Langer Atem: EU verlängert Förderung für Netzwerk gegen seltene Lungenerkrankungen

Das Europäische Referenznetzwerk für seltene Erkrankungen des respiratorischen Systems (ERN-LUNG) hat von der Europäischen Union eine Förderung in Höhe von mehr als 3,2 Millionen Euro für eine weitere vierjährige Projektlaufzeit bis Herbst 2027 erhalten. Seit seiner Gründung im Jahr 2017 wird das Netzwerk von einem Team unter der Leitung von Prof. Dr. T.O.F. Wagner am Frankfurter Referenzzentrum für Seltene Erkrankungen (FRZSE) des Universitätsklinikum Frankfurt koordiniert.

Die Europäischen Referenznetzwerke (ERN) sind einzigartige patientenorientierte Netzwerke von hochspezialisierten Expertisezentren und Gesundheitsdienstleistern in der EU. Sie zielen darauf ab, Patientinnen und Patienten mit seltenen und/oder komplexen Erkrankungen einen grenzübergreifenden Zugang zu Wissen und zu einer hochwertigen Gesundheitsversorgung zu ermöglichen. Eines dieser Netzwerke ist das Europäische Referenznetzwerk für seltene Erkrankungen des respiratorischen Systems (ERN-LUNG), das seit 2017 von Prof. Dr. T.O.F. Wagner vom Universitätsklinikum Frankfurt koordiniert wird. Seit dem Startschuss wurde der Fokus insbesondere auf die Schwerpunkte Register, Netzwerke für klinische Studien und die Ausbildung von Fachkräften gelegt. Mit den neuen Finanzmitteln von 3,2 Millionen Euro werden in den kommenden Jahren Spitzenleistungen in der Versorgung und Forschung im Bereich seltener Atemwegserkrankungen weiter gefördert. Die Koordination des europaweiten Expertennetzwerks ist damit bis 2027 gesichert.

Fokus auf Patienten ohne Diagnose und verstärkte Einbeziehung osteuropäischer EU-Staaten

„Wir haben in den vergangenen Jahren ein leistungsfähiges Netzwerk von Spezialistinnen und Spezialisten aufgebaut, in dem das Wissen zu seltenen und extrem seltenen Erkrankungen gebündelt zur Verfügung steht“, erklärt Prof. Dr. T.O.F. Wagner. „Jetzt haben wir die Mittel, um auch in Bereichen, wo die Versorgung noch erhebliches Verbesserungspotenzial hat, den Betroffenen in ganz Europa Zugang zu diesem Wissen und Erfahrungsschatz zu verschaffen.“ Die Koordination erfolgt, wie bereits in der ersten Förderphase, in enger Zusammenarbeit mit dem Hôpital Bicêtre, Assistance Publique – Hopitaux de Paris (AP-HP). Stellvertretender ERN-LUNG-Koordinator ist der dort tätige Prof. Marc Humbert. Die Pariser Kliniken erhalten diesmal eigene Mittel aus dem Gesamtbudget von 3,2 Mio. Euro und übernehmen für einige Arbeitspakete die Hauptverantwortung.

Ein aktueller Fokus des Netzwerks liegt in der Unterstützung von Patientinnen und Patienten „ohne Diagnose“. Speziell für diese Betroffenen soll ein Behandlungspfad entwickelt werden. „Als nicht-diagnostizierte Patientinnen und Patienten bezeichnen wir diejenigen, die keine Diagnose erhalten haben, obwohl sie ein angemessenes Verfahren bei einer Ärztin oder einem Arzt durchlaufen haben. Die Betroffenen haben in der Regel eine lange Krankengeschichte bzw. eine Odyssee von Fehldiagnosen hinter sich“, so Prof. Dr. Wagner. In den vergangenen Jahren ist das Bewusstsein für diese Patienten gestiegen. Der ERN-LUNG-Schwerpunkt trägt dieser Entwicklung Rechnung.

„ERN-LUNG goes East“ ist ein weiterer Akzent der neuen Förderphase. Die Kampagne möchte das Bewusstsein für seltene Erkrankungen der Atemwege in den ost- und südosteuropäischen EU-Mitgliedstaaten erhöhen. Sie will dort zur Verbesserung der Behandlungsstandards und der Lebensqualität der Betroffenen beitragen, indem sie Patientinnen und Patienten, Gesundheitsdienstleister und Fachkräfte bei der Verbreitung von Wissen unterstützt, Kontakte fördert und neue Partner gewinnt. Für die ERN-LUNG-Akademie werden ebenfalls Mittel bereitgestellt. Hier sollen sich interessierte Ärztinnen und Ärzte sowie Mitarbeitende in den Pflegeberufen auf dem Gebiet der seltenen Lungenerkrankungen aus- und fortbilden.

Die Europäischen Referenznetzwerke: Hilfe für Millionen Betroffene

In der Europäischen Union leiden schätzungsweise 30 Millionen Menschen an seltenen Erkrankungen. Allein von den mehr als 100 unterschiedlichen seltenen Lungenerkrankungen sind in Europa circa drei Millionen Menschen betroffen. Die meisten seltenen Erkrankungen sind komplex, verlaufen chronisch und gehen mit eingeschränkter Lebensqualität oder -erwartung einher. Auf nationaler Ebene sind die Behandlungs- und Versorgungsmöglichkeiten oft eingeschränkt, weil das entsprechende Wissen um die Erkrankung fehlt. Ein Länderverbund wie die Europäische Union bietet Vernetzungsmöglichkeiten, um dieses Wissen zu generieren, Informationen zu teilen und zu verbreiten – kurzum: die Situation für Patientinnen und Patienten mit seltenen Erkrankungen nachhaltig zu verbessern. Was viele nicht wissen: Eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates besagt, dass europäische Bürgerinnen und Bürger das Recht auf grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung haben.

Die ersten 24 Europäischen Referenznetzwerke wurden 2017 mit mehr als 900 hochspezialisierten Gesundheitseinrichtungen aus über 300 Krankenhäusern in 26 Mitgliedstaaten ins Leben gerufen, darunter auch das ERN-LUNG. „Wir sind glücklich, dass wir mit der neuen Förderung das Ziel weiterverfolgen können, den europäischen Knotenpunkt für seltene Atemwegserkrankungen auszubauen und zu festigen. Gemeinsame Datenbanken, klinische Leitlinien, neue Medikamente und Versorgungsmodelle, E-Health-Lösungen und große klinische Studien werden hoffentlich dazu beitragen, Morbidität und Mortalität durch seltene und komplexe Erkrankungen der Atemwege bei Menschen aller Altersgruppen zu senken“, so Prof. T.O.F. Wagner.

Quelle: Pressemitteilung, Universitätsklinikum Frankfurt, 01. Juli 2024

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