Alumni im Porträt: Souâd Benkredda

Souâd Benkredda (Vorstandsmitglied DZ Bank)

Strukturierte Zins- und Währungsprodukte, Corporate und Investment Banking, Head of Financial Markets: Alles, was Souâd Benkredda (46) in mehr als 20 Jahren in der Finanzbranche gemacht und verantwortet hat, steht für knallhartes Geldgeschäft, für Konkurrenz, für Aggressivität. Investmentbanking – Inbegriff einer Männerdomäne, in der man die zierliche Frau nicht unbedingt vermutet. Ihre offene, kontaktfreudige und kommunikative Art steht in scharfem Kontrast zu ihrem Beruf, ist aber bei Benkredda kein Widerspruch. Souâd Benkredda überrascht und überzeugt durch ihr kooperatives Auftreten, ihre Authentizität und ihren Charme. Sie fokussiert sich auf ihre eigenen Stärken, geleitet von einem festen – sozialen und religiösen – Wertesystem, das wie ein untrüglicher innerer Kompass wirkt, für den sie keine Kompromisse eingeht. Harte Arbeit und ein hohes Maß an Selbstdisziplin gehören für die gebürtige Frankfurterin mit algerischen Wurzeln dazu. Ihr sei nichts einfach in den Schoß gefallen, resümiert sie. Souâd Benkredda hat einen verantwortungsvollen Job in Dubai aufgegeben, um als Vorstandsmitglied der genossenschaftlichen DZ BANK noch mehr »Impact« zu haben, wie sie sagt. Benkredda kehrt damit in ihre Heimatstadt Frankfurt am Main zurück, wo sie 2001 ihre Karriere bei der Deutschen Bank begann. Nach ihrem Studium an der Goethe-Universität und der Universität Paris Dauphine bekleidete sie bei Deutschlands größtem Finanzinstitut verschiedene Führungspositionen im Kapitalmarktgeschäft, unter anderem in den Bereichen Strukturierung, Vertrieb und Kundenbetreuung in Frankfurt und London. 2017 wechselte sie zur Standard Chartered Bank, wo sie zunächst das Financial Markets Geschäft im Mittleren Osten und Nordafrika mit Sitz in Dubai verantwortete. Ab 2020 war Souâd Benkredda als Global Head of Strategic Investor Group Sales für die Betreuung institutioneller Kunden bei der Standard Chartered Bank zuständig. Die gebürtige Frankfurterin ist verheiratet und Mutter von Zwillingen.

Frau Benkredda, seit September 2022 sind Sie im Vorstand der DZ BANK für das internationale Kapitalmarktgeschäft verantwortlich. Zuvor waren Sie als Privatbankerin in Dubai tätig. Was reizt Sie an Ihrer neuen Aufgabe bei einer genossenschaftlichen Bank?

Mehrere Dinge sprechen mich an. Da sind zum einen die genossenschaftlichen Werte. Eine Bank, die sich als Partner der Menschen in der Region versteht, das finde ich sehr schön. Beeindruckt hat mich auch, dass die DZ Gruppe durch ihre regionale Verankerung beim Thema Nachhaltigkeit schon sehr weit ist. Das Thema Nachhaltigkeit ist mir persönlich sehr wichtig. Das müssen wir gemeinsam für die nächsten Generationen vorantreiben. Dann habe ich die beiden Co-Vorstandsvorsitzenden Uwe Fröhlich und Dr. Cornelius Riese sowie den Aufsichtsratsvorsitzenden Henning Deneke-Jöhrens kennengelernt und wir waren uns auf Anhieb sympathisch. Die Gespräche waren sehr offen, ehrlich und authentisch. Die Kollegen wussten, dass sie mit mir jemanden ohne Stallgeruch in die Bank holen. Und genau das wollten sie: Jemanden, der einen anderen Blick auf die Dinge und andere Ideen mitbringt. Es ist die Mischung aus all diesen Faktoren, die es mir hoffentlich ermöglicht, positiv mitzuwirken und somit auch Akzente zu setzen.

Ihr Führungsstil gilt als mitarbeiterzentriert. Warum ist Ihnen das wichtig?

Ich bin davon überzeugt, dass Ideenvielfalt der Schlüssel zum Erfolg eines Unternehmens ist. Wenn man als Führungskraft Verantwortung trägt, ist es sehr wichtig, das Team in die Themen einzubeziehen und wirklich zuzuhören. Natürlich bin ich diejenige, die am Ende die Entscheidung trifft und die Verantwortung dafür trägt. Mich interessiert aber der Weg dahin und den gehen meine Kolleginnen und Kollegen mit mir gemeinsam. So bekomme ich viele unterschiedliche Informationen und auch Ideen, auf die ich allein vielleicht gar nicht gekommen wäre. Wenn man kollegial und kooperativ miteinander umgeht und allen eine Stimme gibt, entsteht eine ehrliche und vertrauensvolle Beziehung.

Sie sind 2018 von der Financial Times in die Liste der 100 weltweit führenden Frauen in der Wirtschaft aufgenommen worden, 2020 schafften Sie es unter die »Top 50 champions of women in business globally«. Wie kam es dazu?

Das war eine große Ehre für mich. Eine schöne Geschichte. Nicht, dass ich überhaupt in dieses Ranking aufgenommen wurde, sondern warum. Es war eine junge Mitarbeiterin, die mich bei der Financial Times nominierte. Als ihre – eher inoffizielle – Mentorin konnte ich sie auf ihrem Karriereweg unterstützen. Sie fand meine Ideen so hilfreich, dass sie mein Engagement für preiswürdig hielt.

Sie sind Diplom-Betriebswirtin mit einem Doppel-Abschluss der Goethe-Universität Frankfurt und der Universität Paris Dauphine. Eigentlich aber wollten Sie Psychologie und Sprachen studieren. Woher kam der Sinneswandel?

Das stimmt. Da ich die Erste in meiner Familie war, die studiert hat, und hierin sehr von meinen Eltern und beiden Geschwistern unterstützt wurde, gab es keinen Druck, ein bestimmtes Fach zu wählen. Meine Schwester riet mir allerdings damals, meiner Leidenschaft für Sprachen und Psychologie im späteren Berufsleben praktisch nachzugehen und vorher etwas Allgemeineres wie BWL zu studieren, was mir eine Kombination aus allem ermöglichen würde. Noch heute bin ich meiner Schwester für ihren Rat sehr dankbar. Nach ein paar Monaten BWL-Studium habe ich dennoch zusätzlich ein Psychologiestudium begonnen, weil mich das sehr fasziniert hat und immer noch fasziniert. Psychologie habe ich dann auch eine Weile studiert, musste es aber aufgeben, als ich für das Doppel-Diplomstudium mit der Universität Paris Dauphine ausgewählt wurde. Sprachen sind übrigens meine andere große Leidenschaft. Durch meine algerischstämmige Familie bin ich mit Arabisch und Deutsch aufgewachsen, Französisch, Englisch und Italienisch habe ich zusätzlich gelernt.

Wer oder was beeindruckte Sie nachhaltig während Ihres Studiums an der Goethe-Universität?

Ich habe der Universität viel zu verdanken. Die Zeit war schön und spannend zugleich: die Freiheiten, die ein Studium an der Goethe-Universität bietet, tolle Professoren wie zum Beispiel Reinhard Hujer, der mir mit seiner sehr pragmatischen Art alles erklärte, was ich nicht wusste, und mich unterstützte. Ich habe sogar die überfüllten Hörsäle genossen. Auf dem Boden sitzend sog ich diese akademische Atmosphäre des Wissens und der Freiheit förmlich in mich auf und tauchte tief in das universitäre Leben ein. Später habe ich bei Professor Hujer als Tutorin für Statistik und noch später als studentische Hilfskraft am Lehrstuhl von Professor Wahrenburg gearbeitet. Und dann ist da noch Bianka Jäckel, die Leiterin des Büros für internationalen Austausch am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften. Sie hat mir sehr geholfen, mich für Paris zu bewerben und Lösungen für die Finanzierung meines Auslandsaufenthalts zu finden. Schließlich war es für eine junge Frau aus einer algerischen Einwandererfamilie damals nicht unbedingt normal, ins Ausland zu gehen. Sie hat sich unglaublich gekümmert und war ein Anker in dieser großen Universität. In Paris war es übrigens genau andersherum als an der Goethe-Universität – sehr verschult, sehr streng, kaum Freizeit. Das hat uns in gewisser Weise auf den späteren Berufsalltag vorbereitet. Aber das fand ich auch toll. Ich bin der Typ für beides, Freiheit und Disziplin.

Sie sind im Frankfurter Nordend aufgewachsen, einem überwiegend linksliberal-bürgerlichen Stadtviertel. Wie hat Sie das geprägt?

Es war unglaublich erfrischend und bereichernd, in dieser Atmosphäre aufzuwachsen. Ich ging auf die Musterschule, eines der Gymnasien, die Französisch als erste Fremdsprache anboten. Dass wir gut Französisch sprechen, war meinen aus Algerien stammenden Eltern wichtig. In intellektueller Hinsicht habe ich die Schule als sehr anregend empfunden. Es gab offene Diskussionen und eine große Meinungsvielfalt unter den Mitschülerinnen und Mitschülern. Insgesamt hatte ich eine unbeschwerte Kindheit und Jugend in einem sicheren Umfeld. Ich bin am Friedberger Platz aufgewachsen, in dem Gebäude, in dem sich heute noch die Frankfurter Volksbank befindet. So schließt sich der Kreis (lacht).

Welches Leitmotiv begleitet Sie durch das Leben?

Ich bin ein sehr gläubiger Mensch. Ob man es nun Gott, Universum oder eine gute Kraft nennt – ich bin da weder dogmatisch noch missionarisch – alles, was ich getan habe und tue, ist für mich ein Geschenk Gottes. Ich trauere nicht dem nach, was ich nicht habe, sondern mache immer das Beste aus der Situation. Ich bin dankbar für die Möglichkeiten.

Das Interview führte Heike Jüngst. Bild: DZ Bank

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