Mit vorerst drei Hochschulforen gibt die Goethe-Universität exemplarisch Einblick, was Third Mission ganz praktisch bedeutet. Am 7. Juni diskutierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Politikerinnen und Politiker sowie Gäste über Chancen, Rahmenbedingungen und Grenzen von Kooperationen zwischen Hochschule und Politik sowie ihre Chancen, Rahmenbedingungen und Grenzen. Bei den nächsten beiden Terminen werden Ehemaligenarbeit (Alumni) und Ausgründungen im Mittelpunkt stehen. Welche Rolle die Foren für die weitere Third-Mission-Arbeit haben, erzählen Prof. Manfred Schubert-Zsilavecz, Vizepräsident für Third Mission, und Dr. Cornelius Gröschel, Referent für Hochschulentwicklung, im Interview.
GoetheSpektrum: Viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind schon aktiv im Bereich Third Mission; das hat die Befragung für das Transfer-Audit des Stifterverbands gezeigt. Welcher Impuls soll nun mit den Foren gesetzt werden?
Prof. Manfred Schubert-Zsilavecz: Die Foren sind ein zentrales Element des Audits, denn die Diskussionen dort leisten einen wesentlichen Beitrag zur Selbstfindung: Wo geht die Reise bei der Third Mission hin? Der genetische Code unserer Universität ist darauf ausgelegt, dass wir für die und mit der Gesellschaft Verantwortung übernehmen. In welchem Rahmen dies geschehen kann, das haben wir unter anderem beim Forum diskutiert. Diese inneruniversitären Diskussionen haben uns schon bei der Entwicklung des Hochschulentwicklungsplans geholfen, in dem es ein zentrales Kapitel »Third Mission « gibt (siehe auch Titelgeschichte). Sie nützen uns aber auch jetzt mit Blick auf die Exzellenzinitiative, denn nicht zuletzt bei den Clusteranträgen wird es immer auch darum gehen, was die Goethe-Universität ist, wo sie steht und wohin sie will.
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Mehr Informationen zum Thema Third Mission gibt es unter www.uni-frankfurt.de/third-mission
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Dr. Cornelius Gröschel: Die nächsten Themen der Forumsreihe – Alumni sowie Transfer/ Ausgründungen – zeigen schon, dass die Goethe-Universität auf ganz verschiedenen Third-Mission-Feldern aktiv ist. Diese Vielfalt sichtbar zu machen, ist eins der Ziele der Veranstaltungen. Wir wollen der Gesellschaft zeigen, was die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gemeinsam mit gesellschaftlichen Akteuren vorantreiben. Es geht aber auch darum, die internen Bedarfe noch einmal stärker zu evaluieren.
Neben Vorträgen und Podiumsdiskussionen wurde auch in kleineren Gruppen diskutiert. Was war den Teilnehmenden dort wichtig?
Gröschel: Wir haben uns gefreut über das große Interesse von Teilnehmern aus der ganzen Universität, aus den Fachbereichen wie aus der Verwaltung. Die Diskussionen haben noch einmal die Breite der Third-Mission- Aktivitäten auf dem Gebiet der Politik verdeutlicht, von klassischer Politikberatung über Kooperationen bis hin zu Politiksimulationen in der Lehre. In den Diskussionen ging es zum einen um die Chancen, die sich dadurch ergeben, aber auch um Fragen der Legitimität und Regeln: Wie kann gewährleistet werden, dass die Wissenschaft nicht als Feigenblatt für die Politik dient, dass die Freiheit von Forschung und Lehre gewahrt wird, dass sich die Akteure auf Augenhöhe begegnen? Ein anderer Schwerpunkt der Diskussionen war, wie die Akteure noch besser unterstützt werden können. Die Diskussionsbeiträge haben noch einmal widergespiegelt, was wir bei unseren Umfragen erfahren hatten: Einige Wissenschaftler wünschen sich zum Beispiel mehr Unterstützung im Rahmen von Third-Mission-Aktivitäten, etwa bei Vertragsgestaltungen, oder wenn es darum geht, wie sie die eigene Öffentlichkeitsarbeit verbessern können. Diskutiert wurde zum Beispiel aber auch, wie viel Freiraum Kooperationen brauchen, damit Synergien entstehen können. Und weil Third Mission viel Engagement erfordert, war eine weitere wichtige Frage, inwieweit diese Arbeit der Wissenschaftler noch mehr auch offizielle Anerkennung erfahren kann.
Schubert-Zsilavecz: Entscheidend ist für uns dabei, dass Third Mission immer untrennbar mit Forschung und Lehre verbunden ist. Natürlich steht es den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern frei, sich ihre Kooperationsfelder mit der Politik frei zu wählen, aber die Universität kann nur solche Third- Mission-Aktivitäten honorieren, die auch einen Mehrwert für Forschung und Lehre mit sich bringen. Third Mission kann nie für sich alleine stehen.
Was haben Sie beim Forum gelernt über die Kooperationsqualität von Wissenschaft und Politik?
Schubert-Zsilavecz: Ich habe wahrgenommen, dass wir als Wissenschaftler im Allgemeinen das Gefühl haben, wir würden mit unseren Belangen immer von der Politik verstanden werden – das stimmt aber nicht. Umgekehrt haben auch wir in der Vergangenheit nicht immer verstanden, wie der Politikbetrieb funktioniert. Deshalb ist es wichtig, die Fragen nach den geeigneten Formaten zu stellen: Sollen wir pro-aktiv auf die Politik zugehen oder warten, bis wir nach unserer Expertise gefragt werden? Wobei wir natürlich nicht Politik für die Politik machen und keine wunschgemäßen Antworten liefern können. Die Universität hat die klare Aufgabe, Grundlagenforschung zu betreiben, und dabei muss es auch bleiben. Wenn aber aus dieser Grundlagenforschung Erkenntnisse kommen, die für die Gesellschaft interessant sind, dann sollte man das auch kommunizieren.
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Stimmen von Teilnehmerinnen
Aktiv mit am Forum beteiligt waren unter anderem auch Prof. Birgit Blättel-Mink und Rebecca Caroline Schmidt, Geschäftsführerin des Exzellenzclusters Normative Ordnungen. Blättel-Mink, Professorin am Fachbereich Gesellschaftswissenschaften und Direktorin des Instituts für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK), nahm an der Podiumsdiskussion zur Eröffnung des Forums teil, Schmidt moderierte die Diskussionsgruppe »Definition und Legitimität«. Was haben sie aus dem Forum für sich mitgenommen?
Prof. Birgit Blättel-Mink: Im IWAK arbeiten wir so, dass wir gemeinsam mit den gesellschaftlichen Akteuren Probleme identifizieren und im direkten Kontakt Projekte entwickeln. Die Themen reichen dabei von Fachkräftestrategien für Regionen bis zu Führungskräftetrainings in Unternehmen. Mich beschäftigt dabei immer die Frage der Umsetzung: Inwieweit können die guten Ideen tatsächlich und auf Dauer umgesetzt werden? Wie hält man die Akteure langfristig bei der Stange? Hier besteht noch Bedarf an Umsetzungsforschung. Gleichzeitig sollten wir die Suchprozesse noch vereinfachen, um die richtigen Gesprächspartner schneller zusammenzubringen, wenn die Politik bei uns nach Expertinnen und Experten anfragt. Einige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben jede Menge relevante Forschungsergebnisse, sind aber noch unsicher, wie der Transfer gelingen kann. Manchen der Forschenden wird auch gerade erst bewusst, dass sie nicht nur Grundlagenforschung machen, sondern ihr Wissen auch in Form von Politikberatung verwerten.
Ich finde es gut, dass auf dem Forum auch zur Sprache kam, dass es noch ein Anerkennungsdefizit gibt innerhalb der Universität für Third-Mission-Aktivitäten. Für die auf diesem Gebiet aktiven Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ist es unbefriedigend, wenn es heißt: »Ihr macht ja schöne Sachen, aber wie seid Ihr eigentlich gerankt?«
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Caroline Schmidt: Für den Exzellenzcluster Normative Orders spielt es eine große Rolle, dass die Forschungsschwerpunkte, die die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in unserem interdisziplinären Verbund untersuchen, auch außerhalb des akademischen Kontextes sichtbar werden und nach Möglichkeit gesellschaftliche Diskurse anregen. Dadurch möchten wir als Cluster unseren Beitrag im Sinne der Frankfurter Bürgeruniversität leisten, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen, Partizipation zu ermöglichen und bei den vielfältigen Konflikten und Umbrüchen unserer Zeit wissenschaftlich fundierte Impulse für die gesellschaftsweiten Diskussionen liefern.
Dabei haben wir im Rahmen der öffentlichen Formate schon viele Erfahrungen durch Kooperationen mit der Politik, der Stadt, der Kultur und Kunst sowie der Region machen dürfen, die ganz andere Möglichkeiten – aber auch Herausforderungen – gezeigt haben als die internationalen universitären Forschungskooperationen. In der Diskussionsgruppe »Definition und Legitimität« wurde die Vielgestaltigkeit der Aktivitäten und der Akteure in aus meiner Sicht gelungener Weise herausgearbeitet: Welche Besonderheiten ergeben sich je nachdem, ob Akteure der Politik, der Verwaltung, der Industrie oder der Zivilgesellschaft in eine Kooperation mit der Universität treten? Wo liegen die Chancen, aber auch die Grenzen von Kooperationen, wenn es zum Beispiel um Pharmagutachten, Drogenstudien, Lehrerfortbildung, Politikberatung oder eine Konferenz mit dem Ministerium geht?
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Dieser Artikel ist in der Ausgabe 2.16 der Mitarbeiterzeitung GoetheSpektrum erschienen.