Wissenschaftsrat würdigt die erfolgreiche Arbeit des Sigmund-Freud-Instituts

Der gläserne Anbau für die Hörsäle des Sigmund-Freud-Instituts wurde 2015 eröffnet. (Bild: SWAP Architekten)

Das Sigmund-Freud-Institut (SFI) in Frankfurt ist vom Wissenschaftsrat sehr gut bewertet worden. Nach einer ausführlichen Begehung bescheinigten die Gutachter dem Institut, das sich forschend mit der Psychoanalyse und ihren Anwendungen befasst, für die Zukunft gut aufgestellt zu sein – und gab ihm wegweisende Empfehlungen mit. Das vom Land Hessen finanzierte Institut kooperiert eng mit der Goethe-Universität Frankfurt und der Universität Kassel. 2016 gab es einen doppelten personellen Neubeginn an der Spitze des SFI.

In seinem Bericht würdigt der Wissenschaftsrat, der vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst beauftragt worden war, die Verbindungen von klinischer Psychoanalyse, Sozialpsychologie und kulturwissenschaftlichen Perspektiven, die das Programm des Instituts auszeichnen. Mit Nachdruck hob er die Interdisziplinarität in den als innovativ und zukunftsweisend bewerteten Forschungsprojekten des SFI hervor. Auch hinsichtlich Organisation und Struktur sei intensive Arbeit geleistet worden. „Die Leistungen, die die neue Institutsleitung im Hinblick auf die Konsolidierung und wissenschaftliche Weiterentwicklung des SFI seit 2016 erbracht hat, verdienen große Anerkennung“, heißt es in der Stellungnahme.

Insbesondere unterstreicht der Wissenschaftsrat in seinem Gutachten die Bedeutung des bei der Volkswagenstiftung in deren Förderlinie „Schlüsselthemen für Wissenschaft und Gesellschaft“ eingeworbenen Verbundprojekts „Das vermessene Leben“. Auch mit seinen Präventions- und Evaluationsprojekten, etwa zur Beteiligung an den Psychosozialen Zentren zur Versorgung von Flüchtlingen in Hessen, wie sie vom hessischen Sozialministerium gefördert werden, nehme das Institut eine wichtige Aufgabe wahr. Und nicht zuletzt unterstreicht das Gutachten die wertvollen Verdienste der Ambulanz im klinischen Bereich und begrüßt die Forschung zu psychoanalytischen Therapien bei Zwangserkrankungen. Mit Blick auf die Qualität der Nachwuchsförderung wird das bei der Hans-Böckler-Stiftung eingeworbene Promotionskolleg hervorgehoben, an dem alle Abteilungen des SFI beteiligt sind.

Auch die produktiven Kooperationen des SFI fanden beim Rat viel Zustimmung. Die Professur für psychoanalytisch ausgerichtete Soziologie und Sozialpsychologie an der Goethe-Universität, eine der Leitungspositionen am SFI, sei ein Alleinstellungsmerkmal. Auch erweise sich die Verbindung von Gesellschaftstheorie und Psychoanalyse als wertvoll für die Arbeit des wissenschaftlichen Nachwuchses und die Studierenden. Die inhaltliche Ausrichtung des SFI, das auch mit anderen außeruniversitären Instituten kooperiert, füge sich gut in den sozialwissenschaftlichen Forschungsschwerpunkt der Goethe-Universität ein. Auch die Kooperation mit der Universität Kassel funktioniere gut. Der Rat lobte die Besonderheit, dass das SFI und der Fachbereich Erziehungswissenschaft in Kassel beim Thema Therapie und Entwicklung von Kindern und Jugendlichen eng zusammenwirkten. So könnten in Bildungsforschung und Lehrerbildung psychoanalytische Ansätze einfließen.

Um die positive Entwicklung des Instituts zu unterstützen und dessen Leistungsfähigkeit nicht zu überfordern, empfiehlt der Wissenschaftsrat, das Forschungsprogramm noch stärker zu fokussieren. Mittelfristig sei es ratsam, sich mit ausdifferenzierten Strategien am Wettbewerb um Drittmittel und Internationalisierung zu beteiligen. So könne das erfolgreiche Modell der deutschlandweiten Kooperationen auch im europäischen und außereuropäischen Raum stärker verankert werden. Für eine organisatorische Stärkung des Instituts empfiehlt der Wissenschaftsrat insbesondere eine zusätzliche Kooperationsprofessur mit der Goethe-Universität in Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Psychologie einzurichten. Die Geschäftsführende Direktorin Prof. Dr. Vera King und ihre Leitungskollegen Prof. Dr. Patrick Meurs und Prof. Dr. Heinz Weiß (SFI-Ambulanzleitung & Robert-Bosch-Krankenhaus Stuttgart) freuten sich über die positive Bewertung und die wertvollen Anregungen des Wissenschaftsrats.

Ayse Asar, Staatssekretärin im Wissenschaftsministerium und Vorsitzende des SFI-Stiftungsrates: „Das SFI ist eine von nur wenigen Einrichtungen für psychoanalytische Forschung in Deutschland und leistet einen einzigartigen Beitrag zur Erforschung der Ursachen und Funktionsweisen von seelischem Leid und Krankheit. Die Bewältigung von Traumata und das Wiedererlangen psychischer Gesundheit sind Ziel der Arbeit seiner Ambulanz. Projekte zu den psychosozialen Folgen von Migration und Flucht, nicht zuletzt zu den psychischen Folgen der Digitalisierung, zeigen die Aktualität seiner Forschungsfragen. Ich freue mich, dass der Wissenschaftsrat die von der neuen Leitung unternommenen Anstrengungen zur inhaltlich-strategischen Profilschärfung dieses traditionsreichen Instituts so positiv beurteilt.“

„Auch die Goethe-Universität sieht die intensive Zusammenarbeit mit dem SFI sehr positiv und nimmt die Empfehlungen, diese Zusammenarbeit weiter zu intensivieren, gern auf. Prof. Dr. Vera King hat die psychoanalytisch-sozialwissenschaftliche Forschung erfolgreich vorangebracht, auch zum Nutzen unserer Studierenden. Und es ist ein guter Vorschlag, bei einer künftigen Neuberufung in der Psychologie die Bande noch enger zu knüpfen“, sagt Prof. Dr. Birgitta Wolff, Präsidentin der Goethe-Universität. Und Prof. Dr. Reiner Finkeldey, ihr Amtskollege an der Universität Kassel, betont: „Die Kooperation mit dem SFI ist für die Universität Kassel ein großer Gewinn. Es freut mich, dass dies auch in der positiven Evaluation des Wissenschaftsrats entsprechend aufgenommen wurde. Von der Berufung von Prof. Dr. Patrick Meurs zum Institutsdirektor und Professor für Psychoanalyse 2016 profitieren unsere Studierenden und der Fachbereich Humanwissenschaften ganz erheblich.“

Das Sigmund-Freud-Institut (SFI) ist ein Forschungsinstitut für Psychoanalyse in Frankfurt am Main. Es wurde 1960 als Institut und Ausbildungszentrum für Psychoanalyse und Psychosomatik gegründet und trägt seit 1964 den Namen des Begründers der Psychoanalyse Sigmund Freud. Bis 1994 bestand das Institut in der Rechtsform einer Landesbehörde, 1995 wurde es in eine Stiftung öffentlichen Rechts umgewandelt. Seither dient es als reine Forschungseinrichtung. Mittelgeber der das SFI tragenden Stiftung ist das Land Hessen.

Hier finden Sie die Stellungnahme des Wissenschaftsrats zur SFI-Evaluation sowie die Pressemitteilung des Wissenschaftsrates.

Quelle: Pressemitteilung vom 14. Juli 2020

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