Biowissenschaften: Bei der Partnerwahl achten Fische auf die Persönlichkeit

Die Besitzer eines Haustieres sind schon lange davon überzeugt, nun werden sie durch die Wissenschaft bestätigt: Auch Tiere haben Persönlichkeit. Eine an der Goethe-Universität entstandene Studie belegt, dass selbst bei Fischen eigene Persönlichkeitsmerkmale, aber auch die des potenziellen Partners bei der Wahl des „Bräutigams“ entscheidend sind.

Von Wirbeltieren bis hin zu Krebsen und Spinnen zeigen Individuen konsistente Verhaltenstendenzen, die sie von anderen Artgenossen unterscheiden. Das bestuntersuchte Persönlichkeitsmerkmal im Tierreich ist die Risikobereitschaft. Bei dem kleinen Süßwasserfisch Poecilia mexicana, der vorrangig in den Flüssen Mexikos lebt, ist eine große Spannweite von extrem schüchternen bis sehr mutigen Individuen zu finden. Beides kann Vorteile haben: Während schüchterne Fische seltener Gefahr laufen, von räuberischen Fischen und Vögeln gefressen zu werden, sind mutigere Gesellen oft effizienter bei der Nahrungssuche.

Doch mutige Männchen haben auch Vorteile in der Partnersuche, wie eine Studie von Dr. Carolin Sommer-Trembo und Kollegen der Goethe-Universität Frankfurt zeigt. Weibchen und Männchen wurden zunächst mit Hilfe von Verhaltenstests auf der Skala von schüchtern bis mutig eingestuft. Anschließend durften Weibchen sich in Partnerwahltests für eines von zwei Männchen entscheiden, die sich in ihrer Risikobereitschaft unterschieden. Damit die Weibchen nicht zu sehr von anderen Kriterien beeinflussen ließen, wurden die beiden Männchen so ausgesucht, dass sie sich in anderen äußerlichen Merkmalen wie Körperform, Färbung und Größe fast vollständig glichen.

Die Ergebnisse schienen eindeutig: Mutige Männchen haben stets die Nase vorn. Doch bei genauerer Betrachtung spielte auch die Risikobereitschaft der wählenden Weibchen in die Entscheidung mit hinein. Mutige Weibchen zeigten die stärkste Präferenz für mutige Männchen, während die Präferenz bei schüchternen Weibchen schwächer ausfiel. Sind mutige Männchen also für alle Weibchen attraktiver oder haben auch die weniger Couragierten eine Chance nach dem Motto „Gleich und Gleich gesellt sich gern“? Die Studie zeigt, dass beide Mechanismen ineinandergreifen und dass, wie so oft, die Wahrheit in einem Sowohl-als-Auch besteht.

Publikation: Sommer-Trembo C, Schreier M, Plath M (2020) Different preference functions act in unison: mate choice and risk-taking behaviour in the Atlantic molly (Poecilia mexicana). Journal of Ethology, DOI: 10.1007/s10164-020-00643-5

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