensive Betreuung durch die Professoren. „Wenn wir in diesem Masterstudiengang allerdings nicht nur zu zweit wären, wäre es wahrscheinlich noch schöner“, sagt Brettinger. Das wird der Fall sein, wenn sich – wie von den Initiatoren geplant – diese Zahl erhöht. Bis zu 40 Masterstudierende können aufgenommen werden.
Stefanie Hense
Dieser Artikel ist in der Ausgabe 2.19 des UniReport erschienen.