Mit Respekt und Toleranz (Kurzprofil Fachbereich Sprach- und Kulturwissenschaften)

Das Dekanekollegium des FB 09: (von links) Studiendekan Prof. Henning Reetz, Dekanin Prof. Elisabeth Hollender und Prodekan Prof. Jost Gippert.

Ob Afrikanistik, Musikwissenschaft, Archäologie oder Kunstpädagogik: Der Fachbereich Sprach- und Kulturwissenschaften vereint mit elf Instituten unterschiedlichste Disziplinen unter einen Dach. Wir stellen ihn mit einem Kurzprofil vor.

Was haben die Disziplinen Afrikanistik, Archäologie oder Koreanistik gemeinsam? Gute Frage, dachten sich einige Mitarbeiter des Fachbereichs Sprach- und Kulturwissenschaften und machten sich im Jubiläumsjahr der Goethe-Universität an die Produktion eines Kurzfilms, der die Institute in all ihrer schillernden Vielfalt darstellen sollte. Als durchgängiges Motiv im Film zu dem übergeordneten Thema »Original. Adaption. Verfälschung.« zeigt sich das Logo des Goethe-Kopfes in Form eines Mosaiks – ein Symbol für den Facettenreichtum des Fachbereichs.

»Im Film wie auch in unserer alltäglichen Arbeit geht es uns nicht darum, unbedingt einen kleinsten gemeinsamen Nenner zu finden«, sagt Elisabeth Hollender, Professorin am Seminar für Judaistik und Dekanin des Fachbereichs. »Vielmehr ist es die Vielfalt der Ansätze in all ihrer Vielsprachigkeit, die die Besonderheit unseres Fachbereichs ausmacht.« Im Fachbereich Sprach- und Kulturwissenschaften sind insgesamt elf Institute organisiert.

Die Bandbreite der wissenschaftlichen Disziplinen reicht von Klassischer Philologie über Empirische Sprachwissenschaft und Sinologie bis hin zu Musikwissenschaft, Judaistik und Kunstpädagogik. Die Zusammensetzung des Fachbereichs von heute geht aus einer Fusion der ehemaligen Fachbereiche Außereuropäische Sprach- und Kulturwissenschaft und Kunst- und Kulturwissenschaften im Jahr 2000 hervor.

2004 kam das Institut für Archäologische Wissenschaften hinzu, 2010 das Institut für Islamwissenschaften, seit 2014 gibt es außerdem eine von der Korea Foundation finanzierte Professur für Koreanistik. In den Jahren von 2005 bis 2007 musste sich der Fachbereich im Zuge der Ausbildung kleiner geisteswissenschaftlicher Zentren an hessischen Universitäten von den Fächern Orientalistik, Slavistik und Turkologie trennen, während die Ostasienwissenschaften durch drei neue Professuren gestärkt wurden.

Die damals ebenfalls geplante Auslagerung des Seminars für Judaistik führte inner- und außerhalb der Universität zu einer breiten Diskussion, an deren Ende die Entscheidung stand, dass das Seminar aufgrund der Geschichte der Universität als Stiftungsuniversität und ihrer Verbundenheit zum jüdischen Bürgertum Frankfurts im Fachbereich verblieb.

Kleine Fächer mit großer Reichweite

»Wir sind ein Fachbereich, der unter seinem Dach viele kleinere Fächer beherbergt«, sagt Prodekan Prof. Jost Gippert, Geschäftsführender Direktor des Instituts für Empirische Sprachwissenschaft. »Nichtsdestotrotz zählen wir mit einem Drittmittelerwerb von 5,8 Millionen Euro allein im letzten Jahr zu einem der forschungsstärksten Fachbereiche der Universität und bedienen auch mit kleinen Strukturen große Forschungsfelder.«

So muss das Institut für Afrikanistik seit fast 20 Jahren mit faktisch nur einer besetzen Professur auskommen und deckt dabei das Forschungsgebiet eines ganzen Kontinents mit über 2.000 Sprachen ab. Um dem besser gerecht werden zu können, hat das Institut im Rahmen der Allianz der Rhein-Main-Universitäten eine Kooperationsvereinbarung mit dem Institut für Ethnologie und Afrikastudien der Universität Mainz geschlossen, um für Forschende und Studierende innerhalb der bestehenden Strukturen die Möglichkeiten ihrer Arbeit zu erweitern.

Darüber hinaus ist die Frankfurter Afrikanistik, wie viele der Institute am Fachbereich, in übergeordneten Forschungszentren involviert, die Forschungskapazitäten zu einem bestimmten Thema oder einer bestimmten Region über die Instituts- oder Fachbereichsgrenzen hinaus organisieren. Im Falle der Afrikanistik steht hierfür das Zentrum für Interdisziplinäre Afrikaforschung (ZIAF).

Weitere Zentren, in denen Institute des Fachbereichs 09 vertreten sind, sind das Interdisziplinäre Zentrum für Ostasienstudien (IZO), das Forschungskolleg Humanwissenschaften oder das Centrum für Digitale Forschung in den Geistes-, Sozial- und Bildungswissenschaften (CEDIFOR). Durch die internationale Aufstellung vieler Institute erlangt der Fachbereich eine Reichweite, die sich in fast die ganze Welt erstreckt.

Die Datenbank TITUS des Instituts für Empirische Sprachwissenschaft wird weltweit genutzt. Wissenschaftliche Sammlungen wie die Klavierrollensammlung vom Institut für Musikwissenschaft oder das Oswin-Köhler- Archiv (OKA) am Institut für Afrikanistik vereinen Exponate aus aller Welt.

Dezentrale Strukturen

Die fachliche Diversität des Fachbereichs, in dem die einzelnen Institute unterschiedlichste Anforderungen haben, erfordert auch in der Dachstruktur organisatorische Maßnahmen, die von dem anderer Fachbereiche abweichen.So sind viele Angelegenheiten, die in anderen Fachbereichen zentral erledigt werden, in den Sprach- und Kulturwissenschaften dezentral organisiert. »Viele unserer Fächer funktionieren so unterschiedlich, dass es keinen Sinn macht, Studienberatung oder Evaluationen für den gesamten Fachbereich anzubieten«, sagt Studiendekan Prof. Henning Reetz.

Aufgaben wie die Studiengangskoordination oder das Ernennen von BAföG-Beauftragten, die sonst auf Fachbereichsebene angelegt sind, werden von den Instituten selbst erledigt. »Der Vorteil dieser dezentralen Organisation ist, dass die Studierenden der Institute sehr engen Kontakt zu ihren Lehrenden haben«, sagt Reetz. »Ich jedenfalls kenne die meisten meiner Studierenden persönlich.«

Die dezentrale Organisation des Fachbereichs findet ihren Ausdruck auch in der räumlichen Verbreitung auf dem Campus. Die Institute befinden sich sowohl auf dem Campus Westend, als auch auf dem alten Campus Bockenheim, in letzterem in drei unterschiedlichen Gebäuden: im Juridicum, der Neuen Mensa und in der Sophienstraße. Das führt dazu, dass sich die Kollegen des Fachbereichs im Alltag nicht oft über den Weg laufen.

Umso wichtiger ist es daher, dass gemeinsame Zusammenkünfte gut organisiert sind. Der Fachbereich legt daher großen Wert darauf, dass bei Sitzungen von Gremien mit satzungsmäßig begrenzter Mitgliederzahl auch Nicht-Mitglieder anwesend sein dürfen, um die Beteiligung und das Interesse von Instituten, die gerade nicht vertreten sind, zu fördern. »Im Fachbereichsrat haben wir wegen der begrenzten Anzahl von Räten ein rotierendes Besetzungssystem, in dem nach Möglichkeit alle Institute berücksichtig werden«, erklärt Dekanin Elisabeth Hollender.

Seit 2003 arbeitet der Fachbereich zudem mit einem internen Mittelverteilungsmodell, bei dem nach Leistungsparametern eingeworbene Gelder nahezu eins zu eins an die Institute weitergeleitet werden. Damit gehen möglichst wenig Mittel im übergeordneten Verwaltungsapparat verloren. »Trotz der unterschiedlichen Interessen, die die einzelnen Institute unseres Fachbereichs mitbringen, pflegen wir das Konsensprinzip«, sagt Elisabeth Hollender.

»Mit Respekt vor den Interessen der anderen und kollegialer Solidarität untereinander treffen wir trotz aller Diversität gemeinsam Entscheidungen, die von allen getragen werden können. Das ist etwas, worauf wir sehr stolz sein können.«

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Die elf Institute des Fachbereichs:

• Institut für Afrikanistik
• Institut für Archäologische Wissenschaften
• Institut für Empirische Sprachwissenschaft
• Institut für Klassische Philologie
• Institut für Kulturanthropologie und Europäische Ethnologie
• Institut für Musikwissenschaft
• Ostasiatische Philologien (Japanologie, Sinologie, Südostasienwissenschaften, Koreastudien)
• Kunstgeschichtliches Institut
• Seminar für Judaistik
• Institut für Studien der Kultur und Religion des Islams
• Institut für Kunstpädagogik

Mitarbeiter: 43 Professorinnen/Professoren, 179 wissenschaftliche Mitarbeitende in Voll- und Teilzeit

Studierendenzahlen: 3.683 Köpfe, zirka 7.000 Fälle

Drittmittelerwerb im Jahr 2016: zirka 5,8 Mio. Euro

Film über den Fachbereich 09: http://youtu.be/3zeTFoK4Owg

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[Autorin: Melanie Gärtner]

Dieser Artikel ist in der Ausgabe 1.17 der Mitarbeiterzeitung GoetheSpektrum erschienen.

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