Ein offener Ausstellungsraum für die Universität: Das Schopenhauer-Studio in der UB

Etwas verborgen im großen Gebäude der Zentralbibliothek auf dem Campus Bockenheim: Nach dem Betreten lenkt das Haus mit dem großen Foyer die Blicke der Besucher*innen erstmal in eine andere Richtung. Man findet das Schopenhauer-Studio, wenn man sich im Erdgeschoss gleich am Eingang links hält. Am 22. Oktober 2019 eröffnete die Universitätsbibliothek mit dem Studio ihren neuen Kommunikations- und Ausstellungsraum für die Universität. Von Beginn an lag der Fokus des Raumes auf der Arbeit mit Sammlungen, Objekten und Archiven der Goethe-Universität. Ziel war und ist es, die Fragen und Herausforderungen zu präsentieren, die mit den Artefakten des kulturellen und wissenschaftlichen Erbes verbunden sind. Was die wenigsten wissen dürften: Bereits bei der Planung und der Bibliothekseröffnung an der Bockenheimer Warte im April 1965 hatte der ausführende Architekt Ferdinand Kramer diesen Raum als Ausstellungsfläche geplant. Aber über rund vier Jahrzehnte hinweg musste er aus Platzgründen anders genutzt werden.
Mehr als Schopenhauer
2019 konnte der Raum nun endlich zu seinen Wurzeln zurückkehren. Bernhard Wirth, in der Universitätsbibliothek unter anderem zuständig für den Ausbildungsbereich sowie die Leitung des Provenienzforschungsprojekts, drückt es so aus: „Kramers Idee einer Bibliothek als ‚Werkstatt des Geistes‘ wird im Schopenhauer-Studio lebendig und erlebbar gemacht.“
Der Name des Studios könnte zur Annahme verleiten, dass dort möglicherweise das Archiv Schopenhauers untergebracht wäre. Das ist aber nicht (mehr) der Fall, dieses befindet sich mittlerweile in einem anderen Teil der Zentralbibliothek. Aber die erste Ausstellung im Studio war dem Namensgeber gewidmet: „SELBST DENKEN – 200 Jahre Arthur Schopenhauers ‚Die Welt als Wille und Vorstellung‘“ (Oktober 2019 bis Januar 2020).
Die erste Ausstellung im Studio war also einer prominenten Sammlung gewidmet, der Impuls dafür kam aus der Universitätsbibliothek. In den fünf Jahren seines Bestehens hat sich die Ausrichtung des Studios konzeptionell durchaus verändert, resümiert Judith Blume, Koordinatorin der Sammlungen an der Goethe-Universität: „Am Anfang stand sicherlich noch die Beschäftigung mit den Beständen der Bibliothek und der Universität im Fokus, verbunden mit der Frage, wie ein kulturelles oder wissenschaftliches Gedächtnis entsteht. Heute würden wir aber eher sagen: Der Raum ist ein Ausstellungsraum für Lehr- und Forschungsprojekte aus der Universität. Die können natürlich mit den Sammlungen verbunden sein und sind es auch oft, müssen es aber nicht.“ Die Verbindung zu einem Lehr- oder Forschungsprojekt ist hingegen inzwischen eine Voraussetzung dafür, dass eine Ausstellungsidee umgesetzt wird. Diese Öffnung des Ausstellungsraumes hin zur ganzen Goethe-Universität hängt zugleich mit dem veränderten Zielbild der Universitätsbibliothek zusammen. Dort kann man unter dem Eintrag „Raum“ Folgendes lesen: „Wir verstehen Bibliothek als physischen, digitalen und hybriden Raum, als Ort des individuellen wie des gemeinsamen Lernens und Lesens, des Arbeitens und Forschens. Es ist ein Ort der Vielfalt, der Kommunikation und der Begegnung sowie des trans- und interdisziplinären wissenschaftlichen Austauschs. Er dient der Wissensvermittlung und der Entwicklung sowie der Erprobung zukunftsrelevanter Schlüsselkompetenzen.“ *
Experimentierraum auch für Ausstellungs-Novizen

Möchte man exemplarisch eine der zahlreichen Ausstellungen, die nach „SELBST DENKEN“ entstanden sind, herausgreifen, um das neue Konzept des Raumes zu erläutern, bietet sich dafür sicherlich „Reality Checkpoint. Clemens J. Setz gelesen“ an. Im Jahre 2023 übernahm der österreichische Schriftsteller Clemens J. Setz die traditionsreiche Frankfurter Poetikdozentur. Begleitend zu den Vorlesungen und Seminaren mit Setz an der Goethe-Universität kuratierte eine Gruppe Studierender der Goethe-Universität die Ausstellung und erkundete dabei Lesarten des Absurden und auch unheimlich Vertrauten in Setz’ Texten. Neben ausgewählten Texten und Zitaten wurden eine Hörstation, ein digitales Wiki, eine eigens für die Ausstellung kuratierte YouTube-Playlist des Autors selbst sowie ein Gemälde und Manuskriptseiten von Clemens J. Setz ausgestellt. „Im Schopenhauer-Studio können sich Studierende und natürlich auch Lehrende ausprobieren, die über unterschiedliche Vorerfahrungen im Bereich Ausstellungen verfügen. Das bedeutet nicht, dass wir keine professionellen Qualitätsansprüche anlegen. Aber es ist eben ein Experimentierraum, in dem Dinge ausprobiert werden dürfen und sollen. Jessica Zülch, Koordinatorin der Veranstaltungen der Universitätsbibliothek, ergänzt: „Wir verfügen zudem mit der Einrichtung des Raumes über ein sehr flexibles Mobiliar, das modular einsetzbar ist. Auch mit den Geräten der Medientechnik kann man eine Ausstellung sehr individuell gestalten. Der Ausstellungsraum kann dadurch sehr unterschiedlich aussehen.“
Mitten in einem lebendigen Stadtteil
Zuständig für das Schopenhauer-Studio ist eine eigene AG als Planungs- und Durchführungseinheit – quer zur Organisationsstruktur der UB. „Wir sind im Kernteam nur sechs Leute, was natürlich bedeutet, dass unsere Ressourcen begrenzt sind. Die AG bietet den Ausstellenden zuerst einmal eine organisatorische, aber auch kuratorische Expertise und Beratung. Das Studio ist nicht nur als Ausstellungsraum gedacht, sondern ist als Kommunikationsraum auch offen für Vorträge und Workshops. „Bei den Themen sind wir da auch offener als bei den Ausstellungen, was den Bezug zur Universität angeht. So hatten wir beispielsweise im letzten Jahr drei Vorträge in Kooperation mit dem Physikalischen Verein, der sein 200-jähriges Jubiläum feierte. Das hat gut geklappt und es gab große Resonanz, sodass man schon für weitere Veranstaltungen bei uns angefragt hat“, erklärt Bernhard Wirth. Jessica Zülch hebt die günstige Lage des Studios hervor: „Die Vorträge im Schopenhauer-Studio wenden sich ja ausdrücklich auch an die Bürgerinnen und Bürger Frankfurts. Die UB liegt in Bockenheim mitten in einem lebendigen Stadtteil, zudem perfekt an den öffentlichen Nahverkehr angebunden. Das ist sogar ein Vorteil gegenüber Veranstaltungen auf dem Campus Westend.“
Zum Schluss des Gesprächs mit dem UniReport betont Judith Blume ausdrücklich: „Wir freuen uns über alle Anfragen! Auch wenn wir nicht jedes Ausstellungs- oder Vortragsprojekt realisieren können, zudem für 2025 und 2026 bereits einiges geplant ist, versuchen wir, vieles möglich zu machen. Wir wollen das Studio als einen niedrigschwelligen Ort auch jenen zur Verfügung stellen, die noch nicht über viel oder auch über gar keine Ausstellungserfahrung verfügen.“
* Strategisches Zielbild 2032 der Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg, S. 3.
https://www.ub.uni-frankfurt.de/ueber/dateien/zielbild_2032.pdf
Das Schopenhauer-Studio
Der multifunktionale Kommunikations- und Ausstellungsraum der Universitätsbibliothek Frankfurt am Main bietet eine Infrastruktur zur Präsentation von Forschungs- und Lehrprojekten an der Goethe-Universität. Seine modulare und moderne Ausstattung ermöglicht unterschiedliche Nutzungsszenarien für Ausstellungen unterschiedlicher Größe, für Vorträge, Workshops und andere Veranstaltungsformate.
Ausstattungsmöglichkeiten
180 qm Fläche
Ausstellungsmobiliar für bis zu 100 Objekte
Bestuhlung für bis zu 70 Gäste
Seminar- und Workshopausstattung
Medientechnik (55-Zoll-Monitor inkl. Soundanlage, Touchscreens, Beamer, Hörstation usw.)
Unsere Services
Bereitstellung einer flexiblen und modern ausgestatteten Infrastruktur
Begleitung und Unterstützung in der Planung und Umsetzung
Unterstützung bei der Öffentlichkeitsarbeit und dem Veranstaltungsmanagement
Führungen auf Anfrage durch unsere Sammlungsexpert*innen (z. B. Arthur Schopenhauer, Ferdinand Kramer)
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