Wie man die Wälder für die Zukunft wappnet

Die Umweltwissenschaftlerin Jasmin Thal hat mit ihrer Masterarbeit einen wichtigen Beitrag für die Gewässerökologie geleistet. Eine von ihr erarbeitete Handlungsempfehlung für die Wasserrückhaltung in Wäldern wird in Kooperation mit dem Forstamt Königstein (HessenForst) für die Praxis aufbereitet.

Jasmin Thal ist eine leidenschaftliche Naturfotografin, die dabei eine besondere Ruhe ohne Handy-Klingeltöne besonders zu schätzen weiß: Sie fotografiert gerne und ausgiebig scheue Vögel. „Wenn es das Wetter hergibt, bin ich immer draußen“, berichtet die Umweltwissenschaftlerin, die in gewisser Weise ihr Hobby zum Beruf machen konnte.

Treppenartig angelegte Taunusteiche und wassergefüllte Wagenspuren von Forstfahrzeugen.

Bei der am Institut für Ökologie, Evolution und Diversität lehrenden PD Dr. Heike Zimmermann-Timm hatte Thal bereits ihre Bachelorarbeit im Bereich der Gewässerökologie geschrieben und so die Grundlage für ihre Expertise gelegt. „In meiner Masterarbeit wollte ich mich auch mit einem verwandten Thema beschäftigen. Gemeinsam sind wir, Frau Zimmermann-Timm und ich, dann auf die Frage gestoßen, wie die Wälder klimaresilienter gestaltet werden können und welche Rolle Waldgewässer einnehmen. Während größere Waldseen vor allem in den 1990ern untersucht wurden, gibt es zu kleineren Gewässern noch recht wenig Forschungsliteratur.“ „Eine echte Forschungslücke“, bestätigt auch Heike Zimmermann-Timm, die den Kontakt zum Forstamt Königstein hergestellt hat. Dort war man sehr erfreut darüber, dass nun auch kleinere Gewässer – Teiche und Tümpel bis hin zu wassergefüllten Wagenspuren und Gräben – einmal untersucht werden. Denn in der Naturschutzleitlinie für den hessischen Staatswald wurde zum ersten Mal das Thema Wald und Wasser aufgenommen. Explizit erwähnt wird in der Leitlinie auch die Rolle der Kleingewässer, wie künstlich angelegten Teiche oder Tümpel, obgleich deren Bedeutung im Wald bisher völlig unbekannt ist. 

Ein für die Forschungsarbeit geeignetes, ca. ein Quadratkilometer großes Gebiet am Feldberg im Taunus, welches bereits über Teiche verfügt, wurde zusammen mit dem Forstamt Königstein identifiziert. Das Niederschlagswasser kann im Taunus durch seinen geologischen Untergrund und die recht steilen Hänge kaum versickern, so dass das Oberflächenwasser in der Regel hangabwärts fließt und bei extremen Niederschlagsereignissen in den damit gespeisten Bächen zum Hochwasser führen kann.

Das Areal wurde von der jungen Wissenschaftlerin anfangs in kleinere Transekte unterteilt, um alle wasserhaltenden Strukturen zu kartieren. „Wir haben sogar zwei Teiche entdeckt, die beim Forstamt noch nicht bekannt gewesen sind“, erzählt Jasmin Thal. Die sechs bereits vorhandenen Teiche wurden in puncto Hydromorphologie – Wassertiefe, Verweilzeit des Wassers und der Chemie (Sauerstoff- und Nährstoffgehalt) – untersucht. Hierbei lag ein zusätzlicher Schwerpunkt auf der Erfassung der im Gewässer lebenden Tiere, insbesondere der Amphibien.

(v. l. n. r.): PD Dr. Heike Zimmermann-Timm, Jasmin Thal, Sebastian Gräf (Forstamtsleiter), Lisa Eckert (Revierförsterin)

Für den Wasserrückhalt und die Biodiversität im Wald sind auch künstlich angelegte Teiche von Bedeutung, allerdings setzen Stressoren, wie der Klimawandel oder der Eintrag von Falllaub, den Kleingewässern gewaltig zu. Der Eintrag von Falllaub führt zu einer schnelleren Verlandung. Insbesondere wenn die Gewässertiefe weniger als 20 Zentimeter beträgt. Daher ist es wichtig, die Uferzonen nach Möglichkeit zu „entbuschen“, damit dem Verschwinden der Kleingewässer entgegengewirkt wird. Um ein verlandetes Gewässer wiederherzustellen, ist die letzte Maßnahme das Ausbaggern des Gewässers, da es sich hierbei um einen enormen Eingriff in das Biotop handelt.

Daher muss immer auch abgewogen werden, was mit dem Artenschutz vereinbar ist, erläutert Jasmin Thal: „Eine gewisse Verlandung der Gewässer ist notwendig, damit der Lebensraum für Amphibien und andere Tierarten erhalten werden kann. Jeder Tümpel, jeder Teich, so unsere Erfahrung, muss individuell betrachtet werden. Wenn wir zum Beispiel feststellen, dass sich ein Teich bereits zu einem Moorgewässer entwickelt hat, wird in dieses nicht mehr eingegriffen, denn ein Moor kann noch mehr Wasser zurückhalten und speichern als ein Teich.“ Für das Forstamt Königstein wurden Empfehlungen entwickelt, wie das Wasser länger im Wald zurückgehalten werden kann. Hierzu zählten Pflegemaßnahmen an den Teichen, Standorte für die Neuanlage von Teichen oder mögliche Verbindungen zwischen den Teichen.

„Eine gewisse Praxisnähe ist mir bei meinen Studierenden sehr wichtig“, erklärt Heike Zimmermann-Timm. Die Gewässerökologin beobachtet seit einigen Jahren, dass auch durch strukturelle Änderungen im Studium viele angehende Umweltwissenschaftler*innen zu wenig Bezug zur Natur haben. „Wenn man sich im Labor mit Wasserproben beschäftigt, ohne zu wissen, wie und wo diese überhaupt gewonnen wurden und wo beispielsweise die Verschmutzung herrührt, dann ist das ein wirkliches Manko.“ Sie sieht ebenfalls Bedarf auf dem Gebiet der Vermittlung: Umweltwissenschaftler*innen müssten heute mit ganz unterschiedlichen Zielgruppen zusammenarbeiten und sich in deren Ansprüchen auskennen. „Für Jasmin Thal war es ein großer Vorteil, dass sie im Rahmen ihrer Masterarbeit mit dem Forstamt zu tun hatte. Es wird schon ein gewisses Fingerspitzengefühl und auch Durchsetzungsvermögen benötigt, um im Gespräch mit den Mitarbeitenden auch darauf zu insistieren, bestimmte Baggerarbeiten besser nicht durchzuführen, weil dadurch ein Biotop oder Lebensraum von Amphibien in Mitleidenschaft gezogen werden könnte. Aber natürlich muss man auch Verständnis dafür entwickeln, dass dafür Sorge getragen werden muss, Maschinen und Arbeitskräfte möglichst ressourcenschonend einzusetzen.“ Auch Kenntnisse auf dem Gebiet der Öffentlichkeitsarbeit sind vonnöten, so Zimmermann-Timm, um die Menschen über notwendige ökologische Maßnahmen rechtzeitig und wissenschaftsbasiert zu informieren.

Für Jasmin Thal hat sich die praxisnahe Abschlussarbeit bereits gelohnt, denn sie hat mittlerweile eine Stelle in der Naturschutzverwaltung in Südbaden inne. „Es ist mir eine Herzensangelegenheit, das Thema Naturschutz auch während meiner Arbeit voranzubringen “, betont sie. Und sie freut sich, dass neben den Handlungsempfehlungen auch noch ihre Masterarbeit veröffentlicht wird.

Relevante Artikel

Von Fliegen und Leichen

Tagung zur kriminalistischen Insektenkunde: ein Nachbericht von Jens Amendt Unter dem Motto Insects & Wine trafen sich in der Rotweinstadt

Lemuren-Laute und Giraffen-Gewohnheiten

Tierische Verhaltensforschung mit Software und KI Die faszinierende Welt der Zootierbiologie profi tiert zunehmend von innovativen Technologien wie der Künstlichen

Öffentliche Veranstaltungen

UniReport Ausgabe 5.24 ist erschienen

Der Soziologe Christian Stegbauer erläutert im aktuellen UniReport die Grundprinzipien der Netzwerkforschung. In seinem neuen Buch zum Thema stellt er

You cannot copy content of this page