40 Jahre Lust an der Bildung: Jubiläum der U3L

Festveranstaltung zu Ehren der Universität des 3. Lebensalters erinnerte auch an den langjährigen Vorstandsvorsitzenden Prof. Günther Böhme, der in diesem Jahr 100 geworden wäre.

Im Rahmen einer Festveranstaltung auf dem Campus Bockenheim wurde das 40-jährige Bestehen der U3L gefeiert und der 100. Geburtstag Günther Böhmes gewürdigt. Die Vorträge zeigten die bisherige Entwicklung auf und stellten Überlegungen für die Zukunft vor. Austausch und gemeinsamer Ausblick waren ebenfalls Teil des Programms. Die Tagung wurde durch eine Fotoausstellung und ein Get-together abgerundet. Grußworte sprachen Dr. Nargess Eskandari-Grünberg, Bürgermeisterin der Stadt Frankfurt a. M., Prof. Dr. Enrico Schleiff, Präsident der Goethe-Universität, Prof. Dr. Christian Winter, Vorsitzender der U3L, sowie Thomas Bertram, Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft Wissenschaftliche Weiterbildung für Ältere (BAG WiWA).

Das erste Vorlesungsverzeichnis erschien im Wintersemester 1982/83: Das Bildungsprogramm für Menschen in der nachberuflichen Lebensphase sollte einen Dialog zwischen Lebenserfahrung und wissenschaftlichen Ansichten ermöglichen. Inzwischen hat die U3L sich zu einer der größten Einrichtungen der Wissenschaftlichen Weiterbildung für Ältere in Deutschland entwickelt. Das Programm ist orientiert am breiten fachlichen Spektrum der Goethe-Universität, charakterisiert durch die Bildungsinteressen, Motive und Beiträge der Teilnehmenden, durch motivierte Lehrende und ihre gehaltvollen Veranstaltungen sowie durch partizipative Projekte.

Nachhaltig geprägt wurde die U3L durch Prof. Günther Böhme, der als Vorstandsvorsitzender von 1984 bis 2012 fungierte. „Böhme ist sozusagen der große Spiritus rector der U3L: Durch ihn ist sie überhaupt erst das geworden, was sie heute ist“, betont Böhmes Nachfolger, Prof. Dr. Christian Winter. Böhme sei als Erziehungswissenschaftler sehr stark von Socrates und Aristoteles fasziniert gewesen; daran habe er sein Bildungskonzept entwickelt. In seinem großen Buch über den europäischen Humanismus, so Winter, ließe sich das gut studieren. Böhme sei aber auch klar gewesen, dass die Menschen, die sich in einer nachberuflichen Phase befinden, sich auch über die modernen technischen und technologischen Fortschritte bilden können. Daher sei er auch nicht abgeneigt gewesen gegenüber modernen Bildungstechnologien. „Das war natürlich während der Pandemie ein großes Glück, dass er rechtzeitig dafür gesorgt hat, dass auch die U3L mit diesen Medien arbeiten konnte“, erläutert Winter. Auch online habe die Universität des 3. Lebensalters den Lehrbetrieb aufrechterhalten können. Christian Winter, ein Biowissenschaftler, ist schon viele Jahre emeritiert, aber immer noch in seinem Fach unterwegs. „Ich habe natürlich nicht wie Böhme zu Bildung geforscht, aber ich bin sehr gut in der Goethe-Universität vernetzt, das ist für die Leitung der U3L von großem Vorteil.“ Winter hält Vorlesungen und bietet im Sommersemester sogar Praktika an: Die Teilnehmenden dürfen dann mit dem Mikroskop arbeiten.

Ganz begeistert von dem Praktikum und Mikroskopieren, aber auch von den anderen Veranstaltungen Winters ist Anton Schreiber. Seit 2017 ist der gelernte Elektromechaniker Rentner, seitdem bei der U3L eingeschrieben. Für ihn war bei Beendigung seines Berufslebens klar, dass er sich weiterbilden möchte, am liebsten in einem Fach, mit dem er sich seit Schulzeiten nicht mehr beschäftigt hatte: mit Biologie. „47 Jahre meines Lebens war ich in der Informationstechnologie unterwegs, als Spezialist für Elektrotechnik. Ich dachte mir: Es kann doch nicht sein, dass man sich sein ganzes Leben lang mit IT beschäftigt. Da habe ich mich gefreut, dass Biowissenschaften von der U3L angeboten wird“, erzählt Schreiber. Er hatte die Realschule besucht, nie studiert, das wissenschaftliche Lernen war ihm nicht vertraut. Doch der wissbegierige Mann besuchte im Rahmen der U3L ein Seminar zum wissenschaftlichen Arbeiten. „Ich habe mich dann aber recht schnell zurechtgefunden. Auch durch meinen Beruf war ich in gewisser Weise daran gewöhnt gewesen, mich in neue Wissensgebiete einzuarbeiten.“ Die universitäre Welt hat es Schreiber sehr angetan; gerne verbringt er Zeit in der Bibliothek, recherchiert gerne zu Themen und bereichert auch schon mal ein Seminar mit einer Entdeckung: „Das freut einen dann, wenn der Professor dies im Seminar kundtut.“ Schreiber hofft, dass er noch viel entdecken kann im Reiche der Biowissenschaften. Er ist überzeugt davon, dass das Lebenslange Lernen in einer modernen Welt auch eine Notwendigkeit darstellt: „Da ich immer viel mit dem Computer zu tun hatte, fällt es mir nicht schwer, auch das Smartphone in vielen Lebensbereichen zu nutzen. Das müssen sich aber viele Ältere erst noch erschließen.“

Auch Brigitte Markgraf ist eine begeisterte U3L-Studierende, hat sich bereits Vorlesungen in Musikwissenschaft, Kunstgeschichte, Kulturanthropologie, Entwicklungspsychologie und Politik angehört. Mit Eintritt in ihr Rentenalter wollte sie sich für neue Erfahrungen öffnen, gerne aber auch mit anderen Menschen an einem Thema arbeiten, Konzepte entwickeln und realisieren. „Ich schätze auch kleine Arbeitszusammenhänge sehr, in denen ich mich aktiv durch Diskussion und Erarbeiten von Themen beteiligen kann. So arbeite ich seit zwei Jahren in einem Seminar mit, das sich mit biografischer Forschung auseinandersetzt. Wir haben Interviews mit alten Menschen durchgeführt und ausgewertet und werden dies auch noch weiter fortsetzen.“ Brigitte Markgraf mag es, zwischen verschiedenen Veranstaltungstypen wählen zu können: mal wird ihre volle Aktivität erfordert, mal kann sie auch eher zuhörend und aufnehmend teilnehmen. Insbesondere in kleinen und überschaubaren Seminare habe sie viele interessante und sympathische neue Menschen kennengelernt. Schnell und professionell habe die U3L während der Corona-Zeit auf digitale Lernformen umgestellt: „Ich habe die überraschende Erfahrung gemacht, dass ich auch per Zoom sehr gut, konstruktiv und intensiv mit mir unbekannten Menschen zusammenarbeiten kann.“

Befragt man Prof. Christian Winter nach einem Zukunftswunsch, so kommt er auf einen Bildungsauftrag zu sprechen, der bereits seinem Vorgänger sehr am Herzen lag: „Unsere Klientel stammt größtenteils aus dem Bildungsbürgertum, also Studierende mit Abitur oder Hochschulabschluss. Was Günther Böhme bereits umtrieb und was wir gerne weiter verfolgen möchten, ist es, Menschen aus sogenannten ‚bildungsfernen‘ Schichten für die U3L zu gewinnen.“ Ein weiterer Punkt ist für Winter das Thema Präsenzveranstaltungen: Seit der Pandemie, so Winter, habe die Präsenz der U3L-Studierenden zwar insgesamt nachgelassen, dennoch müsse langfristig, nach der endgültigen Aufgabe des Campus Bockenheim, die räumliche Situation geklärt werden. „Ich weiß natürlich, dass die Kapazitäten der Uni nicht unbegrenzt sind.“

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