Paralympics in Paris: »Wir wollen Begeisterung verbreiten«

Nico Dreimüller, Jura-Absolvent der Goethe-Universität, nimmt als Rollstuhlbasketballer an den Paralympics in Paris teil.

Nico Dreimüller auf dem Spielfeld (r.). Als Vereinsspieler ist Dreimüller in der 1. Mannschaft der Rhine River Rhinos aktiv. Foto: privat

UniReport: Herr Dreimüller, Glückwunsch zur Teilnahme an den Paralympics in Paris!
Wie sieht für Sie persönlich die Vorbereitung aus, wie zeitaufwendig ist das?

Nico Dreimüller: Ab Mitte Juni trainieren wir als Mannschaft an ein paar Wochenenden in Ulm, bevor wir Ende Juli für dreieinhalb Wochen nach Livigno (Italien) fahren, um dort ein Höhentrainingslager zu absolvieren. Kurz vor den Paralympics spielen wir dann noch ein paar Testspiele in Köln. Dazu kommt individuell Wurf-, Kraft- und Ausdauertraining, das ich vor allem hier in Frankfurt absolvieren werde. Alles in allem werde ich den Sommer deshalb viel in der Sporthalle verbringen, aber es macht mir auch großen Spaß!

Wie lange spielen Sie schon Rollstuhl-Basketball, wie hat das bei Ihnen angefangen?

Ich spiele Rollstuhlbasketball schon, seit ich etwa sieben Jahre alt bin. Meine Eltern haben mich schon früh bei einer Spiel- und Sportgruppe für Kinder mit Behinderungen angemeldet, auch damit ich den Umgang mit dem Rollstuhl lerne. Ich war vom Rollstuhlbasketball besonders beeindruckt und motiviert, es eines Tages in die Nationalmannschaft zu schaffen.

Sie haben kürzlich Ihr Jura-Studium an der Goethe-Universität abgeschlossen. Was hat Sie an Ihrem Studium besonders interessiert, können Sie uns schon etwas über Ihren weiteren beruflichen Werdegang verraten?

Zurzeit absolviere ich das Rechtsreferendariat am Landgericht Frankfurt am Main, wobei ich erfreulicherweise für die Vorbereitungszeit auf Paris und die Paralympics selbst freigestellt werde. Das Jurastudium an der Goethe-Universität hat mir viel Spaß gemacht, insbesondere die Vorlesungen im Bereich des Geistigen Eigentums zum Ende meines Studiums. Im Moment macht mir die Arbeit bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt viel Spaß, aber ich bin mir noch nicht sicher, in welche Richtung es beruflich für mich geht.

Als Leistungssportler investiert man viel Zeit in die Disziplin, was im Hinblick auf Beruf und Ausbildung nicht immer einfach ist. Wie ist das bei Ihnen, konnten und können Sie beides in eine Balance bringen?

Ich versuche nach wie vor, Studium/Beruf und Sport zu möglichst 100 Prozent zu verfolgen und es bedarf viel Planung und Organisation. Für mich ist es unerlässlich, meine Zeit in „Lernphasen“ und „Sportphasen“ aufzuteilen beziehnungweise Schwerpunkte zu setzen: Vor wichtigen Spielen oder Turnieren trainiere ich etwas mehr und mache etwas weniger für mein Studium/Beruf. Anders herum habe ich zum Beispiel vor dem ersten Staatsexamen weniger Sport gemacht und eine Europameisterschaft mit der Nationalmannschaft ausgesetzt. Essenziell ist das Verständnis und die Unterstützung von der Familie, Freunden und den Dozenten/Vorgesetzten, da ich mich zum Beispiel ohne die gewährte Freistellung vom Referendariat kaum ausreichend auf Paris vorbereiten könnte.

Paralympics erfahren mittlerweile eine große mediale Aufmerksamkeit. Das war sicherlich nicht immer so. Was müsste sich noch ändern, damit auch Paralympics-Sportler*innen die entsprechende gesellschaftliche Wertschätzung erfahren? Und was wäre Ihr persönlicher Tipp für andere Paralympics-Sportler*innen, sich in der gewählten Disziplin durchzusetzen – und vor allem auch noch Spaß daran zu haben? 

Ich denke, viele paralympische Athlet*innen versuchen, Vorbilder und Antreiber für eine inklusivere Gesellschaft zu sein. Die mediale und gesellschaftliche Aufmerksamkeit durch die Paralympics ist deshalb eine tolle Gelegenheit, Vorurteile zu bekämpfen und zu zeigen, dass es nicht „schlimm“ oder „bedauernswert“ ist, eine Behinderung zu haben. Erfolg in Paris kann dabei helfen, aber es erscheint mir noch wichtiger, Spaß am Sport zu haben und das zu zeigen. Ich habe meinen Sport nicht lieben gelernt, weil Spieler X den Ball besonders gut werfen konnte, sondern weil ich Begeisterung auf dem Spielfeld gespürt habe. Wir wollen Begeisterung verbreiten.

Fragen: Dirk Frank

Hinweis: Die Paralympischen Sommerspiele finden vom 28. August bis zum 8. September 2024 in Paris statt. 

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