Vom Nutzen und Vorteil des Mosaizierens für die Universität

Kommt die Sprache auf Mosaike, dürfte jedem die römische Kunst vor Augen stehen – etwa wenn wie in Bad Vilbel Oceanos mit seinem Hofstaat lebendig in Szene gesetzt wurde. Doch das Institut für Geowissenschaften nutzt und interpretiert diese Kunstform neu: Ein Wandmosaik ziert nun die Räumlichkeiten des FB 11 am Campus Riedberg, das einen Profilschnitt durch die obere Erdkruste zeigt – ca. 160 km lang und 500 m tief, vom Westerwald über den Taunus bis zum Odenwald und mit der Goethe-Universität als Nabel.

Bei der Einweihung des Mosaiks am 14. April dieses Jahres fielen in den Vorträgen vermehrt prosaisch klingende Begriffe wie zum Beispiel Eschbacher Klippen und Riff-Atolle, Felsenmeer und Gießener Ozean auf, die dem fachfremden Gast signalisierten, dass unser aller Fundament alles andere als felsenfest ist, dass aufgrund von Kontinentalkollisionen, Gebirgsbildungen und Vulkanaktivitäten Stein und Gesteine – ähnlich den auf ihnen lebenden Menschen – migrieren und zu ortsfremden Gesteinen werden können. Auch wird anhand des Mosaiks deutlich, dass unter uns eine massenhafte „Petrodiversität“ herrscht – ähnlich wie in der darüberliegenden internationalen Stadt Frankfurt. Als Spieglein an der Wand (wobei der Deminutiv aufgrund der Breite von acht Metern nicht ganz zutrifft) bildet das Mosaik die Natur, den kontinuierlichen Wandel im Maßstab 1:20 000 wissenschaftlich ab, womit es wissenschaftliche Erkenntnispräsentation ist. Und die Mosaizierung wirkt selbst wieder forschungsinduzierend: Denn das Mosaik ist aus 65 an Ort und Stelle gesammelten und in einer Legende erklärten Gesteinsarten gebildet. Die Auswahl aus den tatsächlich vorkommenden Gesteinsarten soll zu lebhaften Diskussionen unter den beteiligten Wissenschaftlern geführt haben, warum gerade dieses Gestein nun besonders wichtig zu zeigen ist. In bewundernswerter Beharrlichkeit entstand das Mosaik, inspiriert etwa durch Vorbilder an der Universität Innsbruck oder am Landesamt für Geologie und Bergbau in Mainz, über viele Jahre hinweg, was von Wissenschaftlern, Präparatoren und Hilfskräften neben den täglichen Verpflichtungen geleistet wurde. Insofern ist das Mosaik nicht nur Abbild eines Prozesses, einer gemeinschaftlichen Leistung, sondern zeugt auch von der dafür nötigen (und autodidaktisch erlernten?) Handwerkskunst, das Schleifen, das Kleben etc. anbelangend.

Zudem dient das Mosaik auch der Wissensvermittlung: Kommilitonen in der Lehre sowie die interessierte Öffentlichkeit können es als Schauobjekt auch haptisch erfahren. Darüber hinaus ist es angewandte Kunst, indem es ästhetische Wirkung erzielt, und überbrückt dabei en passant die Grenze zwischen Natur und Kultur. Gerade dadurch symbolisiert es aber auch die Eröffnung eines geoanthropologischen Denkens, das zur Begegnung der Herausforderungen des Anthropozäns dringend gebraucht wird: Die globalen Probleme sind vielfältig (Schutz der Biodiversität, Klimagerechtigkeit und gesellschaftlicher Zusammenhalt etc.), insofern müssen auch die von der Wissenschaft erarbeiteten Antworten so komplex wie interdisziplinär sein sowie zu einer auf Akzeptanz stoßenden Vorgehensweise integriert werden.

Der Spiritus rector des Mosaiks, Prof. Peter Prinz-Grimm, bringt es auf den Punkt: „Das Mosaik ist für mich ein Lehrobjekt, weil es die echten Gesteine der Region in ihrer (schematisierten) Anordnung zeigt sowie in Text und Abbildungen erklärt. Es ist ein Kunstwerk, ein Stillleben der unbelebten Natur, das den Raum schmückt und die Betrachter unterhält.“ Summa summarum: Was für ein schönes Schmuckstück, was die Geowissenschaft da auf die Beine gestellt hat!

Janus Gudian

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