Anlässlich des Internationalen Frauentages am 8. März möchte das Museum Giersch der Goethe-Universität auf das Schicksal von zwei herausragenden Fotografinnen der Weimarer Republik aufmerksam machen. Die Schwestern Nini (1884–1943) und Carry Hess (1889–1957) schufen einfühlsame individuelle Porträts und prägten das Bild der „Neuen Frau“ der 1920er-Jahre mit. Die geplante Ausstellung des Museums im Frühjahr/Sommer nächsten Jahres mit rund 180 Originalfotografien gibt zum ersten Mal einen differenzierten Überblick über Biographie und Werk der Frankfurter Schwestern, deren Leben und Karriere von den Nationalsozialisten aufgrund ihrer jüdischen Herkunft zerstört wurde. Den Schwerpunkt bilden Porträt- und Theaterfotografie, daneben werden Arbeiten aus dem Bereich der Tanz-, Akt-, Mode- und Architekturfotografie zu sehen sein.
Erinnert wird an zwei Fotografinnen, deren Atelier in der Börsenstraße zu den angesehensten in Deutschland gehörte. Die beiden Schwestern hatten es 1913 gegründet und sich auf Porträtfotografie spezialisiert. Ihre Kundschaft fanden sie vor allem im Großbürgertum der Frankfurter Stadtgesellschaft.
Ausgestattet mit einem Generalvertrag mit der Stadt Frankfurt hielten die Hess-Schwestern zudem das Bühnengeschehen dieser Jahre in einer Vielzahl von Szenenfotos und Rollenporträts fest. Es entstanden ferner zahlreiche Zivilporträts von Bühnenstars wie Heinrich George, Fritta Brod, Constanze Menz oder Gerda Müller, aber auch von berühmten Tänzerinnen wie Mary Wigman, Niddy Impekoven und Anna Pawlowa.
Die Qualität ihrer Aufnahmen und ihre gute Vernetzung in Künstlerkreisen sorgten dafür, dass sie regelmäßig für führende Magazine wie die „Berliner Illustrierte Zeitung“, den „Querschnitt“ oder den „Uhu“ fotografierten. Illustrationsaufträge für die Frauenbeilage der „Frankfurter Zeitung“ kamen hinzu. Prominente wie Carl Zuckmayer, Alfred Döblin, Thomas Mann, Max Beckmann, Paul Hindemith, Ferdinand Kramer oder C. G. Jung ließen sich von Nini und Carry Hess porträtieren.
In der Reichspogromnacht 1938 zerstörten Angehörige der SA das Atelier sowie das Bildarchiv der Schwestern vollständig. 1942 wurde Nini Hess ebenso wie ihre Mutter deportiert und vermutlich 1943 in Auschwitz ermordet. Carry Hess war 1933 nach Paris emigriert. Nach der Befreiung scheiterte ihr Versuch, dort wieder als Fotografin zu arbeiten. Ihre letzte Lebensphase ist geprägt durch den demütigenden Kampf mit den deutschen Behörden um finanzielle Wiedergutmachung.
Das Museumsteam ist an weiteren Hinweisen zu Leben und Werk der Schwestern sowie möglichen Fotografien in Privatbesitz interessiert. Gerne können Sie sich telefonisch unter 069/13821010 oder per E-Mail an info@museum-giersch.de melden.