Das Zika-Virus, das durch Aedes-Mücken übertragen wird, ist von Mensch zu Mensch kaum ansteckend und verursacht meist nur milde Krankheitssymptome. Wer eine Infektion überstanden hat, ist vermutlich lebenslang gegen das Virus immunisiert. Dennoch stelle die derzeit schnelle Verbreitung des Zika-Virus in Südamerika eine „Pandemie in Progress“ und damit eine Bedrohung dar, „die eigentlich keinen Handlungsaufschub duldet“, sagte Prof. Theo Dingermann, Seniorprofessor am Institut für Pharmazeutische Biologie der Goethe-Universität beim aktuellen Perspektivengespräch des House of Pharma & Healthcare.
Völlig zu Recht habe die Weltgesundheitsorganisation am 4. Februar 2016 deshalb einen weltweiten Gesundheitsnotstand ausgerufen. Medikamente und auch Impfstoffe gegen das Zika-Virus seien für dessen Bewältigung jedoch weniger zielführend als eine konsequente Kontrolle des Vektors, also der übertragenden Mücken. Das gelte umso mehr, als sich diese Krankheitsvektoren wegen der global steigenden Temperaturen, der aktuellen Völkerwanderungen, der vermehrten Reiseaktivitäten und des globalen Handels immer mehr in Richtung gemäßigterer Klimazonen verbreiten.
Nicht immer verlaufen Zika-Infektionen harmlos
Das Zika-Virus wurde bereits 1947 erstmals aus Rhesusaffen isoliert, die im Zikawald in Uganda lebten. Seine Verbreitung blieb lange Zeit auf Afrika beschränkt und betraf im vergangenen Jahrzehnt auch einige pazifische Inseln. Derzeit breitet sich das Virus jedoch sehr schnell in Mittel- und Südamerika aus, wo es auf eine ungeschützte und bisher nicht immunisierte Bevölkerung trifft. Es besteht der begründete Verdacht, dass das Virus dort schwerste Schädel- und Gehirnfehlbildungen (Mikrozephalien) bei bisher mindestens 270 Neugeborenen hervorgerufen hat, deren Mütter sich während der Schwangerschaft infiziert hatten.
In Brasilien sind die Fälle von Mikrozephalie seit Beginn der Zika-Epidemie um den Faktor 20 bis 30 in die Höhe geschnellt. Eine internationale Forschergruppe konnte im Gehirn eines Fetus ein komplettes Virusgenom nachweisen, nicht jedoch in dessen anderen Organen. Zwar sei der Zusammenhang zwischen einer Zika-Infektion werdender Mütter und einer Mikrozephalie des sich entwickelnden Embryos noch nicht bewiesen, Vorsicht aber in jedem Falle geboten.
Schwangeren sei dringend zu raten, die betroffenen Gebiete momentan zu meiden. Bei Erwachsenen beschränken sich die rasch abklingenden Symptome einer Zika-Infektion meist auf Hautausschlag, Kopf-, Gelenk- und Muskelschmerzen sowie eine nicht-eitrige Bindehautentzündung und eine erhöhte Körpertemperatur. Wie auch bei anderen viralen Infektionen besteht bei einer Zika-Infektion aber die Gefahr eines Guillain- Barré-Syndroms, einer neurologischen Schädigung, die Muskellähmungen mit sich bringt und in fünf Prozent aller Fälle tödlich verläuft.
Den Mücken müssen die Brutstätten genommen werden
Ein Impfstoff zur Prävention einer Zika-Infektion steht weder zur Verfügung, noch befindet sich einer in einem fortgeschrittenen Entwicklungsstadium. Angesichts der sich explosionsartig ausbreitenden Infektionswelle erscheine eine Impfung ohnehin nicht als sinnvoll. Wie schwierig die Entwicklung eines Impfstoffs gegen ein Flavivirus sei, zu denen auch das Zika-Virus gehört, zeige das Beispiel des Impfstoffes gegen das Dengue- Virus, an dem rund 20 Jahre gearbeitet worden sei.
Auch Dengue- und Gelbfieberviren werden von Aedes-Mücken übertragen. Diese und andere Krankheitsvektoren auszurotten sei eine für die Weltgesundheit vordringliche Aufgabe. Werden doch immerhin 17 Prozent aller Infektionskrankheiten von tierischen Vektoren übertragen, unter ihnen auch die Malaria, die Lyme-Krankheit, die Chagas-Krankheit, Schistosomiasis und Leishmaniose.
Drei Methoden der Vektorbekämpfung vor allem böten sich an, führte Prof. Dingermann aus: Insektizide, transgene Mücken und die konsequente Entfernung möglicher Brutstätten. Als bevorzugtes Insektizid gelten die Pyrethroide, die eine hohe Selektivität haben und auf Insekten etwa 4400-fach stärker wirken als auf Menschen, Haus- und Nutztiere. Auch wenn ihre akute und chronische Toxizität für den Menschen damit als gering einzustufen ist, sollten sie grundsätzlich sparsam eingesetzt werden.
Vielversprechende Ansätze gebe es beim Einsatz genveränderter, steriler Mücken. Setze man sie frei, so seien deren Nachkommen nicht überlebensfähig. Denn diese produzierten ein Protein, das dafür sorge, dass sie schon im Larvenstadium sterben. Die bei weitem umweltfreundlichsten und wahrscheinlich auch effektivsten Maßnahmen zur Vektorkontrolle bestünden jedoch in der konsequenten Entfernung möglicher Brutstätten, zum Beispiel in Brackwassern, betonte Dingermann: „Hygienemaßnahmen haben dem Gesundheitssystem in der Vergangenheit generell gewaltig auf die Sprünge geholfen.“ [Autor: Joachim Pietzsch]
Dieser Artikel ist in der Ausgabe 2.16 des UniReport erschienen [PDF]