Team der Goethe-Universität belegt den 1. Platz im schriftlichen Wettbewerb des Oxford International Intellectual Property Moot Court 2025.
Vom 19. bis 22. März 2025 fand der diesjährige International Intellectual Property Moot Court in Oxford statt. Dieser Wettbewerb wird seit über 20 Jahren von der Universität Oxford veranstaltet. Teilnehmen können studentische Teams der juristischen Fachbereiche aller Universitäten weltweit. Die Goethe-Universität stellt seit 2012 jährlich ein Team, welches von der Professur Peukert betreut und koordiniert wird. Angetreten sind in diesem Jahr Parand Yaghubi, Jacob Lemmer und Leonard Gross, betreut von Berkant Yilmaz und David Gurlitt.

Der Wettbewerb gliedert sich in einen schriftlichen und einen mündlichen Teil auf. Der Erfolg im schriftlichen Wettbewerb entscheidet darüber, ob sich Teams für die mündlichen Runden qualifizieren. Hierfür ist zunächst erforderlich, dass zwei Schriftsätze, jeweils für Kläger- und Beklagtenseite, in englischer Sprache verfasst werden. Diese bereiten eine Revision in einem fiktiven Rechtsstreit vor, der stets im Immaterialgüterrecht angesiedelt ist. Nicht nur der Rechtsstreit ist fiktiv, sondern auch das Land („Erewhon“), in dem der Rechtsstreit ausgetragen wird, sowie die Gesetzestexte, auf denen er basiert. Über das Rechtssystem ist lediglich bekannt, dass es ein Common-Law-System ist, also im Wesentlichen auf der Arbeit mit Präzedenzfällen beruht, wie dies in anglo-amerikanischen Rechtssystemen der Fall ist. Manch eine*r wird sich nun fragen, wie man einen Rechtsfall entscheidet, dem kein etabliertes Rechtssystem zugrunde liegt: Entscheidend ist die Argumentation mit rechtlichen Grundprinzipien, die durch einen Vergleich von Rechtsordnungen aus aller Welt, insbesondere im Hinblick auf ihre Rechtsprechung und Gesetzgebung, ermittelt werden. Dabei kann prinzipiell jede Art von internationaler Rechtsquelle herangezogen werden, wenn sowohl faktenbasiert als auch prinzipienbasiert gezeigt wird, dass sie für die Beurteilung des vorliegenden Falles taugt. Für die Arbeit an den Schriftsätzen haben die Studierenden ab Veröffentlichung des Sachverhalts in der Regel knapp zwei Monate Zeit.
Die besten 32 von circa 100 Teams werden zu den mündlichen Runden eingeladen, welche an der Universität Oxford ausgetragen werden. Die mündlichen Runden bilden das Highlight und gleichzeitig den Abschluss der Wettbewerbsphase. In Oxford haben die Teams die Möglichkeit, die erarbeiteten Argumente zu präsentieren und ihre rechtliche Expertise unter Beweis zu stellen, indem sie auf Kläger- und Beklagtenseite als Prozessvertreter auftreten und in Form von Plädoyers ihre Mandanten verteidigen. Der diesjährige Fall handelte von einem markenrechtlichen Rechtsstreit, in dem die klagende Partei behauptete, dass die insgesamt drei Beklagten ihre eingetragenen Marken jeweils verletzen würden. Zur Debatte standen dabei Rechtsfragen rund um die Verwässerung von Marken, Rufschädigung und zur Verwechslungsgefahr. Dabei blieben die Teams von kritischen Rückfragen der simulierten Richterbank nicht verschont, welche mit Anwält*innen, Hochschulprofessor*innen und Berufsrichter*innen besetzt ist. Das Frankfurter Team hat sich hiervon jedoch nicht verunsichern lassen und konnte in der mündlichen Vorrunde drei von vier möglichen Siegen erringen. Dabei trat es gegen Teams aus der Schweiz, England, Kanada und Indien an. Als „Senior Counsel“ eröffnete Parand Yaghubi die Plädoyers sowohl auf Kläger- als auch auf Beklagtenseite, während Leonard Gross als „Junior Counsel“ auf Klägerseite und Jacob Lemmer in derselben Rolle auf Beklagtenseite den zweiten Teil des Plädoyers übernahmen.
Die (nervenaufreibenden) Prozessverhandlungen finden ihren Ausgleich im abendlichen Rahmenprogramm. Von gemeinsamen Abendessen in den historischen Dining Halls der Colleges bis zu Vorträgen renommierter Professor*innen ist alles dabei. Den Abschluss bildet das Grand Final Dinner inklusive Preisverleihung. Die diesjährige Preisverleihung war für das Frankfurter Team von besonderer Bedeutung: Zum ersten Mal konnte die Goethe-Universität die Auszeichnung für die besten Schriftsätze erhalten. Damit konnte sich Frankfurt im schriftlichen Wettbewerb als erste deutsche Universität jemals international durchsetzen – trotz Hürden, die eine fremde Sprache und ein unbekanntes Rechtssystem mit sich bringen. Die Gesamtpunktzahl setzt sich dabei aus den Kategorien „juristische Analyse“, „Klarheit der Argumentation und Überzeugungskraft“, „Recherche und Verwendung von Autoritäten“ sowie „stilistischem Ausdruck“ zusammen.
Dieser Preis bildet die Krönung einer Teilnahme, die für sich jedoch bereits außergewöhnlich ist. Die Teilnahme bietet nämlich nicht nur die Möglichkeit, fremde Rechtssysteme, andere Universitäten und neue Rechtsgebiete kennenzulernen, sondern auch professionelle und private Kontakte zu knüpfen. Es werden Fähigkeiten gefördert, die im Studium zu kurz kommen: Legal English, rhetorische Fähigkeiten, Social Skills und Teamfähigkeit. Auch trägt der Moot Court zur persönlichen und akademischen Entwicklung bei, indem er die Möglichkeit eines Auslandsaufenthalts schafft und praktische Erfahrungen ermöglicht, die das theoriebasierte Studium ergänzen. Als Student*in eine Verhandlung nicht nur zu erleben, sondern als Prozesspartei aktiv mitzugestalten, ist ein kreativer Weg, sich im anwaltlichen Beruf auszuprobieren und über den (juristischen) Tellerrand zu schauen — ganz im Sinne einer individuellen und selbstständigen Gestaltung des Studiums.
Parand Yaghubi und David Gurlitt