Helmholtz-Preis für fünf Physiker der Goethe-Uni

 Prof. Reinhard Dörner (links) und Maksim Kunitski vor der Apparatur, mit der die ausgezeichneten Arbeiten gemacht wurden; Foto: Dettmar
Prof. Reinhard Dörner (links) und Maksim Kunitski vor der Apparatur, mit der die ausgezeichneten Arbeiten gemacht wurden; Foto: Dettmar

Die bedeutendste Auszeichnung auf dem Gebiet der Metrologie, der Wissenschaft vom genauen Messen, erhalten in diesem Jahr ein Team von fünf Frankfurter Atomphysikern der Goethe-Universität: Prof. Reinhard Dörner, Privatdozent Dr. Till Jahnke, Dr. Maksim Kunitzki, Dr. Jörg Voigtsberger und Stefan Zeller. Der mit 20.000 Euro dotierte Helmholtz-Preis wird alle drei Jahre an europäische Forscher vergeben.

Den Preisträgern ist es gelungen, äußerst schwache Bindungsenergien in Helium-Molekülen mit bisher unerreichter Genauigkeit zu bestimmen. Im Chemieunterricht lernt man, dass Helium als Edelgas keine Bindungen eingeht. Doch unter bestimmten, von der Quantentheorie vorhergesagten Umständen, ist dies möglich. Diese Bindungsenergie hat die Arbeitsgruppe von Dörner indirekt mithilfe des an der Goethe-Universität entwickelten COLTRIMS-Reaktionsmikroskops gemessen. Es erlaubt, Ort und Geschwindigkeit zerfallender Moleküle mit großer Genauigkeit gleichzeitig zu bestimmen und aus diesen Daten die ursprüngliche Konstellation zu rekonstruieren. Im Fokus der Preisträger waren seltene Moleküle aus zwei oder drei Heliumatomen.

„Es begann damit, dass die Deutschen Forschungsgemeinschaft mir 2009 ein Koselleck-Projekt über 1,25 Millionen bewilligte. Das ist eine Art Risikokapital, mit dem die DFG Experimentreihen fördert, die einen langen Atem brauchen“, erklärt Prof. Reinhard Dörner vom Institut für Kernphysik. Dr. Till Jahnke legte die Grundsteine für die Apparatur, dann übernahm der Doktorand Jörg Voigtsberger das Experiment und erzielte erste Erfolge. Der nächste Doktorand, Stefan Zeller, konnte die Apparatur wesentlich verbessern und die Genauigkeit weiter erhöhen. Dazu musste er mit der größten „Photonenkanone“, die es in Deutschland gibt, dem „Freie-Elektronen-Laser FLASH“ am Forschungszentrum DESY in Hamburg, auf die extrem schwach gebundenen Helium Moleküle schießen. Auf diese Weise konnte er die Bindungsenergie mit einer Genauigkeit von wenigen Nano-Elektronenvolt bestimmen. Die Helium Moleküle sind damit hundertmillionenfach schwächer gebunden als etwa ein Wassermolekül.

Die Experimentreihe gipfelte im vergangenen Jahr in dem Nachweis des sogenannten Efimov-Zustands für ein Heliummolekül aus drei Atomen. Dieses, vor 40 Jahren von dem russischen Theoretiker Vitaly Efimov vorhergesagte, vergleichsweise riesige Molekül, kann nur in dem von der Quantenphysik eröffneten Tunnelbereich existieren. Diese Messung gelang dem Postdoktoranden Maksim Kunitzki mit derselben Apparatur.

„Alle bisherigen Helmholtzpreisträger haben mit ihren Arbeiten die Kunst des Messens nachhaltig vorangebracht und viele zählen heute zu den renommiertesten Forschern in der Metrologie“, sagt Dr. Joachim Ullrich, Präsident der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) und Vorsitzender des Helmholtz-Fonds. „Wir sind sicher, dass es auch diesmal so sein wird.“ Ebenfalls mit dem Helmholtz-Preis ausgezeichnet werden Forscher der Universität Cambridge für ihre in der DNA-Analytik bewährte Einzelmolekülmessung mit Nanoporen. Sie haben damit die Möglichkeit geschaffen, theoretisch beliebig viele verschiedene Eiweißmoleküle innerhalb derselben Messung zu detektieren. Der Preis wird am 22. Juni 2016 im Seminarzentrum der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) übergeben.

Die Arbeiten der Frankfurter Preisträger sind zuvor bereits mehrfach ausgezeichnet worden: 2013 erhielt Till Jahnke den wichtigsten Nachwuchspreis der Deutschen Physikalischen Gesellschaft, den Gustav-Hertz-Preis. Reinhard Dörner wurde im Jahr darauf mit dem angesehenen Robert-Wichard-Pohl-Preis der Deutschen Physikalischen Gesellschaft ausgezeichnet. 2015 erhielt Maksim Kunitski den Preis des „Frankfurter Fördervereins für physikalische Grundlagenforschung“.

Quelle: Pressemitteilung vom 28. April 2016

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