Ein Übersetzungsseminar der Skandinavistik hat Texte des dänischen Literaturnobelpreisträgers Henrik Pontoppidan ins Deutsche übertragen. Nun erscheint das Buch im Wallstein Verlag.
Ein Klassiker der Moderne, 1917 sogar mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet – doch in Deutschland mittlerweile relativ unbekannt, beklagt Marlene Hastenplug, Lektorin in der Skandinavistik. Die Rede ist vom dänischen Schriftsteller Henrik Pontoppidan, der in Dänemark immer noch ein kanonischer Autor ist, vor allem mit seinem Opus magnum „Hans im Glück“. Der Roman wurde 2018 von Bille August verfilmt („Per im Glück“).
„Sich mit ihm zu beschäftigen, lohnt sich wirklich. Er ist ein bedeutender Vertreter des sogenannten Modernen Durchbruchs, der in seinen belletristischen, aber auch journalistischen Texten die Gesellschaft und ihr Verhältnis zur Natur auf hintersinnige und auch humorvolle Weise beobachtet hat. Er hat sich durchaus auch kritisch mit dem norwegischen Literaturstar seiner Zeit, mit Henrik Ipsen, auseinandergesetzt“, betont Marlene Hastenplug, die seit 2011 mit der Henrik-Pontoppidan-Gesellschaft zusammenarbeitet. Übersetzungen ihrer Studierenden wurden schon auf der Website der Gesellschaft veröffentlicht. „Doch nun wurde die Idee einer Buchveröffentlichung an mich herangetragen“, erzählt Hastenplug. Über das NEUSTART KULTUR-Programm des Deutschen Übersetzerfonds wurde eine Gastdozentur bewilligt. Der erfahrene Übersetzer Ulrich Sonnenberg, der schon lange Literatur aus dem Dänischen und Norwegischen ins Deutsche überträgt, konnte dafür gewonnen werden. Sonnenberg, der auch schon Pontoppidan übersetzt hatte, stellte den Kontakt zum Göttinger Wallstein Verlag her.
Im Seminar beschäftige sich jede*r Studierende*r mit einem eigenen Text, die Übersetzungen wurden dann im Seminar besprochen. Die finale Redaktion lag bei Ulrich Sonnenberg, in Zusammenarbeit mit Marlene Hastenplug und immer auch in Absprache mit den Studierenden. „Ich finde es auch wichtig, dass im Buch jeder Studierende genannt wird“, betont Marlene Hastenplug. Sie ist stolz darauf, dass sich bereits fünf ihrer früheren Studierenden als Übersetzer etabliert haben. „Natürlich ist das Berufsfeld für Übersetzer skandinavischer Literatur sehr überschaubar, aber umso erfreulicher, wenn Absolventen der Frankfurter Skandinavistik den Einstieg schaffen.“
Hastenplug freut sich auf das Buch, das auf 225 Seiten eine beachtliche Menge an Texten Pontoppidans enthält: „Das ist vor allem für unsere Studierenden eine großartige Würdigung ihrer sprachlichen Kompetenzen und auch ihres Engagements. Sie haben nicht nur die Texte mit großer Sensibilität für die Zeit, in der sie erschienen sind, übersetzt. Sie haben sich auch viele andere Aspekte einer Buchproduktion erschlossen und eine sehr schöne Auswahl für das Buchcover getroffen“, sagt Hastenplug. Pontoppidan sei gewiss kein leichter Autor, konzediert Hastenplug. Man könne bei schwierigen Textstellen auch nicht mehr den Verfasser fragen, dessen Todesjahr sich 2023 zum 80. Mal jährt. „Man benötigt schon verschiedene Nachschlagewerke, um für komplizierte Begriffe und Redewendungen ein adäquates Pendant im Deutschen zu finden. Was ist zum Beispiel ein Bezirksarzt in der Zeit gewesen?“ Sie freut sich, dass das Übersetzungsseminar weitergehen wird – „denn es gibt noch einiges von Pontoppidan zu übersetzen“, lacht sie, und hofft auf eine Wiederentdeckung des dänischen Literaturnobelpreisträgers im deutschen Sprachraum.
Unterstützt wird das Buchprojekt von der Taskforce Forschung, Fachbereich 10, von der Georg und Franziska Speyer´sche Hochschulstiftung sowie von der Danish Arts Foundation.
HENRIK PONTOPPIDAN: KAUM EIN TAG OHNE SPEKTAKEL. ERZÄHLUNGEN UND FEUILLETONS.
Hg. von Marlene Hastenplug und Ulrich Sonnenberg.
Wallstein Verlag 2023, Göttingen
Aus dem Dänischen übersetzt von Teilnehmenden des Pontoppidan-Übersetzungs-Seminars der Goethe-Universität Frankfurt.
Das Buch erscheint am 26. Juli 2023.