Die Corona-Pandemie macht deutlich: Bei der Digitalisierung ist vielerorts noch reichlich Luft nach oben. Ausgerechnet die für viele als verstaubt geltenden Universitätsbibliotheken in Deutschland aber sind ein leuchtendes Beispiel für den zukunftsweisenden Einsatz von Digitalisierung. Auch die Universitätsbibliothek der Goethe-Universität mit der Zentralbibliothek und ihren sechs Bereichsbibliotheken begreift den digitalen Wandel als Chance. Entsprechend engagiert wird er deshalb umgesetzt.
Wissenschaftlich relevante Texte und Medien bereitzustellen, ist seit jeher Kerngeschäft der Bibliothekare. Schon immer sind sie Informationsspezialisten. So verwundert es kaum, dass sie der Digitalisierung in ihren Wissenstempeln progressiv aufgeschlossen sind. Die computergestützte Recherche etwa lässt sich mithilfe raffinierter Schlagwortverknüpfungen verfeinern. Das vereinfacht es, den Studierenden, Forschenden und auch Besuchern, wissenschaftliche Literatur zugänglich zu machen.
Literatur ohne Grenzen
Elektronische Texte haben bereits seit mehr als zwanzig Jahren einen immer größeren Stellenwert: E-Journals oder E-Books lassen sich weltweit über das Internet aufrufen, ohne dass man dafür in die Bibliothek gehen muss. »Seit vielen Jahren verzeichnen wir einen steigenden Anteil elektronischer Medien in der Informationsbereitstellung, auch wenn dieser bei den Fächern bisher noch sehr unterschiedlich ausgeprägt ist«, berichtet Daniela Poth, die Direktorin der Frankfurter Universitätsbibliothek. Und sie ergänzt: »Durch die Pandemie und den dadurch erhöhten Bedarf, orts- und zeitunabhängig zugreifen zu können, gewinnen nun die elektronischen Medien auch in den eher klassischen, buchaffinen Fächern an Bedeutung.« Mit anderen Worten: Nach den Naturwissenschaftlern sind auch die Geistes- und Gesellschaftswissenschaften auf den Geschmack gekommen. Die Universitätsbibliothek trägt diesem Trend Rechnung.
Verbreiten, vernetzen, vermitteln
Von alten Drucken bis zu wissenschaftlichen Quellen digitalisiert sie sukzessive die besonders nachgefragten und für die Forschung relevanten Texte und Daten. Nach der umfassenden Digitalisierung der Judaica-Sammlung sowie der Handschriften und Inkunabeln als groß angelegte Projekte der vergangenen Jahre werden systematisch Bücher, Zeitschriften, Zeitungen, Briefe, Handschriften, Karten, Musikdrucke und Bilder digitalisiert. Derzeit allerdings etwas langsamer: »Die Retrodigitalisierung der historischen Bestände der Universitätsbibliothek wurde durch die aktuelle Situation eher erschwert«, erzählt Bibliothekschefin Poth, »Die einzuhaltenden Hygienekonzepte erschweren viele Arbeitsschritte am Bestand. Andererseits eröffnen sich heute immer mehr Möglichkeiten, die Digitalisate weiter zu erschließen und auch auf der Inhaltsebene für Forschungsprojekte aufzubereiten.«
So profiliert sich die Universitätsbibliothek als Dienstleister und Kooperationspartner für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Studierende und andere Nutzergruppen. Mit der Digitalisierung des kulturellen Erbes und seinem Erhalt nimmt sie nationale Verantwortung wahr. Dafür muss sowohl die technische als auch die organisatorische Infrastruktur beständig optimiert werden. Finanziert werden die Projekte durch Eigen- und Drittmittel.
Heike Jüngst
Dieser Artikel ist in der Ausgabe 47 des Alumni-Magazins Einblick (PDF) erschienen.