„Netzwerke für die Uni mobilisieren“ / Gespräch mit dem Vorstandsvorsitzenden der Freundesvereinigung

Prof. Wilhelm Bender; Foto: Dettmar

Gespräch mit dem Vorstandsvorsitzenden der Freundesvereinigung, Prof. Wilhelm Bender.

Im Gespräch mit Ulrike Jaspers berichtet Prof. Wilhelm Bender, was ihn motiviert, sich für Frankfurter „Leuchttürme“ zu engagieren, wie er mit seinem Vorstandsteam den Dialog zwischen Stadtgesellschaft und Universität voranbringen will und wie er die Entwicklung der Freundesvereinigung sieht. 

Goethe hat einmal geschrieben: „Es geziemt Frankfurt von allen Seiten zu glänzen, und nach allen Seiten hin thätig zu seyn.“ Herr Professor Bender, gefällt Ihnen dieser Ausspruch des großen Frankfurters und Namensgebers unser Uni? Könnte das auch ein Motto für Ihr Wirken sein?

Ich habe im Spaß mal gesagt: Ich habe bzw. hatte die Ehre, für das, was Frankfurt prägt, in verschiedener Weise tätig sein zu können: Der Flughafen gehört sicher dazu, nach meinem Verständnis natürlich auch die Eintracht – und ganz vorne natürlich die Goethe-Uni. Also ja, das ist ein Motto. (lachend)

Sie bezeichnen sich selbst als Frankfurter Gewächs. Geboren in Kirberg im Landkreis Limburg-Weilburg, zogen Sie mit Ihren Eltern und Ihrem Bruder im Alter von vier Jahren nach Frankfurt, machten Ihr Abitur am humanistischen Heinrich-von-Gagern-Gymnasium, studierten Jura und Volkswirtschaft an der Goethe-Universität, waren von 1993 bis 2009 Vorstandsvorsitzender der Fraport, einige Jahre Aufsichtsratsvorsitzender von Eintracht Frankfurt, um nur einige Etappen zu nennen. Lag es da für Sie nahe, sich als Vorsitzender der Freunde oder Förderer der Goethe-Uni in die Pflicht nehmen zu lassen?

Ja, das lag durchaus nahe, aber Grund ist auch eine persönliche Verbindung zwischen Hilmar Kopper und mir. Hilmar Kopper war 15 Jahre Vorsitzender des Beraterkreises der Fraport AG. Eines Tages hat er mich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, in den Vorstand der Freundesvereinigung einzutreten und später seine Nachfolge anzutreten. Da habe ich natürlich mit dem Hintergrund der persönlichen Verbindung zu Herrn Kopper sofort zugestimmt, aber auch als Alumnus dieser Universität. Bei den Freunden war ich übrigens bereits seit 2003 als Kuratoriumsmitglied aktiv.

Ihr Vorgänger, Hilmar Kopper, bezeichnet sich selbst als Sherpa für die Uni im Dienst von Forschung und Lehre. Wie sehen Sie Ihre Rolle?

Was ich gern als dienende Funktion bezeichne, steckt im Grunde genommen auch im Bild des Sherpas. Aber diese Bezeichnung ist doch etwas zu bescheiden – für das, was Hilmar Kopper geleistet hat und für das große Engagement des jetzigen Vorstands. Gerade diejenigen, die an der Spitze der Vereinigung standen – und das ist ja heute nicht anders –, sind und waren Menschen mit einem großen Netzwerk und viel Erfahrung, wie man so ein Netzwerk in verschiedensten Situationen für die Uni mobilisiert.

Ist es heute schwieriger geworden, einflussreiche Persönlichkeiten als Unterstützer zu gewinnen – ob als Mitglied der Vereinigung oder zur Mitwirkung im Vorstand und Kuratorium? Frankfurt ist eine internationale Stadt, viele CEO und Manager haben – wenn überhaupt – nur für kurze Zeit ihren Lebensmittelpunkt in der Main-Metropole.

Gelegentlich hören wir im Gespräch: „Als global aufgestelltes Unternehmen haben wir zwar unser Headquarter hier, aber unser Markt ist die Welt, deshalb engagieren wir uns nicht in Frankfurt.“ Mein Gegenargument: Ihr habt hier eure Hauptverwaltung, viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind nun wirklich in Frankfurt verankert, haben vielleicht selbst hier an der Uni studiert oder ihre Kinder besuchen gerade die Goethe-Uni. Insofern spielt es – unabhängig von den Vertriebsmärkten – schon eine Rolle, wo das Unternehmen seinen Sitz hat. Damit finde ich ab und an Gehör, manchmal auch nicht. Die Uni prägt Stadt und Region, macht sie attraktiver für Talente von außen. Auch deshalb sollte jedes große Unternehmen uns z.B. als Mitglied im Kuratorium unterstützen. Das ist zeitlich keine große Belastung.

Mit dem Auftritt von Eckhart von Hirschhausen startete die Freundesvereinigung im November 2017 in das Jubiläum. Ein Jahr mit vielen Veranstaltungen für Mitglieder und solche, die es hoffentlich bald werden; mit Gelegenheiten, um Kontakte zwischen Bürgern und Wissenschaftlern enger zu knüpfen. Wie werden die vielfältigen Angebote angenommen?

Wir sind sehr zufrieden. Ich denke, wir nutzen das Jubiläum schon gut, um Aufmerksamkeit für unsere Anliegen zu erzeugen. Die bisherigen Veranstaltungen waren sehr gut besucht. Das wird sich hoffentlich fortsetzen – beim Konzert der Ehrensenatorinnen am 11. Juni und bei der eigentlichen Festveranstaltung am 18. Oktober. Deshalb feiern wir uns nicht selbst, wir schauen zwar durchaus stolz auf unsere 100-jährige Geschichte, aber vor allem in die Zukunft und fragen: was können wir noch besser machen? Wir verstehen uns als eine Institution, die dienend für die Universität tätig ist.

Das greift die Vereinigung ja auch in ihrem Jubiläumsslogan auf: „Wir fördern Zukunft seit 100 Jahren.“ Was hat Sie bei der Beschäftigung mit der Geschichte der Vereinigung besonders beeindruckt und bewegt?

Ich habe großen Respekt davor, was die Gründerväter und -mütter geleistet haben. Das war doch eine radikale Idee, eine Universität aus dem Kreis der Bürgerinnen und Bürger Frankfurts zu gründen und nicht in Berlin zu antichambrieren. Es war eine besondere Konstellation: Franz Adickes, einer der ganz großen Frankfurter Oberbürgermeister, und die jüdischen Unternehmer, die das Projekt gemeinsam geplant und dann auch umgesetzt haben. Mit der Uni-Gründung 1914 war es aber nicht getan, es bedurfte der nachhaltigen Unterstützung durch die Frankfurter – das kommt im Titel der Geschichte der Freundesvereinigung von Herrn Maaser sehr gut zum Ausdruck: „Stifter werden Freunde“. Was mich in der Beschäftigung mit der Historie besonders bewegt hat: dieses großzügige und verlässliche Engagement für die Universität in den schwierigen Jahren während und nach dem Ersten Weltkrieg, als Stifter und Freunde privat und geschäftlich sicher viele andere, auch existenzielle Probleme hatten.

Jubiläen sind willkommene Anlässe, um Spenden zu bitten – wie nutzt das Vorstandsteam diesen 100. Geburtstag?

Wir wollen vor allem deutlich machen, dass das 100-jährige Jubiläum der Universität zur Freude dienen soll. Über die eine Million Euro, die wir jährlich aus Mitgliederbeiträgen, Spenden und Mitteln des Kuratoriums für verschiedenste Projekte der Uni aufbringen, wollen wir in diesem Jahr noch eine siebenstellige Summe quasi als Jubiläumszulage der Universität zur Verfügung stellen. Zwei wichtige Projekte sind Stiftungsgastprofessuren für renommierte auswärtige Wissenschaftler und Stiftertafeln für alle Campi, die an die Unterstützer der Universität und der Freundesvereinigung in den vergangenen 104 Jahren erinnern.

Wo steht das Spendenbarometer zurzeit?

In einer Höhe, dass wir denken, unser Ziel erreichen zu können, wenn ganz viele Spender auch weiterhin helfen.

Stadtgesellschaft und Universität in einen lebhaften Dialog zu bringen, ist seit der Gründung der Vereinigung eine ihrer zentralen Anliegen. Die Poetik-Dozentur ist dafür ein wunderbares Beispiel. Verfolgen Sie mit den Stiftungsgastprofessuren ein ähnliches Ziel? An welche Themen denken Sie?

Auch bei der Auswahl der Themen für die Gastprofessuren werden wir uns an unserem Jubiläumsmotto orientieren. Im Fokus steht nichts weniger als die „Zukunft“. An diesem Diskurs können sich alle Wissenschaftsbereiche beteiligen: Natur- und Geisteswissenschaften, Mediziner genauso wie Historiker, Soziologen, Wirtschaftswissenschaftler oder Juristen, um nur einige zu nennen. Zurzeit laufen die ersten Gespräche zwischen den Experten unserer Uni und möglichen Stiftern, die wir angesprochen haben, zu Themen und Personen. Am Ende entscheidet die wissenschaftliche Qualifikation. In der Medizin sind wir bei zwei Themen –Onkologie und Arthrose – in der Vorbereitung schon sehr weit.

Frankfurt und seine Universität waren immer besonders offen für Impulse von außen, und dazu gehören eben auch international anerkannte Gastwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler. Wir stellen uns das so vor, dass alle von dem Besuch des jeweiligen Gastes profitieren: die wissenschaftliche Community, die Studierenden und die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt – mit verschiedenen Vorträgen oder Seminaren für die unterschiedlichen Zielgruppen.

Eine Million Euro fließt jedes Jahr in die Förderung. Neben den gut dotierten Auszeichnungen für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind das jährlich etwa 200 eher kleinere Projekte, die bewilligt werden.

Lassen wir uns mal auf den Begriff der Kundenorientierung ein: Danach ist die Förderung von kleineren Projekten genau das, was der Universität am meisten hilft. Gerade durch die Einbindung der Uni in öffentliche Systeme kann unsere Flexibilität Auslöser für größere Beträge sein, die von anderer Seite kommen. Wir sind also oft der letzte Mosaikstein, wenn beispielsweise noch eine Restfinanzierung für eine wissenschaftliche Tagung fehlt. So erzielen wir mit unserer finanziellen Hilfe ganz andere Effekte, als die eine Million signalisiert. Das bestätigen uns die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler immer wieder.

Gibt es im Vorstand auch Überlegungen, umfangreichere Forschungsvorhaben gezielt zu finanzieren, mal so ein richtig großes Prestigeprojekt zu schultern?

Damit würden wir uns übernehmen, das ist nicht unsere Aufgabe. Aber: neben dem Einsammeln von Geld sind wir auch noch anderweitig für die Uni tätig. So steht es schon in der Satzung der Vereinigung von 1918: Die Vereinigung solle die Universität in der Durchführung all ihrer Aufgaben unterstützen und in der Bevölkerung Sinn und Verständnis für die wissenschaftliche Forschung und Lehre verbreiten. Das ist immer noch sehr zeitgemäß!

Können Sie Beispiele nennen, wo Sie Ihre Erfahrungen eingebracht haben, wenn es um die Unterstützung im administrativen oder politischen Bereich geht?

Als es beispielsweise um die Diskussion ging, wie man eine vermeintliche Konkurrenz zwischen der Stifteruniversität, den Alumni-Vereinen und der Freundesvereinigung produktiv gestalten kann. Wettbewerbsverhältnisse zwischen verschiedenen Firmenteilen oder Töchtern gibt es in großen Unternehmen ebenso, da muss man darauf achten, dass das Gesamtinteresse überwiegt – und ich denke, das ist uns gelungen. Bei politischen Themen können wir aus dem Vorstandsteam Politiker oft einfacher ansprechen, als dies für die Verantwortlichen der Universität möglich ist, die in andere Zwänge eingebunden sind. Das ist bisweilen ganz hilfreich.

Seit April 2010 sind Sie nun Vorsitzender der Freundesvereinigung. Wie versuchen Sie den Kreis der Mitglieder zu erweitern? Derzeit sind es knapp 1600.

Wir haben uns zum Ziel gesetzt, die Mitgliederbasis zu verstärken – ein Unterfangen, dem sich unsere Vorgänger und Vorfahren in der Vereinigung immer schon gewidmet haben. Wir haben – wie so viele andere Vereine – mit dem Problem der Überalterung zu kämpfen, viele scheiden wegen des natürlichen Verlaufs des Lebens aus. Unser Ehrgeiz ist, 2000 Mitglieder zu erreichen – das ist nicht einfach. Aber wir hoffen, dass wir durch das Jubiläumsjahr einen gewissen Schub bekommen. Und es ist unser Ziel, dass wir mehr Alumni und Alumnae der Goethe-Universität zur Mitwirkung in der Vereinigung gewinnen. Das würde natürlich auch die Altersstruktur positiv verändern.

Wir sollten an die Worte von Henry Oswalt, dem Initiator unserer Freundesvereinigung, erinnern: „In jedem Frankfurter möge das Gefühl lebendig sein: das ist meine Universität.“ Und dazu gehören doch beispielsweise auch Eltern und Großeltern, deren Kinder und Enkel an dieser Universität studieren.

Und was haben der Vorstand und die Geschäftsführung in den vergangenen Jahren an Veränderungen auf den Weg gebracht?

Wir haben sehr viel administrativ verändert und bewältigen müssen. Die Deutsche Bank hatte über viele, viele Jahre sehr großzügig die Freundesvereinigung unterstützt und sich dann aus Gründen, die wir selbstverständlich nachvollziehen und akzeptieren können, entschlossen, das zurückzufahren. Wir haben dann 2015 den Umzug der Geschäftsstelle auf den Campus Westend organisiert, auch um räumlich nahe bei der privaten Hochschulförderung zu sein. Wir haben uns personell und organisatorisch, insbesondere im Bereich Mitglieder, Zahlungswesen, IT neu aufgestellt. Das war aufwendig, aber erforderlich. Viele machen es wie ich: Sie spenden nur an Organisationen, die professionell arbeiten.

Hat sich das kürzlich eingeführte, gestaffelte Mitgliedersystem mit Freunden, Förderern und Donatoren sowie Kuratoriumsmitgliedern bewährt?

Das hat sich sehr bewährt – so haben sich viele mit einem kleinen Kreuz entschieden, mehr zu tun und sind in die nächsthöhere Kategorie gewechselt. Zudem haben wir viele Mitglieder für unser Kuratorium gewonnen. Inzwischen leisten die Kuratoriumsmitglieder – Unternehmen, aber auch Privatpersonen – einen konstanten, sehr wesentlichen Beitrag zum Etat der Vereinigung.

Als Ihnen Oberbürgermeister Peter Feldmann vor zwei Jahren die Ehrenplakette der Stadt überreichte, charakterisierte er Sie so: „ein Teamplayer, der aber keinen Zweifel daran lässt, wer der Kapitän ist.“ Fühlen Sie sich gut getroffen? Auch in Ihrem jetzigen Ehrenamt?

Was meine Funktion bei Fraport betraf – ganz sicher. Denn ein CEO in einem großen Konzern spielt eine andere Rolle als ein normales Vorstandsmitglied – das ist gewollt, und diese Rolle muss der Vorsitzende auch ausüben. Hier im Vorstand der Freundesvereinigung bin ich sicher mehr Teamplayer als Kapitän. Die Kolleginnen und Kollegen tragen in verschiedener Weise zum Erfolg bei, und es kommt darauf an, als Vorsitzender diese verschiedenen Talente und Möglichkeiten zu bündeln, um den gemeinsamen Erfolg zu erhöhen.

In einem Interview mit dem Sozialpsychologen Prof. Rolf Haubl in Forschung Frankfurt (Heft 1/2017) ging es um die „Kunst des Abdankens“ und dabei auch um ehemalige Topmanager im Ehrenamt. Als ein wichtiges Motiv nannte Haubl: Führungskräfte wollten etwas zurückgeben. Und außerdem seien sie als Manager oft gezwungen gewesen, Entscheidungen zu fällen, die sie als Rollenträger, aber nicht als Person getroffen hätten. Das hinterlasse ein Gefühl der Schuld und den Wunsch, etwas wiedergutmachen zu wollen. Können Sie das nachvollziehen?

Nein, eigentlich nicht, das ist nicht mein Motiv. Ich bin ja vielfältig in Ehrenämtern unterwegs, die Uni ist sicher ein wichtiges, aber ich würde dieses ehrenamtliche Engagement nicht so überhöhen. Zurückgeben – das finde ich ein bisschen eitel! Henry Oswalt, der erste Vorsitzende der Freundesvereinigung, hat gesagt: „Ich bin Empfangender und nicht Gebender.“ Das ist vielleicht ein bisschen untertrieben. Aber ich würde nie so ein Amt längere Zeit ausüben, wenn es mir keinen Spaß machen würde. Ich finde diese Uni wahnsinnig spannend, ich finde es spannend, einen Beitrag dazu zu leisten, die Uni für die Zukunft noch besser aufzustellen.

Es stimmt ja: unsere Zukunft liegt in den Köpfen. Und: die jungen Leute müssen in dem weltweiten Wettstreit der Talente bestehen. Das ist ein ganz anderes Konkurrenzverhältnis als in meiner Generation. Also muss man doch was tun – oder?

Fragen: Ulrike Jaspers

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