Mathematik-Didaktiker Prof. Matthias Ludwig hat mit seinem Team von fussballmathe.de die EM wieder genau im Blick und wird nach jedem Spiel der Deutschen die Chancen neu analysieren. Dies wird hier im Webmagazin jeweils aktuell nachzulesen sein.
Wie sieht Ludwig grundsätzlich die Aussichten der deutschen Mannschaft, nach drei entbehrungsreichen internationalen Turnieren wieder zu reüssieren? „Die Chancen für Deutschland, ins Achtelfinale zu kommen, liegen bei etwas über 90%“, sagt Ludwig. Aus jetziger Sicht käme man mit einer Wahrscheinlichkeit von etwas mehr als 50% in Viertelfinale. Dann warten aber starke Mannschaften wie Spanien oder Italien auf den Gastgeber der EM. „Das Halbfinale wird mit einer 26-prozentigen Wahrscheinlichkeit erreicht, das Finale mit einer 14-prozentigen – das ist eine etwas geringere Wahrscheinlichkeit, als eine Sechs beim Würfeln zu erhalten“, erklärt Ludwig. Europameister werde das deutsche Team mit einer Wahrscheinlichkeit von gerade einmal 7%. Ludwig betont aber: „Es kommt bei der Berechnung ganz darauf an, welche Faktoren man mit einfließen lässt. Streicht man zum Beispiel die historischen Ergebnisse ganz und senkt den Einfluss der ELO- Punkte, dann steht Deutschland ganz anders da. Da könnten die Nagelsmänner sogar mit 11% den Cup holen.“
Deutschland ist als Gastgeber automatisch qualifiziert, somit konnten aus den Qualifikationsspielen keine ELO-Punkte geholt werden. Im ELO-Ranking bekommt die Mannschaft, je nach Gegner und Ergebnis, Punkte oder auch Punktabzug. Spielt man gegen einen vom ELO-Ranking her stärkeren Gegner, so erhält man bei einem Sieg mehr Punkte, als wenn man gegen einen schwächeren gewinnt. Verliert man gegen einen stärkeren, so werden ebenso weniger Punkte abgezogen, als wenn man gegen einen schwächeren verliert. In dem auf fussballmathe.de angebotenen Berechnungsmodell sind es aber insgesamt drei Faktoren, die über die wahrscheinliche Durchsetzungskraft einer Mannschaft entscheiden: Neben den ELO-Punkten sind dies historische Ergebnisse sowie der aktuelle Mannschaftswert.
Spiel gegen Schottland: Ein Sieg ist wahrscheinlich
Am Freitag wird die Europameisterschaft mit dem Spiel des Gastgebers gegen das Team Schottlands in München eröffnet. Deutschland gehe natürlich als Favorit in das erste Spiel des Turniers, die Schotten mussten sich in Pflichtspielen mit Deutschland schon achtmal messen. Sechsmal siegte Deutschland und zweimal erreichten die Kilts ein Unentschieden, sagt Matthias Ludwig. In Freundschafts- und Testspielen sah das allerdings anders aus, da gewann Schottland tatsächlich viermal und Deutschland trug nur zwei Siege davon. „Aber es ist ja ein Spiel bei einer Europameisterschaft und daheim wird von Freundschaftsatmosphäre nicht viel übrig sein. Man sollte aber gewarnt sein: Die Schotten schlugen beispielsweise Spanien in der Qualifikation 2:0, am Ende setzten sie sich als zweiter der Qualifikationsgruppe A durch.“ Allerdings sei der Marktwert des deutschen Teams mit 970 Mio Euro ungefähr viermal so hoch wie der von Schottland. Wegen der ausgelassenen EM-Qualifikation – Deutschland war als Gastgeber automatisch qualifiziert – hat die deutsche Mannschaft nur wenig ELO-Punkte mehr als Schottland. Wie lautet die Prognose des Mathematikers für das erste Spiel? „Deutschland wird das Eröffnungsspiel mit einer Wahrscheinlichkeit von 60% gewinnen; für ein Unentschieden sprechen 22%, für einen Sieg der Schotten 18%.“ Allen, die gerne tippen, gibt Ludwig noch Folgendes an die Hand: „Mit einer Wahrscheinlichkeit von 25% geht das Spiel mit einem Tor mehr für Deutschland aus. Für ein 2:1 haben wir 12% ermittelt. Aber auch für zwei Tore liegt die Chance bei 20%. Wenn Schottland gewinnt, dann wahrscheinlich mit einem 2:1. Für dieses Ergebnis haben wir eine Wahrscheinlichkeit von 6% berechnet.“