Forschung und Lehre hautnah erfahren, für ein paar Tage an einer richtigen Universität forschen, selbst Hand anlegen und erleben wie Wissenschaft funktioniert – Programme wie die Schülerlabore an den naturwissenschaftlichen Fachbereichen, die junge Menschen schon in der Schulzeit an die Universität heranführen und für die dort verhandelten Fragen begeistern, erfreuen sich an Schulen großer Beliebtheit.
Die Goethe-Universität beschreitet auf diesem Feld nun neue Wege und wagt mit dem GoetheLab eine großangelegte, interdisziplinäre Herangehensweise an die drängenden Fragen unserer Zeit. »Mit den fachbereichsbezogenen Schülerlaboren in Biologie, Chemie und Physik konnten wir in den letzten Jahren viele Schülerinnen und Schüler an die Arbeitsweisen heranführen, mit denen wir uns in den naturwissenschaftlichen Fächern den Fragen der Forschung nähern«, sagt Prof. Arnim Lühken, Geschäftsführender Direktor am Institut für Didaktik der Chemie und Sprecher des GoetheLabs.
»Bisher waren mit diesen Angeboten aber nur die naturwissenschaftlichen Disziplinen abgedeckt. Mit dem GoetheLab gehen wir einen Schritt weiter und kombinieren erstmals naturwissenschaftliche als auch geistesund gesellschaftswissenschaftliche Ansätze. Schüler so multiperspektivisch an Forschung heranzuführen ist bisher an keiner Universität so systematisch umgesetzt worden wie im GoetheLab der Goethe-Universität.«
Die Idee für das transdisziplinäre Projekt wurde 2013 im Vorfeld des 100. Jubiläums der Goethe-Universität von Vizepräsident Prof. Enrico Schleiff angeregt. Eine Gruppe engagierter Professorinnen und Professoren setzte sich dafür ein, dass die Idee zum funktionierenden Projekt wurde. Teil dieser Gruppe, die sich in der Organisation des Projektes engagiert, ist Prof. Antje Schlottmann vom Institut für Humangeographie. Sie ist als Gesellschaftswissenschaftlerin von der Wichtigkeit des transdisziplinären Ansatzes überzeugt.
»Die komplexen Herausforderungen unserer Zeit erfordern immer mehr, dass wir primär problemorientiert, nicht disziplinär, an die Fragen herangehen«, sagt sie. »Im GoetheLab vermitteln wir den Schülerinnen und Schülern diese Idee moderner Wissenschaftsorganisation von Anfang an. Wir stellen ihnen ein aktuelles und relevantes Thema vor und erschließen dann, was welche Disziplin für die Lösung des Problems beitragen kann. Die Sozialwissenschaften sind da von Anfang an mit dabei.« Das übergreifende Thema des aktuellen Konzepts ist Mobilität. In drei Teilprojekten können sich die Schülerinnen und Schüler unterschiedlichen Fragestellungen zuwenden und dabei die Arbeitsweisen verschiedener Disziplinen kennenlernen.
Im Teilprojekt »Biomechanik – So bewegt sich der Mensch« arbeiten die Fachbereiche Biologie, Sport und Physik zusammen, bei dem Thema »Biotreibstoffe – Vom Feld in den Tank« kooperieren Biologen, Chemiker und Geographen, und bei der Frage »Wege ins Stadtgrün – Wohin geht’s?« werden Ansätze aus Biologie, Geographie und der Kunst zusammengeführt. Das Programm ist auf eine Woche angelegt.
Nach einer gemeinsamen Einführung zum Dachthema teilen sich die Schüler in den folgenden Tagen in Gruppen auf und widmen sich jeweils einen Tag einer Disziplin und deren Herangehensweisen an das Thema. Beim Teilprojekt »Wege ins Stadtgrün « entdecken die Schüler beispielsweise unter kunstpädagogischer Anleitung die ästhetische Gestaltung des Raums, stellen mit Hilfe eines Biologen durch die städtische Begrünung den Grad an Luftverschmutzung fest und lernen in einem von einem Humangeographen geführten Rollenspiel die raumplanerischen Möglichkeiten bei der Verteilung von Stadtgrün.
Das erste GoetheLab fand im Sommer 2014 als Pilotprojekt statt. In diesem Jahr ging es vom 11. bis 14. Juli in die zweite Runde, dabei wurde das GoetheLab um ein weiteres Teilprojekt zum Thema Datenmobilität erweitert. Das GoetheLab fand dieses Mal nicht nur auf dem Campus Riedberg, sondern auch auf dem Campus Westend statt. Da die Organisation von der Koordination der Fachbereiche über die Logistik zwischen den Standorten bis zur Absprache mit den Schulen viel Aufwand erfordert, wurden zu Beginn des Jahres 2016 zwei auf drei Jahre angelegte Teilzeitstellen geschaffen.
Für die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen, die sich nun um die Organisation und Evaluation des GoetheLabs kümmern, stellte die Arbeitsstelle für Mathematik, Informatik, Lebens- und Naturwissenschaften (MiLeNa) bislang 90.000 Euro zur Verfügung. Die Lehrstühle von Prof. Paul Dierkes (Didaktik der Biowissenschaften) und Prof. Antje Schlottmann (Didaktik der Geographie) kofinanzieren diese Stellen. Im Gespräch ist zudem, die Aufgaben im Bereich Schülermarketing mit der Einrichtung eines gemeinsamen Schülerlaborzentrums in der Werkstattzentrale am Campus Riedberg zu zentralisieren.
Der Aufwand für das Projekt lohnt sich, findet Schlottmann. »In dem geschützten Bereich eines Schülerlabors erproben wir die Strukturen einer transdisziplinären Arbeitsweise, die in Zukunft auch in größeren Zusammenhängen funktionieren könnte«, sagt sie. Einen Mehrwert für die Kooperation der Fachbereiche hatte die Zusammenarbeit bereits. So veröffentlicht die Zeitschrift »der mathematische und naturwissenschaftliche Unterricht« (MNU) in Kürze ein ganzes Themenheft zu den integrativen Projekten des GoetheLab.
[Autorin: Melanie Gärtner]
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Die neuen Mitarbeiterinnen des GoetheLabs
Tamara Postelt (links) erwarb das erste Staatsexamen für Realschullehramt in den Fächern Geographie, Deutsch und Religion und machte anschließend ihren M.A.-Abschluss für Geographie-Didaktik an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg. Seit Januar 2016 ist sie im Rahmen des GoetheLabs mit einer halben Stelle am Institut für Didaktik der Geographie beschäftigt.
Nicola Felka hat zwei Masterstudiengänge in den Fachrichtungen Geschichte und Biowissenschaften an der Goethe-Universität in Frankfurt und der Phillips-Universität in Marburg absolviert. Seit Januar 2016 ist sie im Rahmen des GoetheLabs mit einer halben Stelle am Institut für Didaktik der Biowissenschaften beschäftigt.
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Dieser Artikel ist in der Ausgabe 2.16 der Mitarbeiterzeitung GoetheSpektrum erschienen.