Bad Homburg Conference: Transatlantische Beziehungen neu denken

Die 4. Bad Homburg Conference am Forschungskolleg Humanwissenschaften widmet sich dem belasteten Verhältnis zwischen USA und Europa.

„Europa. USA. Geteilte Zukunft?“ lautet der Titel der vierten Bad Homburg Conference, die am 18. und 19. September 2020 am Forschungskolleg Humanwissenschaften und gleichzeitig digital im Netz stattfindet. Rund sechs Wochen vor den Präsidentschaftswahlen in den USA werden internationale Expertinnen und Experten zentrale Themen des belasteten Verhältnisses zwischen den USA und Europa diskutieren. Dabei wird zunächst die transatlantische Außen- und Sicherheitspolitik in den Blick genommen. Denn der Rückzug der USA als globale Ordnungsmacht und ihre politischen Kehrtwenden in der Bewertung der NATO, in der konfrontativen Handelspolitik und den Aufkündigungen internationaler Abkommen wie dem INF-Vertrag oder den Pariser Klimazielen setzen die transatlantischen Beziehungen unter Stress.

Ein weiterer Fokus wird auf die sozialpolitischen Entwicklungen dies- und jenseits des Atlantiks gelegt. Durch den Umgang mit der Corona-Pandemie einerseits, die Reaktion auf Polizeigewalt in den USA andererseits zeigte sich erneut die harte politische Polarisierung, die die demokratische Kultur der Kompromissbildung und Akzeptanz unterschiedlicher Meinungen zersetzt. Diese Krise ist aber nicht auf die USA beschränkt, sondern zeichnet sich auch in europäischen Staaten ab. „Die Polarisierung, die wir in vielen westlichen liberalen Demokratien und insbesondere in den USA beobachten, ist eine besondere Herausforderung für die transatlantischen Beziehungen, denn sie bestärkt einen Rückfall in den Nationalismus und befeuert die populistische Abwertung von transnationalen Bündnissen“, erläutert Johannes Völz, Professor für Amerikanistik an der Goethe-Universität und Mitglied des wissenschaftlichen Direktoriums des Forschungskollegs Humanwissenschaften.

„Sollte Donald Trump Anfang November wiedergewählt werden, laufen viele der Verbindungen zwischen Europa und den USA Gefahr, irreparablen Schaden zu nehmen. Deswegen ist jetzt der richtige Zeitpunkt, nach vorn zu schauen und die transatlantischen Beziehungen so neu zu denken, dass sie auch politisch extrem widrige Zeiten überstehen können. Die Goethe-Universität und das Forschungskolleg Humanwissenschaften sind für eine solche Aufgabe historisch geradezu prädestiniert. Immerhin erhielten die westdeutschen Ministerpräsidenten 1948 im IG-Farbenhaus den Auftrag, eine demokratische Verfassung zu erarbeiten. Demokratie war immer mehr als Verfassung und Wahlen, sie ist eine politische Energie, und als solche verbindet sie Europa und die USA bis heute. Die neue amerikanische Bürgerrechtsbewegung hat mit Stolz registriert, dass jüngst Tausende in deutschen Städten ihre Solidarität mit ‚Black Lives Matter’ demonstriert haben. Solche Impulse zei gen, dass die transatlantischen Beziehungen höchst lebendig sind, und das ist auch der Grund, warum die Bad Homburg Conference den Anfang einer langfristigen Beschäftigung mit Europa und den USA am Forschungskolleg machen soll“, so Johannes Völz weiter.

Im Einklang mit dieser Zielsetzung werden im Rahmen der Konferenz nicht nur die politischen, sozialen und kulturellen Gründe von Polarisierungen betrachtet, sondern auch Perspektiven einer Wiederbelebung der demokratischen Kultur in den USA und Europa. Könnte eventuell die amerikanische Populärkultur mit ihren subversiven Ausdrucksformen einen Ausweg anbieten? Diese Themen werden unter anderem Claus Leggewie, Constanze Stelzenmüller, Michael C. Kimmage, Paula Diehl, Slawomir Sierakowski, Omid Nouripour, Vinzenz Hediger und Verena Lueken diskutieren.

Die Bad Homburg Conferences werden seit 2017 für fünf Jahre vom Forschungskolleg Humanwissenschaften und der Stadt Bad Homburg ausgerichtet. Ziel ist ein Austausch zwischen Vertretern aus Wissenschaft, Politik, Kultur und Öffentlichkeit zu aktuellen gesellschaftlichen Themen.

Dieser Beitrag ist in der Ausgabe 4.20 des UniReport erschienen.

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