Abschlussvortrag der Ringvorlesung “Was hilft heilen?”

blog_allgemeinmedizin_mccormack_gross“Choosing Wisely – Less is more, more or less” „Gemeinsam klug entscheiden – Weniger ist mehr, mehr oder weniger“, Prof. James McCormack, Kanada

Weniger ist manchmal mehr – in der Medizin gilt das insbesondere für die Verordnung von Medikamenten. Wie sich Ärzte diesem Ziel nähern können, schilderte der kanadische Pharmazie-Professor James McCormack in anschaulicher und unterhaltsamer Weise. Damit setzte er den Schlusspunkt der Ringvorlesung „Was hilft heilen?“. Diese fünfteilige, hochkarätig besetze Vorlesungsreihe des Instituts für Allgemeinmedizin eröffnete Studierenden und Lehrenden der Medizin sowie Interessierten neue und außergewöhnliche Perspektiven rund um das Thema Gesundheit und Heilung.

James McCormack, Professor für Pharmazie an der Universität British Columbia in Vancouver in Kanada, ist einer der führenden Experten auf dem Gebiet der Polypharmazie. Sein Auftrag: die sinnvolle und bedachte Anwendung von Medikamenten. Polypharmazie bedeutet nicht selten zu viele, teilweise auch ungeeignete und überdosierte Medikamente. Um dem entgegenzuwirken, empfiehlt McCormack eine unkonventionelle Herangehensweise: das gesamte Wissen auf den Prüfstand zu stellen und sich zu fragen, für welche medizinischen Handlungen es eigentlich Beweise gibt.

Um seine Forderung zu veranschaulichen, entzauberte McCormack zunächst so manch verbreitete medizinische Alltags-Mythen wie „Karotten sind gut für die Augen“, „acht Gläser Wasser am Tag sind gesund“. Es sei schlicht nicht erwiesen, dass es schädlich ist, nach dem Essen schwimmen zu gehen und dennoch hielten sich solche Gesundheitsweisheiten hartnäckig.

blog_allgemeinmedizin_mccormack_02Medizinisches Wissen befinde sich in stetigem Wandel, so der Kanadier. Sein Motto laute daher, sich auf Evidenz-basierte Daten zu konzentrieren und zusätzlich den gesunden Menschen-verstand, „eine selten gewordene Superkraft“, zum Wohle der Patienten einzusetzen. Dazu gehöre es auch, Leitlinien und Empfehlungen kritisch zu hinterfragen und sich den propagierten Nutzen einer Behandlung anhand absoluter Zahlen konkret zu veranschaulichen.

In seinem Vortrag zeigte McCormack auf, wie sich vielfach die einzunehmenden Medikamente schrittweise deutlich reduzieren lassen: Im Mittelpunkt steht dabei, die Arzneimittel nach Nutzen und Nebenwirkungen zu priorisieren und anschließend die niedrigste wirksame Dosis zu ermitteln. Denn eine Vielzahl von Medikamenten wirke bereits deutlich unterhalb der von den Herstellern empfohlenen Dosierung, erklärte McCormack.

Im Zentrum aller medizinischen Entscheidungen stehe der individuelle Nutzen der Patienten, resümierte McCormack. Es gilt, die Patienten aktiv einzubeziehen, um gemeinsam einen sinnvollen und umsetzbaren Behandlungsplan zu erstellen. Praktische Unterstützung können dabei verschiedene Tools aus dem Internet bieten, wie Kalkulatoren zum persönlichen Krankheitsrisiko oder die Plattform „MedStopper“.

James McCormack trägt seine Botschaft mit großem Einsatz in die Welt, dazu nutzt er auch seine Leidenschaft für Musik und ist mittlerweile als „YouTube-Star“ für seine unterhaltsamen medizinischen Neuinterpretationen einiger Klassiker bekannt, darunter: „Choosing Wisely“ und „Bohemian Polypharmacy“.

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Weitere Informationen zur Ringvorlesung sind auf der Homepage des Instituts für Allgemeinmedizin nachzulesen: http://www.allgemeinmedizin.uni-frankfurt.de/lehre/ringvorlesung.html

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