Nahezu jeder Stuhl im Casino-Festsaal auf dem Campus Westend ist besetzt. Klemmbrett mit Papier und Stift liegen für jeden bereit. Der Grünstift zum Schreiben und der Rotstift für die Korrekturen danach. Den am wenigsten roten Text hat am Ende Fabienne Ennigkeit, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Sportwissenschaften. Als Teilnehmerin von „Die Goethe schreibt“ ist sie mit nur fünf Fehlern an diesem Abend die beste Diktatschreiberin im ganzen Saal. Sie bewältigt so knifflige Sätze wie „Vor das Entweder-oder gestellt, sollte sie darüber hinaus in puncto Studienwahl am besten immer auf Nummer sicher gehen. Dilettantenhaftes In-den-Tag-hinein-Leben dürfe keinesfalls überhandnehmen.“
Den Diktatwettbewerb holte eine Gruppe von Deutschlandstipendiaten aus allen Fachbereichen erstmals 2015 an die Goethe-Uni; sie organisierte auch die diesjährige Veranstaltung. Die Idee dazu stammt von der Stiftung Polytechnische Gesellschaft, die bereits seit vielen Jahren deutschlandweit Diktatwettbewerbe organisiert und die Veranstalter an der Goethe-Uni als Mentor begleitet. Der Wettbewerb komme ursprünglich aus Frankreich, wo durchschnittlich 10 000 Teilnehmer mitmachen würden, sagt Dr. Roland Kaehlbrandt, Vorsitzender der Stiftung Polytechnische Gesellschaft. Er selbst sei nur teilweise ein guter Diktatschreiber in der Schule gewesen, gibt er zu. „Mit dem Diktatwettbewerb konnten wir ein tolles Veranstaltungsformat an die Hochschule holen“, freut sich Dr. Beate Firla, Projektleiterin Deutschlandstipendium.
Die Veranstaltung sei „eine Gelegenheit, neue Eindrücke über die deutsche und eigene Rechtschreibung zu gewinnen“, erklärte das Moderatorenpaar Melina Adams und Leonard Jürgens beim Startschuss für das Diktat. Bevor er zu lesen begann, machte der Diktant Carl Jamka, bestplatzierter Student im letzten Jahr, noch klar, dass er für Abschreiber vorsorglich schon einmal einen Platz direkt neben sich auf der Bühne freigehalten habe …Die knapp 200 Teilnehmer im Saal, unter ihnen Studierende, wissenschaftliche Mitarbeiter, Professoren, Ehemalige und Verwaltungsmitarbeiter, begannen leise und konzentriert mitzuschreiben. Bei der Auflösung hinterher bestimmten Jubelschreie, Stöhner und kräftiges Raunen die Stimmung.
Unter den Studierenden ermittelte die Jury gleich zwei Gewinner, die sich mit jeweils acht Fehlern den ersten Platz teilen mussten. Theo Herterich, Informatikstudent, knüpfte damit an seine Erfolge aus der Kindheit an: „Ich war schon immer gut in Rechtschreibung, in der Schule hatte ich oft eine Eins im Diktat.“ Mit ihm stand Susanne Roether, Studentin am Fachbereich 08, auf dem Podium. Unter den Professoren machte Melanie Köhlmoos vom Fachbereich 06 das Rennen. Es sei ziemlich überraschend, mit acht Fehlern als Gewinnerin oben auf dem Podium zu stehen, sagte die Theologin. Als bester Fachbereich in Sachen Rechtschreibung stellten sich in diesem Jahr die Rechtswissenschaftler heraus, die mit einer durchschnittlichen Fehlerzahl von 20,6 ganz vorne lagen.
Kleine Randnotiz zum Schluss: Wer es in diesem Jahr nicht geschafft haben sollte, mitzuschreiben, der kann sich mit dem Online-Training schon jetzt für die nächste Runde in 2017 vorbereiten.