Pokorny, Steinbrenner, Kircher, Kubach-Wilmsen, Lichtblau, Grunschel – dies sind nur einige der Künstlernamen, die sich inzwischen mit dem Unicampus Riedberg verbinden. Seit nunmehr sieben Jahren gehören die Ausstellungen teils raumgreifender Kunst fest zum Gesicht des naturwissenschaftlichen Campus im Frankfurter Norden. Auswahl und Organisation liegen in den Händen von Dr. Carsten Siebert, einem Naturwissenschaftler mit einer Leidenschaft für die Kunst.
[dt_quote type=”pullquote” layout=”right” font_size=”small” animation=”none” size=”2″]Weitere Veranstaltungen // Mai 2016: Frühlingsfest: Die Künstlerin Anna Kubach-Wilmsen stellt sich vor, Jens Andres eröffnet seine »Ufo-Landeplätze« // Juni 2016: Eröffnung der Gruppenausstellung »Der will nur spielen – Der Hund in der aktuellen Kunst« // Bis 31. Oktober 2016: Hans Steinbrenner: Fünf große Skulpturen // Weitere Infos[/dt_quote]
Carsten Siebert ist mit der Kunst aufgewachsen, der Großvater war Maler. »Ich habe von klein auf immer Bilder gesehen, im Atelier die Farben gerochen«, erzählt der 48-Jährige. Das Talent des Opas zum eigenen Gestalten habe er zwar nicht geerbt, wohl aber den Blick für die künstlerische Auseinandersetzung mit der Realität. Nach Chemiestudium und Promotion ging es direkt ins naturwissenschaftliche Berufsleben; den Hunger nach geistiger Nahrung stillte er zugleich mit einem Philosophie-Studium an der Uni Hagen. Kunst zu sammeln, gehört für ihn zum Leben: »Das ist für mich eine Möglichkeit, mitzuteilen, was man sagen möchte.« Ein befreundeter Galerist aus Köln brachte ihn schließlich auf die Idee, selbst Ausstellungen zu organisieren.
Davon wusste auch sein einstiger Labornachbar Prof. Manfred Schubert-Zsilavecz. »Als ich Vizepräsident der Uni wurde, habe ich mir das Ziel gesetzt, den Campus Riedberg stärker zu positionieren. Wissenschaftlich war der ja eh schon hervorragend aufgestellt, aber vom Erscheinungsbild her war noch viel zu tun.« Eine Maßnahme war, die Grünanlagen auf Vordermann zu bringen, was mit dem Arzneimittelgarten und dem Wissenschaftsgarten auch gelang. Eine zweite bestand darin, die Kunst auf den Riedberg zu holen. »So bekommen wir schöne Veranstaltungen und mehr Öffentlichkeit auf den Campus«, war die Hoffnung des Vizepräsidenten.
Paradetyp eines Alumnus
Für die Umsetzung seiner Idee konnte Schubert-Zsilavecz Carsten Siebert gewinnen. »Er ist der Paradetyp eines Alumnus, der sich für seine Uni engagiert«, freut sich der Vizepräsident. Er habe sich nicht nur »wie ein Berserker« für das Projekt eingesetzt, sondern auch schon etliche Stifter an Land gezogen. »Wenn wir als Stiftungsuni ernst genommen werden wollen, müssen wir uns auf alle Fälle dem Thema Kunst stellen«, findet Schubert-Zsilavecz.
Carsten Siebert, der im eigentlichen Beruf in der pharmazeutischen Industrie arbeitet, ist seither noch mehr in Sachen Kunst unterwegs als zuvor. Jede freie Minute verbringt er mit seiner Partnerin auf Kunstausstellungen und in Galerien. »Mir ist wichtig, dass ein Künstler für etwas Neues und Einmaliges steht«, erklärt er seine Kriterien. Für den Campus Riedberg mit seinen nach vorn gerichteten Wissenschaften suche er nach einem jungen, innovativen Blick auf die Welt. Und da Kunst einem dabei helfe, das eigene Leben aus einer neuen Perspektive zu sehen, falle die Wahl meist auf deutsche oder hessische Künstler: »Sie setzen sich eben mit derselben Umgebung auseinander«, so Siebert.
Nukleus der Kunstausstellungen am Riedberg waren und sind die Räume des Dekanats im Biozentrum, die Siebert in eine Ausstellungsfläche verwandelte. Derzeit sind dort die ironisch-hintersinnigen und teils makabren Werke des Holzbildhauers Andreas Welzenbach zu sehen. Galt Sieberts Hauptinteresse ursprünglich der Malerei, hat er sich in den zurückliegenden Jahren immer mehr der Plastik zugewandt. Der Riedberger Campus mit seinen großen Freiflächen und den hohen Foyers in den modernen Unigebäuden bietet sich geradezu an als Standort für raumgreifende Skulpturen. So kam es 2015 zu einer Ausstellung mit Werken des Frankfurter Bildhauers Hans Steinbrenner, initiiert von dessen Witwe. Drei seiner geometrisch-abstrakten Raumkörper, mehr als vier Meter hohe, aus schlanken Kuben bestehende Holzskulpturen, stehen noch im Eingangsbereich des Biozentrums.
Kunst als Magnet
Die ersten Objekte, die 2010 im Außenbereich gezeigt wurden, waren die beweglichen Skulpturen »Königin« und »Basaltkönig« von Karl Grunschel aus V2A-Stahl, die im Abendlicht in allen Farben schimmern. Von ganz anderem Charakter ist die Plastik »Turm II«, die Werner Pokorny eigens für den Campus geschaffen hat und für deren Erwerb noch Stifter gesucht werden (s. Info auf Seite 4): Nach dem Vorbild von Holzbauklötzen hat der badische Bildhauer sie aus rostbraun korrodiertem Cortenstahl geschaffen in einer beachtlichen Größe von 6,35 Metern.
Diese Skulptur bildet das Zentrum zwischen den Fachbereichen am naturwissenschaftlichen Campus. »In der Mitte die Kunst«, freut sich Siebert, der beobachtet, dass die Kunst am Campus ihre Wirkung entfaltet: »Sobald eine Plastik steht, suchen die Menschen ihre Nähe«. Im Sommer ist die Wiese bevölkert, Studierende sitzen im Gras, lesen und diskutieren. Vielleicht auch über die Kunst? »Über Kunst darf ruhig gestritten werden«, findet Manfred Schubert-Zsilavecz. Es sei wichtig, auch Studierende in den naturwissenschaftlichen Fachbereichen mit Kunst in Berührung zu bringen. Dazu eignen sich auch besonders unkonventionelle Formate wie die Aktion »Asphaltbibliotheque« des Mainzer Künstlers Stefan Brand: Jeder war aufgerufen, herumliegende Zettel auf dem Campus aufzuheben. Sie wurden vergrößert und auf einem großen Würfel installiert. »Viele Studenten sind unsicher, wenn sie über Kunst reden sollen. Wir bringen ihnen die Kunst näher«, sagt Carsten Siebert. Aber auch am Campus Westend war Siebert schon aktiv – vielbeachtet die farbigen Goethe- Figuren von Ottmar Hörl, aber auch Bruno Feger ist hier mit einer Stahlplastik im Foyer des PEG vertreten – dank Stifterin Edith-Irit Ulmer.
Campus inspiriert Künstlerin
Auch der neu angelegte Wissenschaftsgarten ist seit vorigem Jahr Schauplatz der Kunst: Zwischen Blumen, Büschen und Heilkräutern verstreut liegen die zum Teil riesigen steinernen Bücher von Anna Kubach-Wilmsen – aufgeschlagene Bücher, verschlossene Bücher, gestapelte Bücher, deren Material, der Stein, Geschichten über die Vergangenheit der Erde erzählt, so wie ihre papiernen Vorbilder menschengemachte Geschichten erzählen. Aus Freude über den schönen Ausstellungsort hat die Bildhauerin direkt am Campus ein weiteres Kunstwerk geschaffen: Aus 80 Jahre alten Bordsteinen, die vom Gelände des Campus Westend stammen und die sie für diesen Zweck bearbeitete, errichtete sie die 57 Meter lange Stelenreihe »Steinfuge«, die auf den Wissenschaftsgarten zuführt.
Vor dem Wissenschaftsgarten wird demnächst eine weitere Kunstaktion stattfinden: Der Künstler Jens Andres, der sich über die Beschilderungsmanie der Moderne lustig macht, wird hier Parkplätze für Ufos einrichten. Falls auch Außerirdische Sinn für Kunst haben sollten, kommen sie sicher gern.
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