Internationale Großexkursion von Masterstudierenden der Physischen Geographie in Togo
Lernen und Forschen vor Ort, im Gelände und unmittelbar am geographischen Objekt: Für angehende Geographinnen und Geographen gehört das zu den grundlegenden Arbeitstechniken. Im Masterstudiengang Physische Geographie an der Goethe-Universität vermittelt das verbindliche Seminar »Regionale Geographie« die Fachkenntnisse dafür. Nach einem vorbereitenden Theoriesemester ist die von der Freundesvereinigung geförderte Studienexkursion der abschließende Höhepunkt. Wer bei Jürgen Runge den Kurs belegt, reist nach Afrika, im Frühjahr 2023 ins westafrikanische Togo. Der Professor für Geoökologie und Physische Geographie kennt die ehemalige deutsche Kolonie seit 40 Jahren.
Schwül und bunt, laut und staubig – der erste Eindruck nach der Landung in der Hauptstadt Lomé: Togo ist voller Leben. Wer noch nie in Zentral- oder Westafrika war, ist erst mal ein wenig erschlagen. Chaos scheint aus nordeuropäischer Sicht an der Tagesordnung, außerhalb der Stadtgrenzen von Lomé ist die Infrastruktur vielerorts schlecht. Es sind nicht viele deutsche Studierende, die sich nach Subsahara-Afrika wagen. Doch nur durch den direkten Kontakt könne man Menschen, Kultur und Natur kennenlernen, sagt Jürgen Runge. »Wir bilden an der Goethe-Universität künftige Führungskräfte aus, die möglicherweise in der Außenpolitik, Wirtschafts- und Entwicklungszusammenarbeit in verantwortlicher Position sein werden. Für echte Begegnungen und gegenseitiges Verständnis reichen da Videokonferenzen nicht aus.« Man müsse sich schon mal die Hand schütteln können, gemeinsam essen und ein Bier trinken. Kulturgeographische Projekte nennt Runge das. In 20 Jahren an der Goethe-Universität führte der Afrika-Experte bereits fünf Mal seine Studierenden durch Togo.
Kleines Land, große geographische Vielfalt
Während 17 Tagen lernten die Studienteilnehmenden das kleine afrikanische Land – kleiner als Bayern – vor allem jedoch naturgeographisch kennen. Beginnend in der Hauptstadt Lomé, durchquerten 14 Studierende aus Frankfurt gemeinsam mit 9 Studierenden der nordtogolesischen Partneruniversität Kara das Land: von den feuchttropischen und heißen Geozonen im Süden mit seinen Bergregenwäldern bis zu den trockenheißen Savannenregionen im Norden. Tropische Geomorphologie, Bodenkunde, Pflanzenkunde und Landnutzung standen im Fokus. Erdgeschichtlich alte geologisch-tektonische Strukturen beeinflussen bis heute Verkehr, Gütertransport und Kleinbauern, die Subsistenzwirtschaft betreiben. Ein physiogeographisches Profil anzulegen, gehörte für die Studierenden mit zum Programm. Verzichtet wurde diesmal darauf, bis zur nördlichsten Grenze von Togo vorzudringen. Gerüchte über marodierende Islamisten aus dem angrenzenden Burkina Faso ließen Vorsicht walten. Stattdessen gab es Tagesexkursionen in die Kabyé-Berge zu den »Steinbauern«, das Eisenerzgebiet bei Bandjeli und die Sandablagerungen am Fluss Kéran.
Klimawandel eine globale Aufgabe
Eine der wichtigsten Erkenntnisse dieser Exkursion: Die Teilnehmenden konnten unmittelbar die Folgen von Klimawandel und Landnutzung der wachsenden Bevölkerung in Westafrika nachvollziehen. Das Thema Klimawandel mache einmal mehr deutlich, wie sehr Europa und Afrika aufeinander angewiesen sind, sagt Jürgen Runge. Er wünsche sich entsprechend einen viel intensiveren Austausch zwischen Deutschland und den Ländern des afrikanischen Kontinents. »Auch bei uns an der Goethe-Universität ist da noch Luft nach oben«, findet Runge. »Von unseren rund 45.000 Studierenden kommen nur vielleicht 500 aus Afrika, die Mehrzahl von ihnen aus dem Maghreb. Dabei hat Afrika südlich der Sahara ein ungeheures Potenzial an wissbegierigen und gebildeten jungen Menschen.« Einen guten Anfang hat Runge erreicht: Die Goethe-Universität und die Universität Kara kooperieren über das Zentrum für interdisziplinäre Afrikaforschung (ZIAF) seit 2016 miteinander. In Studium, Lehre und Forschung. Das ist vertraglich festgehalten.
Autorin: Heike Jüngst; Bilder: Jürgen Runge