Die Verflechtungen von Lebenslauf, Arbeit und Übergängen

Prof. Christiane Hof auf dem Symposium.

Internationales Symposium zum Lernen Erwachsener

Erwachsene lernen nicht nur in dezidierten Bildungseinrichtungen, sondern auch in anderen Kontexten, sei es am Arbeitsplatz, in Vereinen oder Freiwilligenorganisationen, innerhalb von Familien oder im Rahmen von Übergängen im Lebenslauf. Mit diesen vielfältigen Aspekten der Bildung und des Lernens im Erwachsenenalter befasst sich der Arbeitsbereich Erwachsenenbildung und Weiterbildung am Fachbereich Erziehungswissenschaften der Goethe-Universität unter Leitung von Prof. Dr. Christiane Hof. Gerade vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Transformationsprozesse und den damit gestiegenen Anforderungen an lebenslanges Lernen stellen sich in diesem Zusammenhang spannende Fragen.

Während die Untersuchung von Lehren und Lernen in Weiterbildungseinrichtungen, wie es oft im deutschen Bereich der Erwachsenenbildungsforschung im Mittelpunkt steht, wertvoll ist, gibt es auch sehr interessante internationale Beiträge, die sich mit dem Lernen von Erwachsenen außerhalb dieser traditionellen Kontexte befassen. Um nun das Verständnis von Lern- und Bildungsprozessen insbesondere außerhalb formaler Kontexte zu erweitern und dabei auch internationale Perspektiven zu berücksichtigen, richtete der Arbeitsbereich (finanziell unterstützt von der DFG, den Freunden und Förderern der GU und dem Fachbereich Erziehungswissenschaften) vom 27. bis 29. September 2023 ein dreitägiges Symposium unter dem Titel „Adult Learning at the Nexus of Life Course, Work & Transitions“ aus.

Fünfzig Wissenschaftler*innen aus 13 Ländern traten in engagierten Austausch, um den wissenschaftlichen Diskurs zum Lernen Erwachsener voranzubringen und damit auch Konzepten zur Unterstützung des Lernens den Weg zu bereiten. Als Anker der Diskussionen dienten Vorträge von zehn Expert*innen, die aus unterschiedlichen theoretischen Perspektiven den Kernfragen des Symposiums nachgingen, wie von Prof. Dr. Christiane Hof eingangs formuliert: Wie kann das Lernen Erwachsener außerhalb von (Weiter-)Bildungsinstitutionen theoretisch und empirisch beschrieben werden? Und wie kann die soziale Eingebundenheit dieses Lernens konzeptualisiert werden?

So widmete sich Prof. Dr. Jean Lave (UC Berkeley, USA) der Frage „What is Learning For?“ und lenkte den Blick auf Lernen als Veränderung in und von hegemonialen Strukturen. Michael Bernhard (Goethe-Universität Frankfurt) führte in die biographietheoretische Perspektive ein, welche Flora Petrik (Eberhard Karls Universität Tübingen) in ihrem Vortrag zur Rolle von Arbeit in der Biographie von Bildungsaufsteiger*innen aufgriff. Das Lernen für und durch Arbeit und Beruf war zentral in den Beiträgen von Prof. Dr. Stephen Billett (Griffith University, Australien), Prof. Dr. Katrin Kraus (Universität Zürich) und Prof. Dr. Victoria Marsick (Columbia University, USA).

Elisa Thevenot (Eberhard Karls Universität Tübingen) nahm mit ihrem Vortrag zur Verschränkung von Erwerbsbiographie und Nachhaltigkeit ein hochaktuelles Thema auf; wie auch Prof. Dr. Christian Harteis (Universität Paderborn), der zugleich spannende wie auch bedenkliche Einblicke in die Konsequenzen von Digitalisierung der Arbeit für das Lernen der Einzelnen bot. Die Rolle politischer Rahmenbedingungen, von Machtstrukturen und der sozialen Eingebundenheit des Lernens wurde von Prof. Dr. Beatrix Niemeyer-Jensen (Europa-Universität Flensburg), Prof. Dr. Peter Sawchuk (University of Toronto, Kanada) und Prof. Dr. Henning Salling Olesen (Roskilde University, Dänemark) diskutiert.

In ihrer Abschlussbilanz betonten nicht nur Prof. Dr. Christiane Hof und Michael Bernhard, dass sich trotz – oder vielleicht gerade aufgrund – der Vielfalt der theoretischen Zugänge gewinnbringende Anknüpfungspunkte für eine Weiterentwicklung des internationalen Austausches gezeigt haben. Alle Teilnehmenden waren sich einig, wie wichtig es ist, empirisch fundiert Konzepte zur Analyse wie auch zur Unterstützung des Lernens Erwachsener weiterzuentwickeln. Denn, wie Prof. Marsick von der Columbia University es formulierte: Auf neue Herausforderungen lässt sich nicht mit alten Theorien antworten. Bezogen auf das Lernen Erwachsener bedeutet dies auch, dass unser Verständnis von Lernen als Reaktion auf Lehren überdacht werden sollte und die vielfältigen Formen des Lernens außerhalb formaler Kontexte detaillierter in den Blick zu nehmen sind. Lernen – so sicherlich ein zentrales Ergebnis des Symposiums – ist dabei nicht nur als individueller Aneignungsprozess, sondern vor allem auch als soziale Praxis zu begreifen.

Weitere Informationen unter https://adult-learning.de/

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