Kunst und Raum zusammenbringen

George Rippon und Anina Troesch, t ŋ, 2015, Teppich, Gitter, Kette, Maße variabel, Installationsansicht. (Ausschnitt); Foto: Timo Ohler
George Rippon und Anina Troesch, t ŋ, 2015, Teppich, Gitter, Kette, Maße variabel,
Installationsansicht. (Ausschnitt); Foto: Timo Ohler

Der Jahrgang 2014 des Masterstudiengangs Curatorial Studies wurde von der KW Institute for Contemporary Art in Berlin eingeladen, eine Ausstellungsserie für den kleinen Raum »3 ½« zu konzipieren und eigenständig durchzuführen. Inhaltliche Vorgaben gab es dafür keine. Eine große Chance, aber auch eine Herausforderung, schließlich haben alle verschiedene Vorstellungen davon, was eine Ausstellung ausmacht.

Nun bereits im fünften Jahr führt das Masterprogramm jährlich 12 bis 15 Studierende zusammen, die sich für kuratorische Fragen innerhalb ihrer Forschungsbereiche interessieren. Die fachlichen Hintergründe sind dabei ganz verschieden: Kunstgeschichte, aber auch Geschichtswissenschaft, Ethnologie, Philosophie, Kulturwissenschaften oder freie Kunst können Ausgangspunkt für die Frage nach Ausstellungskonzeptionen sein.

Fachwissen soll miteinander verknüpft werden und die Diskussionen um Ausstellungstheorie, aber auch -praxis aus verschiedenen Perspektiven bereichern. Zur Einführung in die Thematik des Kuratierens werden im Rahmen des Seminars „Curators Series“ Ausstellungen besucht und in Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen der Institutionen kritisch analysiert.

Doch wie lässt sich Kritik, unabhängig davon ob ästhetischer, didaktischer oder inhaltlicher Natur, positiv umsetzen? Auch bei journalistischen Ausstellungskritiken ist es viel einfacher, einen Verriss zu schreiben als eine gut begründete Anerkennung. Bei dem Projekt DOPPELZIMMER geht es nicht nur darum, thematisch wie ästhetisch interessante Zusammenhänge zu präsentieren und die Qualität hinter den ausgewählten oder noch entstehenden Arbeiten zu erkennen; vielmehr müssen die Ideen im Rahmen der Möglichkeiten umgesetzt werden.

Wie kalkulieren wir eigentlich die Kosten, wenn wir noch gar nicht wissen, was am Ende entstehen wird? Welche Kunst kann in einem Raum gezeigt werden, in dem es keine Aufsicht, also auch keine Versicherung gibt? Dazu kommt das Beantragen von Fördergeldern oder die frühzeitige Aktivierung der Pressekanäle. Für die Ausstellungsserie DOPPELZIMMER stand früh fest, dass man von einer thematischen Setzung absehen wollte.

Der Raum „3 ½“ in den KW Institute for Contemporary Art war dabei zwangsläufig Ausgangspunkt der Überlegungen: Kunst und Raum müssen sowohl ästhetisch als auch in praktikabler Hinsicht zueinander passen. Es entstand schließlich die Idee, immer zwei Künstler je Ausstellung zusammenzuführen, die paarweise nacheinander das DOPPELZIMMER „beziehen“.

Auf diese Weise wird die Enge des verhältnismäßig kleinen Raumes positiv genutzt, um skulpturale Objekte, Installationen, Sound- oder Videoarbeiten miteinander in Bezug zu setzen, zu konfrontieren oder zusammenzuführen. Im Verlauf der engen Zusammenarbeit mit jeweils vier Kuratoren und zwei Künstlern beziehen sich die Studierenden unterschiedlich stark in die Entstehungsprozesse der einzelnen Kunstwerke ein.

Der eigentliche kuratorische Akt besteht aber in der Auswahl und Zusammenführung zweier Positionen. Die Verankerung der Curatorial Studies an der Akademie für Bildende Künste – Städelschule war für DOPPELZIMMER in vielerlei Hinsicht prägend, so besteht immerhin bei der Hälfte der eingeladenen Künstler eine Verbindung zur Städelschule. Ein eigenes Projekt umzusetzen ist Teil des Masterstudiengangs Curatorial Studies.

2014 kuratierten die Studierenden die Kabinettausstellung „Vergessene Körper: Helmut Kolle und Max Beckmann“ zusammen mit dem Städelmuseum und 2013 ein Performance- und Filmprogramm im Rahmen der Oiticica Retrospektive in Kooperation mit dem MMK Museum für Moderne Kunst Frankfurt. Die Realisierung des diesjährigen Projekts in Berlin ist für den Studiengang Neuland und bedeutet eine Öffnung über den regionalen Raum hinaus.

15 Studierende sitzen zusammen und diskutieren die konzeptuellen Pfeiler für die Ausstellungsserie DOPPELZIMMER. „Die Künstler wollen für ihre Arbeiten weiße Wände. Was kann man denn dann dagegen sagen?“, fragt einer. „Aber der Rohbau ist viel attraktiver und er ist unsere kuratorische Setzung. Dem sollten sie sich anpassen!“, antwortet jemand. Interdisziplinarität hin oder her – einig werden sich 15 Studierende sicher nicht. Wer aber seinen eigenen Standpunkt anhand projektbezogener Diskussionen zu definieren lernt, ist doch schon ein großes Stück weiter.
[Autoren: Daniela Leykam und Clara Sterzinger]

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Masterstudiengang »Curatorial Studies« an der Goethe-Universität
Zweijähriger Kooperationsmasterstudiengang der Goethe-Universität und der Staatlichen Hochschule für Bildende Künste – Städelschule – in Zusammenarbeit mit Städel Museum, Liebieghaus Skulpturensammlung, MMK Museum für Moderne Kunst, Historisches Museum Frankfurt, Weltkulturen Museum und Portikus; angesiedelt am Kunstgeschichtlichen Institut mit Beteiligung von Philosophie, Ethnologie, Geschichtswissenschaft und Kunstpädagogik; Aufnahme nur zum WS möglich. Absolventenquote: 85 % mit direktem Einstieg ins Berufsleben; 12 bis 15 Studierende pro Jahrgang; Unterrichtssprachen: Deutsch (Goethe-Uni), Englisch (Städelschule). (Stefanie Heraeus) www.kuratierenundkritik.net

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