Serie Seniorprofessuren / Prof. Annedore Prengel im Interview

Wer sind eigentlich die knapp 30 Seniorprofessorinnen und –professoren an der Goethe-Universität, die sich auch nach ihrer Pensionierung noch in der Lehre engagieren? In einer mehrteiligen Serie werden sie hier vorgestellt. 

Um die Betreuungsrelationen zu verbessern und ein zusätzliches hochqualifiziertes Lehrangebot anbieten zu können, besteht seit Ende 2009 an der Goethe-Universität die Möglichkeit, Seniorprofessuren einzurichten. Pensionierte oder emeritierte Professorinnen und Professoren der Goethe-Universität oder anderer Universitäten mit ausgewiesener Lehrkompetenz kommen für eine Seniorprofessur infrage und können somit auch nach ihrer Pensionierung weiterhin in der Lehre tätig sein. Das Lehrdeputat liegt zwischen vier und acht Semesterwochenstunden und schließt die Verpflichtung zu prüfen ein.

Teil 15 – Prof. Annedore Prengel

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Prof. Annedore Prengel (73) ist seit dem Wintersemester 2013/14 Seniorprofessorin am Institut für Allgemeine Erziehungswissenschaft der Goethe-Universität. Ihr Lehrdeputat beträgt vier Semesterwochenstunden. (Foto: K.-H. Völker)

 

 

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Frau Prof. Prengel, wie kam es zu der Entscheidung für eine Seniorprofessur und was war Ihre Motivation, sich für weitere Lehrjahre an der Goethe-Uni zu entschieden, statt ihre freie Zeit zu genießen?

Die Seminare mit Studierenden und das Erkunden relevanter pädagogischer Probleme gehören zu meinem Leben. Es gibt noch einen weiteren wichtigen Grund: In den siebziger und achtziger Jahren habe ich als junge Wissenschaftlerin sehr lehrreiche und schöne Zeiten an der Goethe-Universität erlebt. Ich durfte im Umfeld von Helga Deppe-Wolfinger, Helmut Reiser, Gerd Iben und Aloys Leber am damaligen Institut für Sonder- und Heilpädagogik an einem auch durch die Kritische Theorie beeinflussten Kreis teilhaben, dessen Angehörige ich bis heute an vielen Orten treffe, wenn es um Inklusive Pädagogik geht. Außerdem war ich damals Teil einer interdisziplinären feministischen Initiative, die die Frauen- und Geschlechterforschung – u.a. auch in der Erziehungswissenschaft – an der Goethe-Universität initiiert hat. Die Verbindung nach Frankfurt ist nie abgerissen. Nach Stationen an den Universitäten Paderborn, Halle und Potsdam hat mich die Anfrage aus Frankfurt, mich im Rahmen einer Seniorprofessur hier wieder zu beteiligen, sehr gefreut.

Gab es Situationen, in denen Sie Ihre Entscheidung bereut haben?

Nein, es gab allenfalls auch mal Situationen, die ein wenig mühsam waren, z.B. bei der Bewertung von Hausarbeiten.

Büro vs. Homeoffice, Gehalt vs. Rente, junge Kollegen vs. Senioren – wie haben sich die Rahmenbedingungen für Sie verändert?

Jetzt habe ich viel Freiheit bei der Wahl der Themen, mit denen ich mich auseinandersetzen will und bei der Wahl der Termine, die ich wahrnehmen will.

Wenn Sie an Ihre allererste Vorlesung als Dozentin zurückdenken und sie mit heute vergleichen: Was hat sich für Sie grundlegend in Ihrer Lehrtätigkeit gewandelt?

Heute stehen mir viel mehr Erfahrungen und Quellen zur Verfügung, um Wissen zu sammeln und an die Studierenden weiterzugeben. Geändert hat sich vor allem der Ort: Der Campus Westend ist schon unvergleichlich mit allen anderen Orten, an denen ich gearbeitet habe.

Wenn Sie an Ihre Zuhörer von heute und damals denken: Wie hat sich das Bild der Studierenden verändert, das Sie wahrnehmen, wenn Sie in den Hörsaal blicken?

Es waren und sind viele Studierende in den Lehrveranstaltungen, die kompetent, engagiert und neugierig sind und die die Seminare bereichern und andere, um die man sich eher bemühen muß – das ist gleich geblieben. Die Internationalität der Teilnehmenden hat sich erhöht.

An welchen Projekten arbeiten Sie aktuell?

Ich setze meine Arbeit an „Pädagogik der Vielfalt“ fort, für die vierte Auflage meines Buches mit dem gleichen Titel (von 1993) habe ich ein aktuelles Vorwort geschrieben. Vor allen Dingen forsche ich zur Qualität Pädagogischer Beziehungen und widme ich mich dem vernachlässigten Thema der Pädagogikethik. Dazu habe ich die „Reckahner Reflexionen zur Ethik pädagogischer Beziehungen“ gemeinsam mit anderen initiiert. Dieses Manifest wird nun herausgegeben vom Deutschen Institut für Menschenrechte, vom Deutschen Jugendinstitut, vom MenschenRechtsZentrum an der Universität Potsdam und von Rochow-Museum und Akademie für erziehungsgeschichtliche und zeitdiagnostische Forschung e.V. an der Universität Potsdam. Auch Kolleginnen und Kollegen aus der Goethe-Universität sind an diesem Vorhaben beteiligt und ich kooperiere intensiv zu diesen Themen mit ihnen (www.paedagogische-beziehungen.eu).

Gelingt es Ihnen als Seniorprofessorin viel mehr Zeit mit Dingen zu verbringen, die nicht mit Ihrer Profession zu tun haben? Haben Sie in der frei gewordenen Zeit neue Leidenschaften für sich entdeckt?

Ja, ich habe den Eindruck, dass ich mehr Menschen erreichen kann, die in pädagogischen Arbeitsfeldern wirklich einflussreich sind, es macht Freude mit ihnen zusammenzuarbeiten. Heute genieße ich die vielen guten, freundschaftlichen Beziehungen, die über das gemeinsame Interesse entstehen.

Wann ist Schluss?

Ich weiß es nicht – das Leben ist immer unvorhersehbar.

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