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Serie Seniorprofessuren / Prof. Rainer Voßen im Interview

Wer sind eigentlich die knapp 30 Seniorprofessorinnen und –professoren an der Goethe-Universität, die sich auch nach ihrer Pensionierung noch in der Lehre engagieren? In einer mehrteiligen Serie werden sie hier vorgestellt. 

Um die Betreuungsrelationen zu verbessern und ein zusätzliches hochqualifiziertes Lehrangebot anbieten zu können, besteht seit Ende 2009 an der Goethe-Universität die Möglichkeit, Seniorprofessuren einzurichten. Pensionierte oder emeritierte Professorinnen und Professoren der Goethe-Universität oder anderer Universitäten mit ausgewiesener Lehrkompetenz kommen für eine Seniorprofessur infrage und können somit auch nach ihrer Pensionierung weiterhin in der Lehre tätig sein. Das Lehrdeputat liegt zwischen vier und acht Semesterwochenstunden und schließt die Verpflichtung zu prüfen ein.

Teil 9 – Prof. Rainer Voßen

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Prof. Rainer Voßen (66) ist seit dem Wintersemester 2017/18 Seniorprofessor am Institut für Afrikanistik der Goethe-Universität. Sein Lehrdeputat beträgt vier Semesterwochenstunden.

 

 

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Herr Prof. Voßen, wie kam es zu der Entscheidung für eine Seniorprofessur und was war Ihre Motivation, sich für weitere Lehrjahre an der Goethe-Uni zu entschieden, statt Ihre freie Zeit zu genießen?

Diese Frage ist für mich leicht zu beantworten: Ich fühle mich Institut und Fachbereich auch im Ruhestand emotional eng verbunden und habe Freude am Unterrichten. Insbesondere die Möglichkeit, mich stets aufs Neue mit jungen, interessierten Menschen umgeben und auseinandersetzen zu dürfen, betrachte ich als großes Privileg. Über allem steht allerdings der Wunsch des Instituts und der Studierenden, dass ich diese Aufgabe wahrnehme. Freie Zeit habe ich bei 4 Semesterwochenstunden überdies noch genug.

Gab es Situationen, in denen Sie Ihre Entscheidung bereut haben?

Nein, die gab es nicht.

Büro vs. Homeoffice, Gehalt vs. Rente, junge Kollegen vs. Senioren – wie haben sich die Rahmenbedingungen für Sie verändert?

Homeoffice ist natürlich nicht neu für mich, allerdings ist der Anteil mit dem Ruhestand etwas größer geworden. Ich habe auch immer noch ein kleines Büro an der Uni, zwar nicht im Institut, wohl aber im benachbarten Oswin-Köhler-Archiv, das ich bis auf Weiteres noch betreue. Gehalt vs. Rente: Was soll ich sagen? Jeder weiß, dass die Versorgungsbezüge um einiges geringer ausfallen als ein Gehalt. Da ich über 41 Dienstjahre aufzuweisen habe, sieht es dennoch nicht schlecht aus mit der Altersversorgung. Im Übrigen kommt dieser Wechsel ja nicht unangekündigt … Junge bzw. jüngere Kollegen und Kolleginnen gab es immer schon; darin sehe ich eher Chancen als Konfliktpotenzial. Eine wirklich wesentliche Veränderung der Rahmenbedingungen stellt die Tatsache dar, dass ich mich am und im Institut aufhalten kann ohne größere Verpflichtungen – sieht man von den 4 Stunden Lehre ab. Das ist spürbar ein völlig neues Gefühl!

Wenn Sie an Ihre allererste Vorlesung als Dozent zurückdenken und sie mit heute vergleichen: Was hat sich für Sie grundlegend in Ihrer Lehrtätigkeit gewandelt?

Vorlesungen vor einer größeren Zuhörerschaft musste ich nicht oft halten, da ich ein kleines Fach repräsentiere. Unabhängig davon ist heutzutage natürlich mehr Technik im Spiel. Das hat manche Vorteile, wird aber manchmal übertrieben. Ich erinnere mich sehr gut an meine Probevorlesung 1990 an der Universität Bayreuth im Rahmen meines Habilitationsverfahrens. (In Bayern ist die Probevorlesung dritter und letzter Prüfungsteil, d.h., man kann daran noch scheitern.) Da lobte ein Mitglied der Habilitationskommission meinen Einsatz der Medien. Ich hatte zwei, drei OHP-Folien präsentiert, das war alles (und dennoch keineswegs überall üblich). Heute würde man darüber milde lächeln.

Wenn Sie an Ihre Zuhörer von heute und damals denken: Wie hat sich das Bild der Studierenden verändert, das Sie wahrnehmen, wenn Sie in den Hörsaal blicken?

Ich blicke in der Regel in den Seminarraum mit einer überschaubaren Anzahl von Studierenden. Soweit ich feststellen kann, hat sich vor allem das Outfit und die technische Ausrüstung geändert. Intellektuell sehe ich keine wesentlichen Unterschiede. Wer bei uns studiert, möchte in der Regel genau dieses Fach studieren. Entsprechend sind Interesse und Engagement ausgebildet.

An welchen Projekten arbeiten Sie aktuell?

Oh, da gehe ich am besten selektiv vor. Ich habe gerade mit einem niederländischen Kollegen ein 1000 Seiten umfassendes Handbuch afrikanischer Sprachen für Oxford University Press im Manuskript abgeschlossen. Parallel dazu bastele ich an einer Kurzgrammatik mit konzisem Wörterbuch einer ausgestorbenen Zentralkhoisansprache (Deti, Botswana). Ganz oben auf der Agenda stehen Arbeiten an einem Wortatlas des Maasai (Kenia/Tansania) und einer Monographie zur Sprachvariation im Tswana (Botswana). Zusammen mit zwei Kolleginnen am Institut entsteht eine Monographie zur Sprachinselforschung in Afrika. Mit zwei japanischen und einem niederländischen Kollegen arbeite ich an einem Reader zu nilotischen Sprachen (Südsudan, Uganda, Kenia, Tansania). Ein besonderes Anliegen stellt die Aufbereitung meiner umfassenden Materialsammlungen in online Datenbanken dar, bei der meinem Sohn eine besondere Rolle zukommt. Schließlich werde ich mich selbst nur noch punktuell mit meinen Daten beschäftigen können.

Gelingt es Ihnen als Seniorprofessor viel mehr Zeit mit Dingen zu verbringen, die nicht mit Ihrer Profession zu tun haben? Haben Sie in der frei gewordenen Zeit neue Leidenschaften für sich entdeckt?

Ich verbringe durchaus viel Zeit mit anderen Dingen als Afrikanistik; dafür sorgen allein schon Haus und Garten. Von neuen Leidenschaften möchte ich nicht sprechen, das wäre übetrieben. Die alten Leidenschaften waren schon immer zahlreich genug und bestehen größtenteils fort.

Wann ist Schluss?

Wenn ich oder andere das Gefühl haben, dass es Zeit wird …

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