Mathematik: Lässt sich der EM-Sieger im Voraus berechnen?

Der Mathematik-Didaktiker Matthias Ludwig möchte Schüler*innen für Wahrscheinlichkeitsrechnung begeistern. Mit dem Tool fussballmathe.de lässt sich spielerisch in die faszinierende Welt der Statistik eintauchen – und Fußballfans können die Chancen der EM-Teams rechnerisch ausloten.

Große Vorfreude macht sich bei Eintracht-Frankfurt-Fan Prof. Matthias Ludwig gerade breit: „Nachdem wir mit fussballmathe.de zur WM in Katar ausgesetzt hatten, sind wir bei der Heim-EM gerne wieder dabei, zudem Frankfurt Austragungsort von fünf Spielen sein wird.“ Prognosen, Simulationen und Material für den Mathematikunterricht stellt Ludwig wieder mit seinem Team bereit. „Nachdem die letzten Teilnehmerländer feststanden, konnten wir auch wieder einen Länderball zum Basteln erstellen: Der Ball besteht aus 24 Drachenvierecken, deren Ecken alle auf der Umkugel dieses Polyeders liegen.“ Die Bastelzeit liegt, so schätzt Ludwig, je nach Geschick und Mühe zwischen 15 und 30 Minuten.

Doch das Herzstück von fussballmathe.de ist sicherlich die statistische Berechnung von Fußballergebnissen. „Die Chancen der deutschen Mannschaft auszuloten, ist diesmal nicht ganz einfach“, konzediert Matthias Ludwig; sie musste sich in keinem Pflichtspiel vor der EM bewähren, als EM-Gastgeber ist die deutsche Mannschaft gesetzt. „Die ELO-Punkte sind dadurch sehr niedrig.“ Im ELO-Ranking bekommt die Mannschaft, je nach Gegner und Ergebnis, Punkte oder auch Punktabzug. Spielt man gegen einen vom ELO-Ranking her stärkeren Gegner, so erhält man bei einem Sieg mehr Punkte, als wenn man gegen einen schwächeren gewinnt. Verliert man gegen einen stärkeren, so werden ebenso weniger Punkte abgezogen als wenn man gegen einen schwächeren verliert. In dem auf fussballmathe.de angebotenen Berechnungsmodell sind es aber insgesamt drei Faktoren, die über die wahrscheinliche Durchsetzungskraft einer Mannschaft entscheiden: Neben den ELO-Punkten sind dies historische Ergebnisse sowie der aktuelle Mannschaftswert. „Wenn man das Gewicht der ELO-Punkte im Rechner reduziert, ergibt sich aber ein etwas anderes Bild, denn zum Beispiel ist der Wert der deutschen Mannschaft recht hoch, wenn auch nicht vergleichbar mit dem des französischen Teams, der bereits über eine Milliarde liegt“, erläutert Ludwig. 

Mit Blick auf die Zahlen vor der letzten EM und WM kann Ludwig den deutschen Fans keine allzu großen Hoffnungen machen, „denn die Zahlen waren damals sogar deutlich besser, auch wenn in beiden Fällen das Abschneiden beim Turnier sehr enttäuschend war“, aber er hofft wie so viele wieder auf ein deutsches Sommermärchen. Nach aktueller Prognose wird Deutschland mit einer Wahrscheinlichkeit von gerade einmal 3,95 Prozent Europameister, Spanien hingegen mit einer von 15,98, England mit einer von 18,17 und Favorit Frankreich mit einer von 20,28 Prozent.

Die Interpretation von Wahrscheinlichkeitsrechnung, betont der Mathematiker, hat immer auch mit dem Gesetz der großen Zahlen zu tun, das singuläre Ereignis, also auch ein einzelnes Fußballspiel, fällt da kaum ins Gewicht. Für die professionellen Wettmakler hingegen ist das Jonglieren mit den großen Zahlen monetär betrachtet durchaus relevant. Interessant dürfte für Fußballfans neben dem Prognosemodell auch die Simulation auf fussballmathe.de sein: Hier kann nach dem oben genannten Dreifaktorprinzip ein ganzes Turnier durchgespielt werden – so oft und so lange, bis auch mal ein Außenseiter wie Georgien Europameister wird, da braucht man aber schon sehr viel Geduld.

Die Datenbasis von fussballmathe.de wird in regelmäßigen Zeitabständen auch während der EM auf den neuesten Stand gebracht. „Wenn Deutschland seine ersten Spiele gewinnen sollte, steigt damit gleich auch die Wahrscheinlichkeit eines EM-Titels“, sagt Ludwig. Ein Besuch der Website lohnt sich also. Fussballmathe.de zur EM 2024 ist ein Projekt des Instituts für Didaktik der Mathematik und Informatik (Goethe-Universität Frankfurt a.M.) in Kooperation mit der Stiftung Rechnen.

Prof. Matthias Ludwig ist zu Gast bei der nächsten Ausgabe des Science Talk

»Wissen angezapft«; im Gespräch mit der Moderatorin Britta Hoffmann wird Ludwig unter anderem den »Outdoorsport Mathe« erläutern; der zweite Gast wird der Humangeograph Prof. Sebastian Schipper sein.
Den musikalischen Rahmen gestaltet die Swinggruppe Die blaue Stunde.

Eine Anmeldung ist nicht erforderlich, der Eintritt ist frei.

12. Juni, 19.30 Uhr; Veranstaltungsort ist der Kunstverein Familie Montez im Frankfurter Ostend.

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