Frankfurt-Tel Aviv Center startet nun offiziell mit einer Konferenz in Israel

Vor einem Jahr wurde der „Letter of Intent“ unterzeichnet, nun geht das Frankfurt-Tel Aviv Center für Interreligiöse Studien mit einer zweitägigen Tagung in Israel an den Start. Vorträge von christlichen, jüdischen und islamischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Theologie, Religionswissenschaft, Philosophie und Geschichtswissenschaft loten die Verflechtungen, Beziehungen, Gemeinsamkeiten und Differenzen zwischen den Buchreligionen aus. Höhepunkt des gestrigen Auftakts war die Unterzeichnung des Kooperationsvertrages durch die beiden Hochschulpräsidenten.

Prof. Ariel Porat (links), Präsident der Universität Tel Aviv, und Prof. Enrico Schleiff, Präsident der Goethe-Universität Frankfurt am Main. (Foto: Tel Aviv University)

Multikulturelle Gesellschaften, religiöse Konflikte, Migration, Fundamentalismus – und nicht zuletzt der interreligiöse Dialog: Dies sind nur einige der Themen, die das neue grenzüberschreitende Forschungsinstitut in den Blick nehmen könnte. Allesamt Themen von großer und gesellschaftlicher Brisanz. Und weil sich dies nur multiperspektivisch erforschen lässt, haben sich die Tel Aviv University und die Goethe-Universität Frankfurt zusammengetan, um der Forschung einen institutionellen Rahmen zu geben. Im Dezember 2021 wurde der „Letter of Intent“ unterzeichnet, im Juni folgte die Eröffnungskonferenz auf deutscher Seite. Nun ist die Kooperation auch in Israel mit einer Tagung offiziell gestartet geworden. Der Titel der gestern und heute stattfindenden Veranstaltung lautet: „Thinking Interreligiously: The Many Faces of Interreligious Interaction“.

Zusammenarbeit zwischen einzelnen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern hat es in den vergangenen Jahren häufig gegeben. Insbesondere die Martin-Buber-Professur am Fachbereich Evangelische Theologie pflegt intensive Kontakte, und das Buber-Rosenzweig-Institut für moderne und zeitgenössische jüdische Geistes- und Kulturgeschichte und das Center for Religious and Interreligious Studies an der Tel Aviv University sind eng vernetzt. Das neue Zentrum vereint nun außer Theologien, Religionswissenschaft, Judaistik und Islamischen Studien auch Fächer wie Geschichte, Philosophie und Politologie. Zum Auftakt in Israel ist die Goethe-Universität mit Prof. Christian Wiese, dem Inhaber der Martin-Buber-Professur, dem Philosophieprofessor Prof. Matthias Lutz-Bachmann, der Islamwissenschaftlerin Prof. Armina Omerika und dem Historiker Prof. Hartmut Leppin vertreten.

Feierlicher Höhepunkt der Tagung war die Unterzeichnung des Kooperationsvertrages durch die beiden Universitätspräsidenten Prof. Ariel Porat (Tel Aviv) und Prof. Enrico Schleiff (Frankfurt) sowie den beiden Initiatoren und Gründungsdirektoren Christian Wiese (Frankfurt) und Menachem Fisch (Tel Aviv) am gestrigen (Montag) Abend. Das Forschungszentrum geht nun in eine dreijährige Pilotphase, die mit jährlich 50.000 Euro von der Goethe-Universität und jährlich 20.000 Euro von der Tel Aviv University finanziert wird. Das neue Zentrum wird von einem gemeinsamen Direktorium geleitet und soll sowohl erfahrene Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler als auch Forschende am Beginn ihrer Karriere miteinander verbinden. Bereits im Sommersemester gab es ein gemeinsames Symposium für junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, ab April 2023 beginnen gemeinsame englischsprachige Lehrveranstaltungen. Langfristig soll es auch zu einer intensiven Kooperation von religionswissenschaftlichen Masterprogrammen auf beiden Seiten kommen.

„Unser gemeinsames Zentrum ist mehr als eine wissenschaftliche Institution. In Zeiten des erstarkenden Nationalismus und Antisemitismus ist es auch ein wichtiges Zeichen der Freundschaft und Kooperation, das wir mit der Eröffnung in die Welt hinaus senden. Die wissenschaftliche Thematik, die wir gemeinsam in den Fokus nehmen, ist hochaktuell für Deutschland und Israel: Geschichte und aktuelle Herausforderungen religiöser Vielfalt, Differenz und Konflikt in pluralistischen Gesellschaften. Zu dieser Thematik waren unsere Universitäten bisher schon gut aufgestellt. Nun verbinden beide ihre Stärken zu einem gemeinsamen Zentrum, das den Start zu einer noch intensiveren Zusammenarbeit bildet. Darüber bin ich sehr froh. Ich danke unseren Partnerinnen und Partnern in Tel Aviv und insbesondere Prof. Wiese für ihren unermüdlichen Einsatz zur Gründung dieser wegweisenden Institution.“

Prof. Enrico Schleiff, Präsident der Goethe-Universität

„Es gibt keine bessere Art und Weise, ein gemeinsames deutsch-israelisches Forschungszentrum zu eröffnen, als mit einer intensiven öffentlichen Diskussion der ihm zugrundeliegenden theoretischen Programmatik. Mit dieser Konferenz beginnt ein spannender gemeinsamer wissenschaftlicher und wissenschaftspolitischer Weg, auf den wir große Hoffnung setzen.“

Prof. Christian Wiese, Martin-Buber-Professor an der Goethe-Universität

„Die Universität Tel Aviv unterhält zahlreiche Kooperationen mit deutschen  Universitäten, mehr als mit irgendeinem anderen Land in Europa. Diese Zusammenarbeit beinhaltet Hunderte gemeinsamer Forschungsprojekte, aber auch Hunderte deutscher Studierender, die jedes Jahr auf unseren Campus kommen. Das gemeinsame Zentrum wird diese Zusammenarbeit auf eine bedeutende Art erweitern und unsere Beziehung mit der Goethe-Universität festigen, einer der führenden Universitäten in Deutschland. Wir hoffen, dass unsere beiden Hochschulen ihre Zusammenarbeit in naher Zukunft noch weiter ausbauen werden.“

Prof. Milette Shamir, Vizepräsidentin der Tel Aviv University

„Ich freue mich sehr, Teil der Gründung eines in dieser Art so einzigartigen Zentrums zu sein, eines Zentrums für das Studium der monotheistischen Glaubensrichtungen und ihrer wechselseitigen Entwicklung. Dies ist eine würdige Initiative und ein weiterer Baustein in der akademischen Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern.“

Prof. Menachem Fisch, Mitinitiator des Zentrums an der Tel Aviv University
Die beiden Unipräsidenten Prof. Ariel Porat (Tel Aviv, links) und Prof. Enrico Schleiff (Goethe-Universität). (Foto: Tel Aviv University)
Die Initiatoren des neuen Zentrums Prof. Menachem Fisch (links) und Prof. Christian Wiese. (Foto: Tel Aviv University)

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