Hirnmetastasen gezielt behandeln

• Hirnmetastasen einer Patientin wurden mithilfe des CyberKnifes mit über 100 Einzelstrahlen behandelt. Foto: Universitätsklinikum Frankfurt

Erstmalig fand ein gemeinsames Symposium unter der Schirmherrschaft der Deutschen Gesellschaft für Neurochirurgie und der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie statt. Auf der Veranstaltung unter Frankfurter Leitung wurden innovative Therapien vorgestellt – unter anderem neuartige Bestrahlungsmethoden, die Hirntumoren gezielt unter weitgehender Schonung des umliegenden Gewebes behandeln.

Die Diagnostik und Therapie von Hirntumoren hat sich in den letzten Jahren rasant weiterentwickelt. Molekulare Signaturen, neue bildgebende Verfahren, innovative Operations- und Bestrahlungstechniken sowie zielgerichtete Medikamente ermöglichen eine zunehmend auf den individuellen Patienten zugeschnittene Behandlung.

Aufgrund ihrer besonderen Aggressivität stellen Hirnmetastasen jedoch nach wie vor eine große Herausforderung dar. Auf einem Symposium am 20. Oktober in Frankfurt wurden unter der wissenschaftlichen Schirmherrschaft der Deutschen Gesellschaft für Neurochirurgie (DGNC) und der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie e.V. (DEGRO) nun erstmals gemeinsam Lösungsansätze für diese interdisziplinäre Herausforderung präsentiert. Titel der Veranstaltung war „Aktuelle Behandlung zerebraler Metastasen“.

Hochpräzisionsbestrahlung zur gezielten und hochdosierten Metastasentherapie

Zu den auf dem Symposium diskutierten Behandlungen zählte unter anderem die stereotaktische Hochpräzisionsbestrahlung, die sogenannte Radiochirurgie, die eine gezielte Therapie des Tumors bei weitgehender Schonung des gesunden Hirngewebes ermöglicht. Bei diesem Verfahren wird in nur ein bis drei Sitzungen unter dreidimensional exakter Ziellokalisation eine direkt tumorzerstörende („ablative“) Dosis appliziert. Der genaue Zielpunkt wird mit bildgebenden Verfahren – wie zum Beispiel der Magnetresonanztomographie – präzise bestimmt. Dieses Verfahren wird bei limitierter Metastasenbildung (typischerweise bei ein bis drei Metastasen) im Gehirn angewandt, wie sie zum Beispiel bei Lungen-, Brust- und bösartigem Hautkrebs häufig vorkommt. Eine früher übliche Ganzhirnbestrahlung mit nicht selten auftretender Abgeschlagenheit bis zu neurokognitiven Defiziten kann dabei vermieden werden. Die Hochpräzisionsstrahlentherapie kommt auch nach mikrochirurgisch entfernten Hirnmetastasen als gezielte Bestrahlung des sogenannten Tumorbetts zum Einsatz, um Lokalrezidive nach alleiniger Operation zu vermeiden.

Ganzhirnbestrahlung mit Hippocampus-Schonung und simultan integriertem Boost

Ist aufgrund der numerischen Vielzahl der Hirnmetastasen eine fokussierte Bestrahlung der Einzelmetastasen nicht möglich oder sinnvoll, erlauben neue Rotationstechniken zur intensitätsmodulierten Strahlentherapie des Ganzhirns eine selektive Schonung des sogenannten Hippocampus als Steuerzentrale des Gedächtnisses. Gleichzeitig kann die Dosis im Bereich der Hirnmetastasen erhöht werden (sogenannter simultan integrierter Boost), um die Dosisverteilung für den individuellen Patienten zu optimieren.

Kombination mit molekular-zielgerichteten Substanzen und Immuntherapeutika

Frankfurt wirkt außerdem an Studien mit, die neuartige Kombinationstherapien untersuchen. Antikörper und Immuntherapien werden gemeinsam mit hochdosierter, hochfokussierter Strahlentherapie bei primären Hirntumoren und Hirnmetastasen eingesetzt. Durch die Kombination erhofft man sich einen synergistischen Effekt, der die Wirksamkeit der neuen Immuntherapien bzw. Antikörpertherapien bzw. der Strahlentherapie verstärken soll.

Einmalige Kompetenzbündelung am Frankfurter Hirntumorzentrum

Die Basis für die bestmögliche Patientenversorgung am Standort Frankfurt ist die hohe Expertise und die große interdisziplinäre Bandbreite der beteiligten Partner im Bereich von Diagnostik, operativer, medikamentöser und radiotherapeutischer Therapie und molekularer Hirntumorforschung. Deren Bündelung an einem Ort sowie die Verfügbarkeit neuster Hightech-Verfahren sind einmalig in Hessen und dem Rhein-Main-Gebiet. So kommen zahlreiche moderne Techniken und Präzisionsmethoden wie etwa das radiochirurgische CyberKnife-System hier zum Einsatz. Fachbereich und Klinikum haben zudem – mit Unterstützung der Dr. Senckenbergischen Stiftung und bis 2015 der Hertie-Stiftung – die strukturelle Entwicklung der Hirntumormedizin durch die Einrichtung einer Professur und eines Instituts für Neuroonkologie an der Schnittstelle der Partnerdisziplinen Neuromedizin und Onkologie gefördert, was ein weiteres Alleinstellungsmerkmal in der Region darstellt. Das Hirntumorzentrum wurde bereits 2013 durch die Deutsche Krebsgesellschaft als einzige universitäre Einrichtung in Hessen als Neuroonkologisches Zentrum zertifiziert. Im Jahr 2016 erfolgte die Rezertifizierung.

Hochkarätiges Symposium

Kämpfen gegen Hirnmetastasen: (v.l.n.r.) Dr. Robert Wolff, Prof. Markus Meissner, Prof. Volker Seifert, Prof. Claus Rödel und Prof. Friedhelm Zanella. Foto: Uni-Klinik Frankfurt

Prominente internationale Experten präsentieren und diskutierten auf dem Symposium am 20. Oktober 2017 in Frankfurt die neusten Behandlungsmethoden und Studienergebnisse im Kampf gegen Hirnmetastasen. Die wissenschaftliche und fachliche Leitung haben die Direktoren der wesentlichen Fachkliniken am Universitätsklinikum Frankfurt inne: Prof. Volker Seifert, Klinik und Poliklinik für Neurochirurgie, Prof. Joachim Steinbach, Klinik für Neurologie/Neuroonkologie, Prof. Claus Rödel, Klinik für Strahlentherapie und Onkologie, und Prof. Friedhelm Zanella, Institut für Neuroradiologie. Co-Organisator ist das Saphir Radiochirurgiezentrum Frankfurt/Main, welches in enger Kooperation mit der Frankfurter Universitätsklinik die GammaKnife und CyberKnife-Radiochirurgie betreibt. Das Symposium war mit 175 Teilnehmern restlos ausgebucht. Zusätzlich fand am 21. Oktober 2017, das Jahrestreffen der Arbeitsgemeinschaft Stereotaxie der DEGRO in Frankfurt statt, bei dem auch neue Ergebnisse und klinische Studien zur Behandlung von Lungen- und Lebertumoren, einem Spezialgebiet des Universitätsklinikums Frankfurt, demonstriert und besprochen wurden.

Quelle: Pressemitteilung des Universitätsklinikums Frankfurt

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