
Die Gruppe »Molekulare Bioinformatik« von Prof. Ina Koch, mit Bachelor-, Master-, Promotions-Studierenden, Postdocs, technischen Kräften und Sekretärin.
Der Bachelor of Science Bioinformatik: Wer später mit computergestützten Methoden aktuelle Forschungsaufgaben in der Biologie und Medizin lösen möchte, für den ist dieser Studiengang das Richtige.
Die Goethe-Universität bietet ein ideales Umfeld: Sie ist forschungsstark in Biologie, Mathematik und Medizin, umgeben von Forschungseinrichtungen wie dem Paul-Ehrlich- oder Max-Planck- Institut sowie großen Pharmaunternehmen wie Sanofi und Merck.
„In den 90er Jahren war unser Fach eine Kreuzung aus zwei Wissenschaften. Heute ist die Bioinformatik, ähnlich wie die Biochemie, eine sehr eigenständige Disziplin“, macht Ina Koch, Professorin für Bioinformatik, gleich zu Beginn deutlich. Sie ist eine von zwei Professoren des kleinen, aber zukunftsträchtigen Studiengangs. „Zwischen beiden Wissenschaften sind Grenzgebiete entstanden, die weder der einen noch der anderen Disziplin zuzurechnen sind.“ Ziel des Studiums sei es, die Sprachen beider Disziplinen zu verstehen, um mit computergestützten Methoden Probleme der Biologie zu lösen. „Ein Bioinformatiker spricht sowohl die Sprache des Informatikers als auch des Mediziners oder Biologen und kann zwischen ihnen vermitteln.“
2001 wurde der Diplom-Studiengang in Frankfurt aus der Taufe gehoben. An der Goethe-Universität gibt es bisher zwei unbefristete Bioinformatik-Professuren, Ingo Ebersberger am FB 15 und Ina Koch am FB 12 und zwei befristete Bioinformatik-Professuren, Franziska Matthäus am FIAS und FB 15 und Kathi Zarnack am BMLS und FB 15. Da der Studiengang am Institut für Informatik angesiedelt ist, gehören Lehrende wie Studierende zu den letzten Nutzern des Campus Bockenheim und regelmäßigen Pendlern zum Campus Riedberg. Das gehört zu den wenigen Minuspunkten, die die recht begeisterten Bioinformatiker zu nennen bereit sind. Denn: Welche Rolle die Auswertung von Daten in den Lebenswissenschaften spielen kann, das leuchtet jedem ein, der schon einmal Dokumentationen über medizinische Forschung angeschaut hat.
Spätestens im Masterstudium geht es dann auch um Fragestellungen wie: Welche Mutationen in Genomen sind krankheitserregend? Woran erkennt man den Unterschied zwischen einem gesunden und einem kranken Stoffwechsel? Welche chemischen Reaktionen von Proteinen sorgt für Wechselwirkungen zwischen Genen? Ganz zu Beginn des Bachelor-Studiums besuchen Erstsemester noch die gleichen Vorlesungen wie reine Informatiker oder Biologen, aber schon im zweiten Semester stehen spezielle Bioinformatikveranstaltungen auf dem Plan.
Die sechs Semester Regelstudienzeit sind vollgepackt mit Pflichtmodulen. „Daher lassen wir unseren Studierenden große Freiheit beim Wahlpflichtmodul. Das kann von Sport bis Sprachen gehen“, sagt Ina Koch, die zugleich Studiengangorganisatorin und wissenschaftliche Leiterin ist. Spaß und Freude am Studium hätten viele, „weil man bei uns sehr frei denken darf“. „Der Andrang ist groß für ein Spezialfach“, sagt Koch stolz.
Der Numerus Clausus der letzten Jahre im Zweierbereich stellt keine allzu große Hürde dar. „Aber Mathematik und Informatik muss man mögen“, so die Professorin. Schließlich braucht man gewisse analytische Fähigkeit, um Gesetzmäßigkeiten in den Unmengen von Daten zu erkennen, die in Biologie und Medizin anfallen. „Dafür lernt man bei uns Algorithmen und das Programmieren.“
Mischung aus zwei Wissenschaften
Dass Leonard Feist nach dem Abitur auf den kleinen Studiengang der Goethe-Universität aufmerksam wurde, verwundert nicht, wenn man seine Leistungskurse kennt: Biologie und Informatik. Bis heute bereut er seine Wahl nicht, weiß aber, dass die Mischung aus zwei Wissenschaften nicht jedermanns Sache ist: „Im biologischen Teil muss man sehr viel auswendig lernen, im informatischen Teil hingegen rätselartige, logische Problemstellungen lösen.
Gegensätzlicher geht es kaum und viele ehemalige Kommilitonen sind mit einem der beiden Bereiche nicht klargekommen und haben dann in ein Studium des anderen Bereichs gewechselt.“ Er selbst möchte erstmal die vielen Facetten der Bioinformatik besser kennenlernen, „damit ich mir ein Bild davon machen kann, welche mir dauerhaft am besten gefällt“. Besonders spannend und faszinierend findet er schon jetzt die Erschaffung von künstlichen neuronalen Netzen und hofft auf Vertiefung im Masterstudium, das er, „wie in den Naturwissenschaften üblich“, auf den Bachelor setzen möchte.
Spätestens im Master spezialisieren sich die Studierenden durch Wahlpflichtfächer in Bioinformatik, Mathematik, Medizin, Chemie, Physik oder Mathematik und ein Forschungspraktikum, „das man problemlos im Ausland absolvieren kann“. Auch die Studierenden in Frankfurt seien sehr international aufgestellt. „Wegen unserer Chinesen, die extra Deutsch gelernt haben, um bei uns zu studieren, verzichten wir im Bachelor-Studiengang noch auf Veranstaltungen in Englisch“, sagt Koch.
Die Literatur sei aber zu 90 Prozent englisch. Bachelorstudent Johannes Gabele wird wie die meisten seiner Kommilitonen „höchstwahrscheinlich den Master Bioinformatik beginnen.“ 80 Prozent setzen sogar auf den Master noch eine Promotion, „denn Bioinformatik ist immer forschungsorientiert – sogar in der Industrie“, sagt die Professorin. Johannes Gabele kann der Gedanke an viele weitere Semester an der Uni nicht schocken:
„Mein Studium ist bunter als gedacht. Die Einsatzmöglichkeiten sind derart vielfältig, dass ich immer wieder neue entdecke.“ Den jungen Mann aus dem Vordertaunus faszinieren gleich mehrere Themen: „Neurobiologie, wo riesige Netzwerke untersucht werden und Software benötigt wird, um alle Daten analysieren und verarbeiten zu können. Proteine und Gene, die untersucht und anhand Mustern und Funktionen verglichen, aber auch modifiziert werden.
Und Netzwerke als reines informatisches Fachgebiet.“ Die Berufschancen für Absolventen sind gut: „In der Forschung gibt es natürlich vor allem befristete Stellen, so dass wir die besten Absolventen an die Industrie verlieren“, bedauert Ina Koch. Sehr interessiert seien neben den großen Pharma-Unternehmen auch junge Biotech-Firmen. „Die großen Zentren für Bioinformatik in Deutschland sind München und Berlin.
Aber auch wir in Frankfurt haben ein perfektes wissenschaftliches Umfeld“, ist Ina Koch überzeugt. Auch wenn manche Studierende über den ständigen Wechsel zwischen Campus Bockenheim und Campus Riedberg stöhnen: „Die Wege bei uns zwischen den Fachbereichen sind kurz und man kennt sich.“
[Autorin: Julia Wittenhagen]
Dieser Artikel ist in der Ausgabe 6.16 (PDF-Download) des UniReport erschienen.