Thomas Piketty: Die Reichen werden immer reicher

Foto: Dettmar
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Thomas Piketty, Forschungsdirektor an der EHESS Paris und Wirtschaftsprofessor an der Paris School of Economics, kam am 10. Oktober anlässlich der Veröffentlichung der deutschen Ausgabe seines Buches „Das Kapital im 21. Jahrhundert“ an die Goethe-Universität. Auch hier stieß Piketty auf großes Interesse bei Studierenden und Fachkollegen.

Die Ungleichheit nimmt zu

Pikettys umfangreiche Datensammlung und -analyse hat weltweit eine Debatte über die ungleiche Verteilung von Einkommen und Vermögen angestoßen. Der französische Ökonom vertritt die These, dass im Kapitalismus die Reichen auf Dauer immer reicher und die Armen immer ärmer werden. Die Ungleichheit nimmt also zu. Belegen will Piketty diese These anhand historischer Daten, die bis ins 18. Jahrhundert zurückreichen.

Die Ergebnisse seiner Datenanalyse präsentiert Piketty seinem Publikum in Frankfurt mit einer Vielzahl von Grafiken. Diese zeigen, dass die Ungleichheit der Vermögensverteilung in den Jahren von 1930 bis 1975 weltweit zunächst abgenommen hat. Diese Entwicklung, erklärt Piketty, sei aber vor allem auf ungewöhnliche Ereignisse wie den zweiten Weltkrieg, die Weltwirtschafts- und Ölkrise zurückzuführen, die einen Großteil der Vermögen zerstört hatten. Schaue man sich dagegen die Einkommensverteilung in den USA seit 1980 an, so Piketty, zeige sich eindeutig, dass die Ungleichheit in dieser Zeit stark zugenommen hat.

Seit den 1980er Jahren sei die Wirtschaft in den USA zwar kräftig gewachsen, allerdings habe die Mittelschicht davon kaum profitiert. In Deutschland könne man eine ähnliche Entwicklung beobachten, erläutert Piketty. Auch hier hätten die mittleren Einkommen trotz wirtschaftlichem Aufschwung wenig zugelegt. Piketty hat außerdem festgestellt, dass das Vermögen der Superreichen jährlich durchschnittlich drei Mal so schnell wächst wie das Vermögen aller anderen.

Die »Weltformel«

Doch was ist der Grund für diese Entwicklung? Piketty fasst seine Ergebnisse in einer einfachen Formel zusammen, die schon als die neue „Weltformel“ bezeichnet wird: r > g. Das „r“ in der Formel steht für die Rendite, die man auf sein Vermögen erhält, und das „g“ für das Wirtschaftswachstum bzw. den Anstieg der Arbeitseinkommen. Laut Piketty bedeutet diese Ungleichung, dass die Menschen, die bereits über ein großes Vermögen verfügen, ihr Geld viel schneller vermehren können als die Löhne und Gehälter der weniger Vermögenden ansteigen.

Die Mittelschicht mit ihren Arbeitseinkommen fällt also im Zeitverlauf immer weiter hinter den Reichen zurück und die Ungleichheit wächst. Damit konzentriert sich der Reichtum zunehmend in den Händen weniger Menschen. Genau das sei in den letzten Jahrzehnten verstärkt der Fall gewesen, so Piketty. Er hält es für wahrscheinlich, dass die Schere zwischen Arm und Reich in Zukunft noch weiter auseinandergehen wird. Um dies zu verhindern, fordert er eine höhere Besteuerung von Vermögen mit Spitzensteuersätzen von bis zu 80 Prozent.

Trotz seines internationalen Erfolges präsentiert sich Piketty in Frankfurt bescheiden und betont immer wieder, dass die von ihm zusammengestellten Daten durchaus nicht fehlerfrei und lückenlos seien. Vielleicht will er damit den kritischen Stimmen zuvorkommen, die in den letzten Monaten immer wieder an der Vollständigkeit seiner Daten und den daraus resultierenden Ergebnissen gezweifelt haben. Piketty hat die in seinem Buch verwendeten Daten auf seiner Webseite öffentlich zur Verfügung gestellt und möchte die Datensätze auch in Zukunft weiter vervollständigen. Eine umfangreiche Sammlung von Daten zu Einkommen und Vermögen hält Piketty für sinnvoll, da dadurch mehr Transparenz entsteht und eine fundiertere Diskussion über Themen wie Ungleichheit und Besteuerung möglich wird. [Autorin: Ina Christ]

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