Atomphysiker Reinhard Dörner von der Goethe-Universität erhält ERC Advanced Grant     

Für die Entwicklung einer neuen Forschungsapparatur, mit der sich Elektronenwellen vermessen lassen, erhält Professor Reinhard Dörner vom Europäischen Forschungsrat (European Research Council) einen ERC Advanced Grant in Höhe von rund 2,5 Millionen Euro. Zusammen mit seinem Team will Dörner herausfinden, was auf quantenmechanischer Ebene bei der Freisetzung von Elektronen aus Atomen geschieht, der Photoionisation.

Prof. Dr. Reinhard Dörner, Goethe-Universität.

Präsident Prof. Enrico Schleiff gratulierte dem ERC-Preisträger: „Prof. Dörner ist ein ausgezeichneter Wissenschaftler, der seit vielen Jahren die Entwicklung der Atomphysik im internationalen Raum mitprägt. Schon als Doktorand war Prof. Dörner Ende der 1980er-Jahre an der Entwicklung des COLTRIMS-Reaktionsmikroskops in Frankfurt beteiligt, das heute in einzigartigen Experimenten genutzt wird, um quantenphysikalische Effekte in Molekülen und Atomen mit bis dato unerreichter Genauigkeit zu vermessen. Mit seiner grundlagenorientierten Forschung trägt er entscheidend zum Verständnis der quantenphysikalischen Naturgesetze bei, die genauso für viel größere Systeme relevant sind, zum Beispiel für Quantencomputer oder Quantenmaterialien. Aber er ist auch weit über die Forschung der Wissenschaft verpflichtet, so lebt er unter anderem als Studiendekan des Fachbereichs das Selbstverständnis, dass exzellente Forschung und innovative Lehre zwei Seiten einer Medaille sind. Dass sich Prof. Dörner im äußerst kompetitiven Auswahlverfahren der ERC Grants durchsetzen konnte, ist hoch verdient.“

Prof. Dr. Reinhard Dörner wird in seinem ERC-Projekt „Timing-Free Phase: Phase, Zeit und Korrelationen in freien Elektronenwellenpaketen“ Elektronen untersuchen, die über den photoelektrischen Effekt durch intensives Licht aus Atomen herausgeschlagen werden. Elektronen verhalten sich nicht nur wie Teilchen, sondern gleichzeitig auch wie Wellen. Während die Höhe der Wellenberge solcher Elektronen, die Amplitude, gut gemessen werden kann, ließ sich die zeitliche Abfolge der Wellenberge oder Phase – wo befinden sich die Wellenberge zu einem Zeitpunkt – bislang nicht bestimmen. Kürzlich ist es Dörner und seinem Team erstmals gelungen, diese Phase von Elektronenwellen sichtbar zu machen. Teil des Versuchsaufbaus war das Frankfurter COLTRIMS-Reaktionsmikroskop. Im ERC-Projekt will er nun auf Basis dieses Experiments ein Gerät bauen – ein sogenanntes Lichtfeld-Interferometer – mit dem in Kombination mit dem COLTRIMS-Reaktionsmikroskop die Elektronenwellen noch genauer untersuchen. Ziel ist es unter anderem zu beobachten, wie Elektronen sich in kürzester Zeit von Quantenteilchen in normale Teilchen verwandeln und der von Einstein so genannten „spukhaften“ Verschränkung zwischen verschiedenen Teilchen auf die Spur zu kommen.

Prof. Dr. Reinhard Dörner, Jahrgang 1961, forscht und lehrt seit 2002 als Professor für experimentelle Atomphysik am Institut für Kernphysik der Goethe-Universität, dessen stellvertretender Direktor er ist. An der Goethe-Universität engagiert er sich zudem als Studiendekan. Für seine Beiträge zur Entwicklung der COLTRIMS-Messmethode verlieh ihm die Deutsche Physikalische Gesellschaft 2015 den Robert-Wichard-Pohl-Preis, 2016 wurde er mit dem Helmholtz-Preis des Helmholtz-Fonds geehrt. Dörner forscht in der Atom- und Molekülphysik und interessiert sich besonders für die Vielteilchendynamik. Zusammen mit seinem Team führt er Experimente in Frankfurt sowie an den hellsten Röntgenlichtquellen weltweit von Hamburg und Berlin bis Paris, Grenoble, Berkeley oder im schwedischen Lund durch. Im Zentrum seiner Arbeiten steht die Atom- und Molekülphysik in starken Laserfeldern und Röntgenlicht mittels kinematisch vollständiger Experimente mit COLTRIMS-Reaktionsmikroskopen.

Der Europäische Forschungsrat (European Research Council, ERC) ist eine von der Europäischen Kommission eingerichtete Institution zur Finanzierung grundlagenorientierter Forschung. Er besteht seit 2007 unter mehreren EU-Rahmenprogrammen für Forschung und Innovation. An seiner Spitze steht der Scientific Council, ein Gremium internationaler Spitzenwissenschaftlerinnen und –wissenschaftlern, der für die strategische Ausrichtung des ERC verantwortlich ist.

Mit den ERC Advanced Grants fördert der ERC bahnbrechende Forschungsvorhaben von erfahrenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Für die Projekte erhalten sie bis zu 2,5 Millionen Euro über einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren. https://erc.europa.eu/funding/advanced-grants

Hintergrund: Quanteneffekte bei Elektronenwellen sichtbar gemacht (2024)

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