Die archäologischen Wissenschaften an der Goethe-Universität erhalten Verstärkung: Mit Mitteln der VolkswagenStiftung wird eine neue Professur für Islamische Archäologie und Kunstgeschichte eingerichtet, zusätzliche Mittel fließen für Gastwissenschaftler, Forschungsprojekte und Infrastruktur.
„Die Professur für Islamische Archäologie und Kunstgeschichte an der Goethe-Universität wird eine große Besonderheit sein. Sie ist erst die dritte Professur dieser Art in ganz Deutschland“, freut sich Prof. Dr. Dirk Wicke, der in Frankfurt die Archäologie Vorderasiens lehrt, über die Bewilligung. Wicke hat den zusätzlichen Forschungszweig im Rahmen des Programms „Weltwissen ‒ Strukturelle Stärkung ‚kleiner Fächer‘“ der VolkswagenStiftung beantragt, mit dem diese seit 2017 fachunabhängig strukturell unterrepräsentierte Wissensgebiete mit hohem Innovationspotenzial fördert. Der Antrag, der nun bewilligt wurde, umfasst neben der Einrichtung einer Professur für zunächst sechs Jahre ein Programm für Gastwissenschaftler, die Anschubfinanzierung für Forschungsprojekte und auch eine umfangreiche Unterstützung der Infrastruktur am Institut. Für die ersten sechs Jahre stellt die Stiftung knapp eine Million Euro bereit. Der Fortbestand der W2-Professur ist bereits durch Unipräsidium und Fachbereich gesichert.
„Das ist eine sehr gute Nachricht“, freut sich auch Universitätspräsidentin Prof. Dr. Birgitta Wolff. „Die Kleinen Fächer gehören sehr prägend zum Profil der Goethe-Universität, manche von ihnen sind besonders forschungsstark und sehr erfolgreich im Einwerben von Drittmitteln. Gerade die Archäologie hat einen ausgezeichneten Ruf und ist bereits in mehreren auch für Laien faszinierenden Themenfelder sehr gut unterwegs. Dass sie sich im Bereich der islamischen Kunst zusätzlich positioniert, unterstützen wir auch Seitens des Präsidiums gerne“, so Wolff weiter. „Die neue Professur fügt sich nahtlos in den bereits seit Jahren bestehenden Fächerkanon und das Bachelor-Master-Studienprogramm des Institutes ein. Zudem wird es viele Anknüpfungspunkte an andere Disziplinen im Fachbereich und weit über die Goethe-Universität hinaus geben“, ist Wicke überzeugt. Er erwarte einen innovativen Forschungsschub, außerdem würden neue Impulse für eine stärkere Internationalisierung gesetzt. Nach Ansicht des Frankfurter Archäologen gibt es in Deutschland Nachholbedarf auf diesem Gebiet: In anderen Ländern sei der islamischen Archäologie und Kunstgeschichte in den vergangenen Jahren wachsende Aufmerksamkeit zuteilgeworden. Deutschland hinke bislang noch hinterher. An der Goethe-Universität ist die islamische Kunst und Kultur im Rahmen der vorderasiatischen Archäologie schon seit langem erforscht worden, die Arbeiten kamen jedoch durch den Bürgerkrieg in Syrien letztlich zum Erliegen. Das Institut verfügt mittlerweile jedoch über eine kleine altorientalische Studiensammlung.
Das Fach Islamische Archäologie und Kunstgeschichte beschäftigt sich mit den materiellen Zeugnissen der islamischen Welt von etwa dem 7. Jahrhundert nach Christus bis in die heutige Zeit in dem weiten geographischen Rahmen von Marokko bis Indonesien und von Zentralasien bis zur Sahara. Es verfolgt im Wesentlichen kulturhistorische Fragestellungen anhand der materiellen Kultur des Islam und arbeitet eng mit historischen und philologischen Disziplinen wie der Orientalistik oder den Islamischen Studien zusammen. Gerade angesichts der politischen Unruhen im Nahen Osten zählen auch der Erhalt des islamischen kulturellen Erbes und dessen Vermittlung in Gegenwart und Zukunft zu den Aufgaben dieser Wissenschaft.