Finanzplatz Frankfurt ist großer Profiteur eines Brexits

Die deutsche Finanzbranche ist sich geschlossen darüber einig, dass der Finanzplatz Frankfurt vom Ausstieg Großbritanniens aus der EU profitieren wird, auch wenn die Entscheidung der Briten die Branche größtenteils überrascht hat. Ebenso werden eher neutrale bis positive Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft erwartet. Das ergab eine aktuelle Umfrage des Center for Financial Studies (CFS) unter Finanzinstituten und Dienstleistungsunternehmen am Finanzplatz Deutschland.

Speziell der Bereich Wertpapierhandel und Abwicklung wird am Finanzplatz Frankfurt dazugewinnen laut 78% der Befragten. Mit einem Umzug der Europäischen Bankenaufsicht (EBA) von London nach Frankfurt rechnet gut die Hälfte der Umfrageteilnehmer. Dabei stellt primär der knappe Wohnraum in Frankfurt bei der Verlagerung von Geschäftsaktivitäten für die befragten Finanzunternehmen (72%) einen Engpass dar.

„Die Umfrageergebnisse bestätigen, dass viele Finanzmarktteilnehmer mit einem Brexit überhaupt nicht gerechnet haben. Dieser Überraschungseffekt spiegelt sich auch in der hohen Volatilität der Aktienmärkte wieder, die uns in den kommenden Monaten begleiten dürfte“, kommentiert Prof. Dr. Volker Brühl, Geschäftsführer des Center for Financial Studies, die Umfrage.

Für nahezu alle befragten Unternehmen (95%) ist der Finanzplatz Frankfurt der große Gewinner. Daneben sehen gut zwei Drittel Paris als weiteren Profiteur eines Brexits. 15% erwarten, dass Amsterdam dazugewinnen wird. Lediglich 6% gehen davon aus, dass auch London profitieren wird. Für Mailand und Madrid werden kaum Vorteile erwartet. Ein Drittel der Befragten erwartet, dass auch andere Finanzplätze profitieren werden.

„Frankfurt ist auf einen Brexit sehr gut vorbereitet gewesen. Wir werden alles daran setzen, diese Jahrhundertchance für Frankfurt zu nutzen, für uns ist klar, dass London der zentrale Finanzplatz bleibt. Daher wollen wir, dass Frankfurt zu der Brücke für London in die Eurozone wird“, kommentiert Hubertus Väth, Geschäftsführer von Frankfurt Main Finance e.V. die Umfrageergebnisse.

Auf die Frage, in welchen Geschäftsbereichen der Finanzplatz Frankfurt besonders profitieren kann, wird der Bereich Wertpapierhandel und Abwicklung von 78% der Befragten genannt. Die Hälfte sieht weitere Chancen für das Asse t Management / Vermögensverwaltung und für den Bereich Corporate Banking, knapp gefolgt vom Bereich Professional Services (43%). Retail Banking hingegen wird nur von 7% der Umfrageteilnehmer genannt.

„Die Ergebnisse zeugen von hohen Erwartungen der Marktteilnehmer an die künftige Rolle des Finanzplatzes Frankfurt. Dies erhoffen sich aber auch andere Finanzplätze. Ich rechne daher mit einem intensiven Standortwettbewerb, in dem es darauf ankommen wird, die Stärken Frankfurts gezielt bei Top-Entscheidern hervorzuheben“, führt Professor Brühl weiter aus.

Die Europäische Bankenaufsicht (EBA) wird voraussi chtlich ihren Sitz nicht mehr in einem Land haben können, das außerhalb der EU liegt. Wohin die EBA jedoch verlagert wird, ist offen. Die deutsche Finanzbranche rechnet mehrheitlich damit (57%), dass die EBA nach Frankfurt umzieht. Hingegen erwarten 33% der Befragten, dass sich die europäische Bankenbehörde an einem anderen Standort ansiedelt.

Die deutsche Finanzbranche stellt sich auch auf gewisse Engpässe ein, wenn es zu einer Verlagerung von Geschäftsaktivitäten von London nach Frankfurt kommt. Knapp drei Viertel der Befragten (72%) nennt hier den knappen Wohnraum, die Hälfte (53%) sorgt sich um ausreichend qualifiziertes Personal, 27% beurteilen die Verkehrsinfrastruktur kritisch und 22% das Angebot an Büroflächen. Hingegen sehen nur 11% die IT-Infrastruktur in Frankfurt als Engpass an.

Finanzbranche befürwortet mehrheitlich eine Beschränkung der Briten zum EU-Binnenmarkt und erwartet eher neutrale bis positive Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft. Nach Meinung der Mehrheit der befragten Finanzinstitute und Dienstleistungsunternehmen (68%) sollte die EU Großbritannien zukünftig keinen uneingeschränkten Zugang zum Europäischen Binnenmarkt mehr gewähren. Hingegen sprechen sich 22% dafür aus, trotz eines Brexits keine Beschränkungen einzuführen. Die möglichen Auswirkungen eines Brexits auf die deutsche Wirtschaft werden von der Hälfte der Befragten (48%) neutral und von 35% positiv beurteilt. Lediglich 15% erwarten negative Auswirkungen.

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Die Ergebnisse basieren auf einer vierteljährlich vom Center for Financial Studies durchgeführten Managementbefragung unter rund 400 Unternehmen des Finanzstandortes Deutschland.

Das Center for Financial Studies (CFS) betreibt unabhängige und international orientierte Forschung in allen wesentlichen Themenfeldern der Finanzmärkte, Finanzinstitutionen und Monetären Ökonomie: von Finanzstabilität und Bankenregulierung über Wertpapierhandel und -bewertung auf Finanzmärkten, Portfolioentscheidungen von Haushalten und Recht und Ökonomie von Finanzorganisationen bis hin zu Geldpolitik und Ökonomie von Finanzmärkten. Das CFS leistet, unter Verwendung relevanter Erkenntnisse aus seinen Forschungsbereichen, einen Beitrag zu politischen Debatten und Analysen. Es greift für seine Forschungsprojekte und Politikberatung auf ein Netzwerk aus Wissenschaftlern und Persönlichkeiten aus Finanzindustrie und Zentralbanken in- und außerhalb Europas zurück.
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Quelle: Pressemitteilung vom CFS vom 21. Juli 2016

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