Mit einer Vorlesung über den Teppich von Bayeux und die Eroberung Englands durch die Normannen ist die 22. Frankfurter Kinder-Uni-Woche zu Ende gegangen. Die acht Vormittagsveranstaltungen fanden jeweils vor rund 1200 Schülerinnen und Schülern und deren Lehrkräften statt, insgesamt waren wieder an die 10.000 Kinder auf dem Campus unterwegs. Wochen vorher bereits waren die Veranstaltungen für Schulklassen ausgebucht, Absagen gab es diesmal nur wenige. Am Nachmittag kamen wieder Kinder mit Eltern, Großeltern oder anderen erwachsenen Begleitpersonen, um sich mit den spannenden Themen zu beschäftigen. Videoaufzeichnungen der Vorlesungen können hier noch einmal angesehen werden:
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Dass eine Riesenschlange ein ausgewachsenes Wasserschwein verschlingen kann, wie es das berühmte Exponat im Frankfurter Senckenberg-Museum zeigt, sorgte im Hörsaal schon für einige Aufregung. Noch spannender jedoch war das, was die beiden Paläontologen Dr. Renate Rabenstein und PD Dr. Krister Timothy Smith über die Grube Messel berichten konnten: Wie hier vor 47 Millionen Jahren inzwischen als exotisch oder ausgestorben geltende Tier- und Pflanzenarten die Gegend um einen tropischen See bewohnten, darunter das berühmte Messeler Urpferdchen, viele Fledermausarten, Äffchen, Alligatoren – und eine Riesenschlange, die trotz ihres Infrarot-Sinnesorgans, mit dem sie Wärmestrahlung gut sehen konnte, offenbar sehr gern kaltblütige Echsen und sogar ausgewachsene Krokodile verspeiste.



Eigenwerbung für den Kaiser

Etwas weniger weit, aber immer noch ziemlich weit in die Vergangenheit entführte Münzforscherin und Archäologin Prof. Fleur Kemmers das junge Publikum in der Vorlesung „Der Kaiser in der Spardose“. Münzen aus der römischen Antike sind für uns Heutige ungeheuer lehrreich, konnte man da lernen. Denn das System römischer Münzen mit abgestuftem Wert, die entsprechend aus Gold, Bronze oder Kupfer hergestellt wurden, blieb zwar über Jahrhundert weitgehend gleich; die darauf vermittelte Botschaft jedoch wandelte sich von Kaiser zu Kaiser, von Jahr zu Jahr. Der jeweilige Herrscher nutzte die Werbefläche, um sich mit all seinen Vorzügen und Errungenschaften darzustellen und so beim Volk im Gedächtnis zu bleiben. Dass das wirklich funktioniert hat, das konnte die Professorin eindrucksvoll zeigen. Und in der Fragerunde am Ende zeigte sich: Es saßen einige Expertinnen und Experten für die Antike und für Latein im Publikum.


Zähne herstellen leicht gemacht

Selbst Hand anlegen und buchstäblich kräftig mitmischen konnten die Kinder-Uni-Studis am dritten Tag in der Vorlesung „Wie macht man einen neuen Zahn“ von Dr. Steffani Görl, Dr. Kathrin Seidel und Sebastian Heuser, allesamt Zahnmediziner: Da ging es um Zahnersatz bei großen Leuten, wo die Zähne ja nicht mehr nachwachsen wie beim Hai. Um einen künstlichen Zahn herzustellen, braucht es einen Abguss vom Gebiss. Der wurde bisher immer mit Hilfe einer weichen Masse hergestellt. Was einige im Auditorium schon vom Kieferorthopäden kannten, und die meisten von ihnen ziemlich eklig finden (manche auch nicht, nämlich wenn man sich zwischen Kirsch- und Colageschmack entscheiden kann). Da ist es doch eine gute Nachricht, dass es auch anders geht, nämlich mit einem Intraoral-Scanner, der das Gebiss digital erfasst. Das Anrühren der Abdruckmasse hat aber offenbar genauso viel Spaß gemacht wie das Hantieren mit der Spezialkamera.



Wenn Freunde zu Feinden werden
Am letzten Tag wurde es nochmal historisch, und zwar kunsthistorisch. Fast 70 Meter lang ist der Teppich von Bayeux, das entspricht zweimal der Breite von Frankfurts größtem Hörsaal, in dem die Kinder-Uni tagte! Prof. Kristin Böse erklärte, dass das genaugenommen gar kein Teppich ist, sondern eine Stickerei. Wer kann sticken? Wer weben oder stricken? Wer selbst Handarbeiten macht, kann sich vorstellen, wie lange Stickerinnen und Sticker an diesem Kunstwerk gearbeitet haben. Im Dialog mit den Kindern ging die Kunsthistorikerin der Vorgeschichte der Eroberung Englands durch die Normannen nach, die auf dem einzigartigen Stück aus dem 11. Jahrhundert erzählt wird. Die Kinder fieberten mit, wie Harold William zunächst die Treue schwört, wie sie sich bei gemeinsamen Abenteuern unterstützen – und am Ende dennoch Krieg gegeneinander führen. Wer ist da nur wohl der Superheld, wer der Superschurke? Wie könnte das letzte Bild des Mittelalter-Comics ausgesehen haben, das leider verloren ging? Die Meinungen gingen auseinander, und das ist gut so. Denn auch in der Wissenschaft bleiben immer wieder Fragen offen.


Fragen konnten die Kinder auch wieder im jeweiligen Quiz zur Vorlesung beantworten. Wer alle Antworten richtig hatte, konnte einen von vielen tollen Buchpreisen gewinnen, aber auch Kinder-Uni-T-Shirts und Eintrittskarten in regionale Museen wie das Saalburg Museum. Und wer in diesem Jahr nicht gewonnen hat: Der Termin für die nächste Kinder-Uni steht bereits fest. Sie findet in der Woche vom 7. September 2026 statt. Nähere Informationen dazu gibt es aktuell immer auf der Seite www.kinderuni.uni-frankfurt.de.









